Düsseldorf Fast schwerelos auf dem Laufband

Düsseldorf · Die Düsseldorfer Medica ist eine Messe für Fachbesucher. Doch von dem, was dort vorgestellt wird, profitieren viele Menschen – von besseren Ultraschallgeräten bis zu Alltagshilfen für Senioren und Trainingssystemen für Knieverletzte.

Der Tablet-Computer wird immer mehr zum alltäglichen Begleiter von Arzt und Patient: Ausgefeilte Analysetechniken, die vielfach mit kabelloser Datenübertragung funktionieren, gehören zu den Schwerpunkten der weltgrößten Medizinmesse Medica in Düsseldorf. Ein weiterer Bereich, der immer bedeutender wird, ist die Sportmedizin in Verbindung mit der Physiotherapie, hierzu gab es erstmals eine internationale Konferenz auf der Medica.

Trainieren wie im Weltall Auf Erden laufen wie ein Astronaut im Weltall – das können Patienten jetzt mithilfe des Antischwerkraft-Laufbandes "AlterG" der Berliner Medizintechnikfirma Proxomed. Die Technik hierfür hat die Luft- und Raumfahrtbehörde Nasa erfunden. Dabei ragen die Beine des Sportlers in eine Überdruckkammer hinein, und mit Hilfe einer Veränderung des Luftdrucks kann das Körpergewicht fast bis zur Schwerelosigkeit reduziert werden. Physiotherapeutische Einrichtungen und Profi-Fußballvereine wie Bayern München nutzen diese Laufbänder bereits, damit auch verletzte Sportler schnell wieder trainieren können. Davon könnte auch Fußballnationalspieler Sami Khedira nach seiner Knieverletzung profitieren.

Wer hingegen unter Rückenschmerzen leidet, wird meist auf vibrierende Platten platziert, um die verkürzten und verspannten Muskeln wieder flexibler und leistungsfähiger zu machen. "Bisherige Trainingssysteme übertragen die lindernden Schwingungen in der Regel über das Skelett", sagt Achim Schmidt von Proxomed. Das Unternehmen stellte auf der Medica jetzt Geräte vor, die direkt auf den betroffenen Muskelbereich einwirken.

Ultraschallbilder vom Fötus Die Medica ist auch eine Messe der Bilder, die sich der Arzt von Vorgängen innerhalb der Körper seiner Patienten macht – deshalb werden stets neue Verfahren gezeigt, mit denen Ultraschallaufnahmen besser, schneller und flexibler übertragen und analysiert werden können. Siemens präsentierte das nach Angaben des Unternehmens weltweit erste Modell eines Gerätes, bei dem der Ultraschallkopf nicht mehr über ein Kabel mit dem eigentlichen Gerät verbunden ist. Die Bilddaten werden beim "Acuson Freestyle" mittels einer besonderen Funktechnologie zur "Basisstation" übertragen. Die Technologie des neuen "Epiq 7" von Philips soll nicht nur flott klare Bilder übermitteln, sondern die Datensätze auch sofort auswerten. Die Firma Samsung hat sich "Ugeo PT60A" ausgedacht: Ein Tablet-PC, eingebaut in ein Gerät, das wie ein großer Kassettenrekorder aussieht. Sportärzte können damit Verletzungen gleich auf dem Fußballplatz analysieren; Gynäkologen ist es möglich, Aufnahmen eines heranreifenden Kindes gleich mittels der "Hello Mom" Applikation (App) auf das Smartphone der werdenden Eltern zu schicken. Eine App nutzt auch das steckdosengroße Langzeit-EKG-System "Seer 1000" von GE Healthcare: Darüber kann der Arzt alle Daten des Patienten kontrollieren, die von dem Gerät aufgezeichnet werden.

Sicher spritzen oder Ersatz finden Wenn die Krankenschwester lange nach einer Vene suchen muss, um eine Spritze zu setzen, leiden die Patienten. Mehr Sicherheit und weniger Pein soll ein Gerät der amerikanischen Firma Evena Medical ermöglichen: Lichtwellen in einer bestimmten Frequenz dringen durch die Hautoberfläche und machen auf einem Tablet-PC das in der Vene pulsierende Blut sichtbar. Manche Neuheit macht einen Nadelstich aber auch überflüssig – das gilt für die Blutabnahme an der Ferse, mit der bei Neugeborenen der sogenannte Bilirubinwert ermittelt wird. Dieser ist bei über der Hälfte aller Säuglinge zu hoch, weshalb besonders "Frühchen" eine Gelbsucht entwickeln. Statt zu einer Spritze können Pflegekräfte jetzt auch zu einem ein telefongroßen Messgerät der Firma Dräger greifen: Es ermittelt den Bilirubinwert innerhalb von Sekunden, indem es an Stirn oder Brust des Säuglings gehalten wird. Das "JM-105" arbeitet mit Lichtwellen, speichert mehr als 100 Messwerte und kann schon bei Frühchen verwendet werden, die ab der 24. Woche zur Welt kommen.

Hilfen für ein Leben im Alter Wer auch im Alter in den eigenen vier Wänden leben möchte, sollte diese entsprechend einrichten. Alltagshelfer für Ältere stellt das Forschungszentrum Informatik am Karlsruher Institut für Technologie (FZI) in der Ausstellung "Pflege und Technik" auf der Medica vor: In einer Musterwohnung sind Angebote gebündelt zu sehen: von der bildschirmgesteuerten Haustechnik über das Telefon, dessen Tasten mit Fotos vertrauter Personen versehen sind, bis zur Fernbedienung zur einfachen Suche nach Portemonnaie oder Schlüsselbund. Sensoren spielen für Pflegebedürftige eine immer größere Rolle: Sie sind zum Beispiel in einer Matte eingebaut, die vor dem Bett liegt.

Mithilfe ihrer Signale schaltet sich beim Aufstehen nachts die Beleuchtung ein, um Stürze zu verhindern. Eine ähnliche Technik zeigt die Telekom in einem vernetzten Pflegebett: Erhebt sich ein verwirrter Patient daraus, geht über eine spezielle Mobilfunkkarte eine Nachricht bei der Leitstelle des Deutschen Roten Kreuzes ein – ein Helfer ruft über ein Modul am Bett an und erkundigt sich, ob alles in Ordnung ist.

(RP)
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