Schmerzlose Revolution mit dem Schallkopf Diese Krankheiten lassen sich per Ultraschall erkennen

Hamburg/Bonn · Kaum vorstellbar scheint die Zeit, in der man nicht in den Körper schauen konnte, ohne ihn mit dem Skalpell zu öffnen. Heute ist die Ultraschall-Untersuchung ist das am häufigsten genutzte bildgebende Verfahren. Sie schaut hinein, tut nicht weh und hat keine Nebenwirkungen. In der Medizin hat sie sich viele Einsatzgebiete erobert, mit ihrer Hilfe lassen sich viele Krankheiten schmerzfrei erkennen.

Schallen in der Schwangerschaft – gut oder schlecht?
Infos

Schallen in der Schwangerschaft – gut oder schlecht?

Infos
Foto: dpa, Reissland, Francis, Mason

Noch wie gestern weiß ich, wie meine Mutter vor der Geburt des ersten Enkelkindes ungläubig und gebannt auf den Ultraschallmonitor starrte. Für sie war es unbegreiflich sehen zu können, was gerade erst entsteht. Unvorstellbar das Gefühl, durch die Bauchdecke direkt auf das Baby zu schauen, das sich dort noch verborgen hält. In den 70er Jahren hat sie keines ihrer Kinder gesehen, bevor es geboren war.

Heute ist der Vorsorge-Ultraschall während der Schwangerschaft nicht mehr wegzudenken. Er gibt Aufschluss über Mehrlingsschwangerschaften, deckt Entwicklungsstörungen auf und macht lange vor der Geburt kindliche Missbildungen sichtbar. Über das kurze Zeitalter der 3D-Darstellung haben sich die Geräte weiterentwickelt in die vierte Dimension. Schwangere, die mit einem 4D-Gerät geschallt werden, können heute ein mehrdimensionales Bild von ihrem Baby bekommen. Sie schauen ihm ins Gesicht und können erste Ähnlichkeiten zu den Eltern entdecken, das Baby auf dem Monitor in alle Richtungen drehen, seine Füße betrachten oder seinen Rücken abfahren. Fast scheint es da — über alle Achsen drehbar — wieder unwirklich.

Was man per Ultraschall sehen kann

In vielen Bereichen der Medizin hat sich das Verfahren, das mit Ultraschallwellen Organe und mit Flüssigkeit gefüllte Gewebe sichtbar macht, einen festen Platz erobert. Hochleistungsgeräte fahren in Notarztwagen mit, sind mobil in Altenheimen einsatzbar oder liefern während einer OP innerhalb weniger Sekunden Bilder aus dem Inneren des Körpers. Gegenüber anderen bildgebenden Verfahren hat sie den vielerwähnten Vorteil, schmerzfrei und frei von schädlicher Strahlung zu sein. Aus diesem Grund wird sie so zum Beispiel bei drei Monate alten Säuglingen routinemäßig zur Erkennung von Hüfterkrankungen eingesetzt. Diese Untersuchung ist heute fester Bestandteil der Kindervorsorgeuntersuchungen.

Bei der Diagnose von Gallensteinen, der Untersuchung der Schilddrüse, des Herzens, der Nieren und anderer Bauchorgane wird die Sonografie eingesetzt. In der Gynäkologie ist die Ultraschalluntersuchung der Brust und die vaginale Untersuchung ein täglich mehrfach angewandtes Untersuchungsverfahren und auch in der Nerven- und Gelenkdiagnostik hat sie ihren festen Platz. Krebsherde lassen sich mit ihr aufspüren und in ihrer Entwicklung beobachten.

Teils Schallen anderen bildgebenden Verfahren überlegen

Am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf entdeckten Ärzte mittels Ultraschall mehr behandlungsbedürftige Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen als mit einer Ganzkörper-Kernspintomografie. Tumorerkrankungen waren mit beiden Methoden in gleichem Maße darstellbar: Dr. Sabine Guth, stellvertretende Direktorin des PräventionsCentrums am dortigen Uniklinikum entdeckte bei zehn von über 830 Patienten in der Vorsorge per Ultraschall Krebs. Die Tumore waren entweder im Bauchraum, an der Schilddrüse oder in der Halsregion. "Wir haben diese Tumore im Frühstadium erkannt", berichtet Dr. Guth. In allen Fällen konnte den Patienten mit einer Operation geholfen werden.

Grenzen des Schalls

"Auch Schultergelenke kann man sehr gut schallen", erklärt die Internistin und Sonografie-Expertin mit Blick über den eigenen Tellerrand. Selbst Gefäßverengungen im Hirn können per Schall sichtbar gemacht werden. Doch es gibt auch Fälle, in denen das Ultraschallgerät an seine Grenzen stößt: "Luft und Knochen sind klare Hindernisse für ein Ultraschallgerät", sagt Guth. So scheitert das Schallgerät häufig an mit Luft gefüllten Darmschlingen ebenso wie bei der Darstellung von hinter Knochen liegenden Regionen. Ein weiterer Makel, den das Schallen mit sich bringt: "Man erhält meist keinen Volumendatensatz, den man weitergeben kann", räumt die Hamburger Spezialistin ein. Während sich eine CT-Aufnahme abgespeichert ebenso 100 Kilometer entfernt auswerten lässt, ist im Ultraschall diese Möglichkeit eingeschränkt.

Dennoch wissen die Schallexperten auch um die Vorteile der Sonografie. Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) regt aus diesem Grund an, den Ultraschall flächendeckend beim Gesundheits-Check einzusetzen. Tatsächlich erweist sich das Verfahren in Studien zum Beispiel als überlegen gegenüber Kernspintomografien: Bei jedem dritten Patienten zeigten sich auf den Ultraschallbildern Frühveränderungen in den Halsschlagadern, die in der Kernspintomografie nur selten sichtbar waren. "Der Gefäßultraschall liefert wichtige Informationen über das Herz-Kreislauf-Risiko der Patienten und kann Therapieentscheidungen beeinflussen", sagt Prof. Dr. Josef Menzel, Direktor der Medizinischen Klinik II am Klinikum Ingolstadt.

Ein breites Feld in der Weiterentwicklung der Ultraschalltechnologie nimmt die Kombination von CT-Bildern und Ultraschall ein. "Das spielt zum Beispiel in der Krebstherapie eine besondere Rolle", erklärt Internistin Dr. Sabine Guth. Man kann so sehen, was das CT sichtbar gemacht hat und die Schallbilder quasi darüberlegen. So ist es möglich, das Maß einer Metastase im Verlauf einer Chemotherapie exakt zu messen", erklärt sie. Diese Möglichkeit reduziert die Zahl der strahlungsintensiven Computertomographien und schützt so den Patienten. Auf der anderen Seite spart es Kosten, denn während eine einstündige Ultraschalluntersuchung rund 163 Euro kostet, kostet eine Kernspintomografie nach Angaben der DEGUM beispielsweise fünf Mal so viel.

Schon jetzt ist die Sonografie ein wichtiges Instrument zum Nachweis und zur Kontrolle einer Fettleber. Sie wird mitsamt der Gefäßerkrankung, mit der sie häufig einhergeht, per Ultraschall schon sehr früh sichtbar. Das Ausmaß einer Leberschädigung kann durch die so genannte Elastographie bestimmt werden. Diese neuere Entwicklung auf dem Sektor der Sonografie macht es möglich, ohne operativen Eingriff von außen die Steifigkeit der Leber zu messen. "Die Entwicklung auf diesem Sektor wird weitergehen", ist sich Guth sicher. Ebenso auch die Volumendarstellung, die bislang routinemäßig überwiegend in der Gynäkologie zum Einsatz kommt.

(wat)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort