Elotrans, Saltadol und Oralpädon Hype um Durchfallmittel gegen Kater – das sind die Folgen

Düsseldorf · Ein Hype im Netz sorgt für einen Run auf das Durchfallmedikament Elotrans. Weil es dort als Wundermittel gegen die Folgen durchzechter Partynächte gepriesen wird, sind die Apothekenregale leer gefegt. Die Folgen sind bitter. Wir geben die wichtigsten Infos zum Thema.

Die zwölf besten Katertipps - was hilft wirklich?
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Die zwölf besten Katertipps

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„Elotrans: Saufen ohne Konsequenzen“ titelt verheißungsvoll ein Video auf YouTube. Der Instagram-Account „Elotrans“ hat mehr als 10.600 Follower. Auf TikTok wird die Zucker-Salz-Lösung als „Gottesgeschenk“ gepriesen und geht mit Hashtags wie #antikater, #hangover oder #ballern viral. Das Mittel „Elotrans“, um das es hier geht, wird eigentlich vom Arzt als Arzneimittel bei schwerem Durchfall gegen Flüssigkeits- und Mineralstoffmangel verschrieben.

Seitdem jedoch der Hype im Netz angelaufen ist, wird es als Katermittel genutzt, um Schützenfeste, Clubbesuche und Festivals besser zu verkraften. Der Trend hält schon seit Wochen an, wie Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein zu berichten weiß. Bereits vor dem Vatertag wurde das Präparat wie verrückt verkauft.

In Folge dessen fehlt die Elektrolytlösung nun in den Apothekenregalen. „Sie ist über den pharmazeutischen Großhandel im Moment nicht erhältlich“, sagt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein. Nicht nur im feierbegeisterten Rheinland ist das so. Gleichlautende Meldungen gibt es aus dem gesamten Bundesgebiet.

Anders erklärt sich hingegen das Unternehmen Stada, das Elotrans herstellt, die immens hohe Beliebtheit: Neben Menschen, die das Mittel aufgrund akuter Durchfallerkrankung zur Wiederherstellung ihres Elektrolyt-Haushalts einnehmen, sei es auch bei Reisenden beliebt. „Derzeit gibt es eine erhöhte Nachfrage nach Elotrans, was erfahrungsgemäß an der derzeitigen derzeitigen Urlaubszeit und Bevorratung für die Reiseapotheke liegt“, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit.

Der Run auf Elotrans hat dazu geführt, dass auch vergleichbare Medikamente wie beispielsweise Saltadol von der Firma Aristo Pharma ausverkauft sind, ebenso wie Elotrans kleine Schwester „Oralpädon“. All diese Mittel enthalten in verschiedener Zusammensetzung Glucose (Zucker) und Salze wie Kaliumchlorid, Natriumchlorid oder Natriumcitrat.

Nicht zum ersten Mal sind die Apothekenregale leer, weil pharmazeutische Produkte im Netz hypen. „Wir haben das vor einigen Jahren schon einmal mit Kohletabletten erlebt“, sagt Apotheker Preis. Plötzlich war medizinische Kohle, die eigentlich als bewährter Wirkstoff zur Behandlung von Durchfallerkrankungen und Vergiftungen gilt, Trend-Zutat in Detox-Drinks und auch Eis. Auch damals gab es über Wochen und Monate hinweg keine Aktiv-Kohletabletten mehr, wie Preis berichtet. Zum Beginn des Krieges in der Ukraine wurden durch die sozialen Medien angeheizt plötzlich Jodidtabletten knapp. „Leider manchmal auch aufgrund von Fake-News“, wie der Apotheker betont.

Im Fall der Elektrolytmischungen ist das zwar nicht direkt der Fall, weil übermäßiger Alkoholkonsum ebenso wie Durchfallerkrankungen zu einer Störung von Wasser- wie Mineralstoffhaushalt führen können. Dennoch bringt der Kauf der als Lifestyle-Produkt und „Game-Changer“ beim Festivalbesuch gepriesenen Mittel jene Menschen in die Bredouille, die das Arzneimittel wirklich brauchen.

Dies sind vor allem Kinder, bei denen krankheitsbedingte Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts unter gewissen Umständen viel schneller als bei Erwachsenen lebensgefährlich werden können. Denn besonders bei kleinen Kindern ist das Risiko bei Durchfallerkrankungen oder Erbrechen zu viel Wasser oder Mineralstoffe zu verlieren hoch. Aus diesem Grund gelten Zucker-Salz-Lösungen für sie in solchen Fällen als vom Arzt verordnete Standardmedikation.

Auch wenn Elotrans, weil es frei verkäuflich ist, auch von Menschen gekauft wird, um ihren Kater zu behandeln, hat es als Arzneimittel dafür keine Zulassung. Diese besteht nach Angaben der Herstellerfirma Stada wie auch des Apothekerverbandes ausschließlich zum Elektrolytausgleich bei Durchfallerkrankungen und nicht bei Kater.

Wie soll Elotrans gegen Katerbeschwerden wirken?

Warum es aber auch gegen die Folgen durchzechter Nächte genommen wird: Der Alkoholkonsum entzieht dem Körper ebenfalls Wasser und stellt den Elektrolythaushalt auf den Kopf. „Um diesen auszugleichen wurde früher als Hausmittel beispielsweise empfohlen, Rollmöpse zu essen“, sagt Thomas Preis. Aber das wie auch die Einnahme von Alka-Seltzer scheint in Anbetracht bequemer Beutelchen-Trinklösungen nicht mehr „up to date“ zu sein.

Allerdings helfen Elotrans und vergleichbare Mittel nicht sofort und auch nicht umfänglich gegen die Folgen ausschweifenden Alkoholkonsums. Die weitaus größeren gesundheitlichen Auswirkungen dessen beseitigen nämlich die Zucker-Salz-Lösungen nicht.

Denn Alkohol ist ein Zellgift. Manche Organe – wie das Gehirn — reagieren besonders empfindlich darauf. Hirnzellen sterben ab, die Gehirnfunktion verschlechtert sich und das Kleinhirn kann Schaden nehmen. Auf der Liste der körperlichen Auswirkungen übermäßigem Alkoholkonsums stehen unschöne Nebenwirkungen wie Nervenschädigungen, sexuelle Dysfunktion, Lebererkrankungen, Entzündungen im Magen-Darm-Trakt – wie zum Beispiel Magenschleimhautentzündung — oder Krebserkrankungen. Auch wirkt sich Alkohol auf das Herz-Kreislauf-System aus. Bluthochdruck oder Herzrhythmusstörungen können die Folge sein. „Auch ein Elektrolytausgleich hilft gegen diese schädliche Wirkung des Alkohols nicht“, betont Preis.

Hilft das Durchfallmittel Elotrans wirklich?

Zudem erinnert der Apotheker auch daran, dass es sich bei den beschriebenen Elektrolytmischungen um ein Arzneimittel handle: „Arzneimittel sind ein besonderes Gut und eben keine Lebensmittel wie Cola oder Salzstangen.“ Sie unterliegen sehr hohen Qualitätskriterien. Eine plötzlich erhöhte Nachfrage könne daher nicht in jedem Fall sofort bedient werden.

Was man zudem wissen sollte: Die Einnahme von Glucose-Elektrolyt-Mischungen kann im Einzelfall problematisch sein. Das enthaltene Kalium kann zudem zu Magenreizung und Übelkeit führen. „Diabetiker sollten berücksichtigen, dass sie Zucker enthalten“, sagt Preis. Vorsicht sei auch bei Personen mit Nierenfunktionsstörungen geboten. Auch sollte man die Mittel nur nach Rücksprache mit dem Arzt anwenden, wenn man Bluthochdruck hat oder unter einer Herzschwäche leidet und Mittel mit den Wirkstoffen Digitoxin oder Digoxin einnimmt.

 Kopfschmerzen und Übelkeit zählen zu den unlieben Überbleibseln durchzechter Partynächte (Symbolbild)

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Foto: Shutterstock/fizkes

In medizinisch dringlichen Fällen, in denen die Lösungen derzeit nicht zur Verfügung stehen, mischen die Apotheker nach Standardrezeptur nun selbst benötigte Mischungen an. Denn die einzelnen Inhaltsstoffe sind nicht von den Lieferengpässen betroffen. Das Verfahren aber ist personell aufwendig. Gerade in Zeiten von neuer Corona-Testverordnung und einer für den Sommer untypischen Welle respiratorischer Atemwegsinfekte seien laut Thomas Preis die Apotheken ohnehin schon am Rande der Belastbarkeit.

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