Hirnerkrankung So erkennen Sie erste Alzheimer-Symptome - und so können Sie vorsorgen

Düsseldorf · Jahrelang litt Rudi Assauer an Alzheimer, am Mittwoch starb der ehemalige Schalke-Manager an den Folgen der gefürchteten Hirnerkrankung. Wie erkennt man Alzheimer frühzeitig, und welche Vorsorgemöglichkeiten gibt es? Der Überblick.

 Kreuzworträtsel sind mehr als nur ein Zeitvertreib — sie fordern das Hirn und helfen Alzheimer vorzubeugen (Symbolfoto).

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Foto: Shutterstock/Monkey Business Images

Alzheimer ist die häufigste Ursache für eine Demenz. Sie zeigt sich im unaufhaltsamen Hirnverfall. Verantwortlich hierfür sind zwei bestimmte Proteine, das Amyloid sowie das sogenannte Tau, die sich zunehmend im Hirn ablagern und zum Absterben von Nervenzellen führen. Medikamente, die Alzheimer heilen könnten, gibt es bisher nicht. Ärzte können lediglich einzelne Symptome behandeln.

Für Betroffene und ihre Angehörigen ist die Alzheimer-Diagnose meist ein dramatischer Einschnitt - im Laufe der neurodegenerativen Erkrankung werden oft selbst alltägliche Verrichtungen unmöglich. Im Fall des jetzt verstorbenen ehemaligen Schalke-Managers war im Januar 2012 bekannt geworden, dass er an Alzheimer litt. Seither lebte der gelernte Stahlbauschlosser weitgehend zurückgezogen. Bis zuletzt wurde er nach Angaben des Sportinformationsdienstes sid von seiner Tochter Bettina Michel (52) gepflegt, die mit ihm zusammen in einem Reihenhaus in Herten lebte. Am Mittwoch starb Assauer an den Folgen seiner Erkrankung.

Doch wie schlecht sind die Perspektiven für Betroffene wirklich? Welche Therapie- und Vorsorgemöglichkeiten gibt es inzwischen, und wie erkennt man die Krankheit frühzeitig? Wir haben die wichtigsten Fakten zusammengestellt.

Wie verläuft die Krankheit?

Anfangs fallen Betroffenen selbst oder ihren Angehörigen vor allem Einschränkungen des Kurzzeitgedächtnisses auf. Betroffene tun sich schwer, langen Gesprächen zu folgen oder sich deren Inhalte zu merken. Häufig verlegen sie alltägliche Gegenstände und tun sich zunehmend schwer, vorausschauend zu planen. Auf diese Weise können sich unangenehme Situationen ergeben, die die Betroffenen dann aggressiv oder trübsinnig werden lassen.

Im fortgeschrittenen Stadium der Alzheimer-Erkrankung tun sich die Menschen schwer, alltägliche Aufgaben auszuführen. Sie erinnern sich plötzlich nicht mehr, was sie eigentlich mit dem Teller machen wollten - später nicht einmal mehr daran, was ein Teller überhaupt ist. Im weiteren Verlauf verlieren die Erkrankten zunehmend sprachliche Fähigkeiten und auch die Kontrolle über Darm und Blase sowie ihre Körperhaltung. Im Spätstadium können die Gliedmaßen versteifen, es kann zu Schluckproblemen kommen oder Krampfanfällen. Laut Professor Jörg Schulz bekommen 33 Prozent der Betroffenen solche Anfälle. Alzheimer-Kranke sind zudem besonders anfällig für Infektionen. Schulz ist Neurologe am Aachener Uniklinikum und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Alzheimer Forschung Initiative.

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Wie kann man sich auf Alzheimer testen lassen?

Es gibt eine Vielzahl an Tests, die bei der Suche nach Anhaltspunkten für eine Alzheimer-Erkrankung helfen. Dazu zählen neuropsychologische Tests wie zum Beispiel der Uhrentest, bei dem es um das Zeichnen der korrekten Uhrzeit geht oder das Merken von längeren Wortreihen. Eine erste Orientierung liefern auch einfache Alzheimer-Selbsttests, bei denen Betroffene wenige simple Fragen beantworten sollen.

Möglich ist die Diagnose über Verfahren wie CT oder MRT. Mit ihnen lässt sich nachweisen, ob das Gehirn geschrumpft ist. Gegebenenfalls kommen weitere Untersuchungen hinzu, die die Ursachen suchen.

Wie lässt sich Alzheimer nachweisen?

Pathologisch nachweisen lässt sich die Erkrankung durch die sich im Hirn festsetzenden Proteine Amyloid und Tau. Es gibt zwei anerkannte klinische Verfahren, die bereits zu Lebzeiten verlässliche Rückschlüsse auf zelluläre Veränderungen im Hirn erlauben. Sie haben auch Eingang in die ärztlichen Leitlinien zur Demenz gefunden. Zum einen ist das die Nervenwasseruntersuchung, und zum anderen die Positronen-Emissionstomographie (PET). Dieses bildgebende Verfahren macht die Amyloid-Ablagerungen im Gehirn sichtbar. Bei der Untersuchung des Nervenwassers fahndet das Labor nach Biomarkern. "Dadurch lassen sich bereits 20 Jahre vor Ausbruch der Krankheit erste Anzeichen auf diese nachweisen", sagt Schulz. Das ist den Medizinern wichtig, weil es hilft, die Betroffenen möglichst frühzeitig und individuell zu therapieren. Auf diese Weise kann wertvolle gemeinsame Zeit gewonnen werden.

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Wo kann man sich testen lassen?

Der Hausarzt kann Patienten zu solchen Tests entweder zum Neurologen oder Nervenarzt überweisen oder in eine Gedächtnisambulanz. Experten raten dazu, diesen Schritt möglichst frühzeitig zu tun, wenn man eine Erkrankung fürchtet, weil sich dann am effektivsten therapeutisch dagegen arbeiten lässt.

Welche Medikamente helfen bei Alzheimer?

Es gibt kein Arzneimittel, das in der Lage wäre, Alzheimer zu heilen oder alle auftretenden Symptome zu mildern. Es ist also ein Potpourri an Möglichkeiten, das je nach individueller Entscheidung zum Tragen kommen kann. Dazu gehören Arzneimittel wie sogenannte Cholinesterase-Hemmer oder Glutamat-Antagonisten, die die geistige Leistungsfähigkeit verbessern. Mit ihrer Hilfe kann der Verlauf der Erkrankung um einige Monate gebremst werden. Da viele Alzheimer-Patienten Wahnvorstellungen, Halluzinationen und Aggressionen entwickeln, kommen in einigen Fällen sogenannte Antipsychotika wie zum Beispiel Chlorpromazin, Haloperidol, Risperidon, Thioridazin oder Trifluoperazin zum Einsatz. Sie sind allerdings umstritten, da sie die Sterblichkeit erhöhen. Laut einer amerikanischen Studie starben die behandelten Patienten im Schnitt sechs bis zwölf Monate früher, wenn sie solche Mittel bekamen. In Hinblick auf psychische Verhaltensauffälligkeiten, die durch die Erkrankung bedingt sind, kommen neben Cholinesterase-Hemmern auch Antidepressiva zum Einsatz.

Alzheimer frühzeitig erkennen
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Kann man sich gegen Alzheimer impfen lassen?

Derzeit wird nur im Rahmen kontrollierter Studien geimpft. Ein zugelassenes Medikament gibt es hingegen noch nicht. Bereits seit geraumer Zeit bemüht sich die Wissenschaft, einen Impfstoff zu finden, mit dem man gegen den geistigen Verfall impfen kann. Hoffnungsträger ist dabei die sogenannte Anti-Amyloid-Therapie. Sie setzt bei den Amyloid-Plaques an, die sich bei Alzheimer typischerweise im Gehirn absetzen. Diese Eiweiße greifen Nervenzellen im Gehirn an. Die Impfung nun zielt darauf ab, Antikörper ins Hirn zu bringen, die das Amyloid zerstören und das Eiweiß quasi auffressen. Diese Impfung, so hoffen die Wissenschaftler könnte im Frühstadium die Erkrankung bekämpfen. Einige Tests geben sogar Hoffnung darauf, dass sie trotz Alzheimer die Gedächtnisleistung stabilisieren kann. Noch aber ist dieses Verfahren in der Erprobung.

Wie kann ich mich vor Alzheimer schützen?

Manchmal sind es genetische Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, einmal an Alzheimer zu erkranken. Diese erbliche Vorbelastung an sich lässt sich nicht ausschalten. Wohl aber hilft ein aktives Leben — geistig wie körperlich — auch in Sachen Alzheimer-Prävention. Rege geistige und körperliche Tätigkeit verbessert nicht nur die Aktivitäten des täglichen Lebens, sondern die geistigen Möglichkeiten insgesamt, und das auf eine Dauer von zehn Jahren betrachtet, sagt Jörg Schulz.

Wie ein Muskel, der trainiert werden will, fordert auch das Gehirn Beschäftigung. Dabei ist es hilfreich, zum einen die Gedächtnisleistung zu trainieren und das Gehirn mit vielen Informationen zu füttern und zu fordern. Das geschieht zum Beispiel bei der Teilnahme an Diskussionsrunden, dem Besuch von Ausstellungen oder Bildungsreisen. Noch viel wichtiger allerdings ist es, an seiner Verarbeitungsschnelligkeit und an der Fähigkeit zum logischen Denken zu arbeiten. Denn diese hält nachhaltiger an. Selbst nach zehn Jahren ist der Effekt noch sichtbar.

Neuere Studien zeigen zudem: Auch wer Übergewicht und Bluthochdruck abbaut, beugt dem Untergang von Nervenzellen im Gehirn vor. Forscher aus Großbritannien nehmen an, dass solche "modifizierbaren Risikofaktoren" für ein Drittel der Alzheimer-Fälle verantwortlich sind.

Zwölf Antworten zu Alzheimer
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Was kann man tun, um die geistigen Fähigkeiten zu verbessern?

Bildung schützt vor Alzheimer. Ein langer Ausbildungsweg belastet zwar in den meisten Fällen den Geldbeutel, doch bringt er zugleich einen Schutz vor Demenz mit sich. Nicht klar ist allerdings laut Alzheimer-Experte Schulz, ob dadurch Veränderungen im Gehirn verhindert oder hinausgezögert werden, oder ob durch das kognitive Training einfach nur die neuropathologischen Veränderungen besser aufgefangen werden können. Grundsätzlich halten die Forscher letzteres für wahrscheinlicher und bezeichnen es als kognitive Reserve.

Warum bringt körperliche Aktivität Schutz?

Wer rastet, der rostet, sagt schon der Volksmund. Das macht sich auch in der Denkzentrale bemerkbar. Studien belegen, dass körperlich aktive Menschen ein geringeres Risiko für demenzielle Veränderungen, also auch Alzheimer haben. Dieser Zusammenhang lässt sich in Gehstrecke messen. Alleine durch schnelles Gehen oder Wandern lässt sich etwas gegen den geistigen Verfall tun. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass dadurch bestimmte Moleküle angeregt werden, die einen schützenden Einfluss haben, sagt der Demenz-Experte des Aachener Klinikums.

Wie begünstigen andere Erkrankungen Alzheimer?

Die Forschung findet immer mehr Hinweise darauf, dass es einen engen Zusammenhang zwischen kardio-vaskulären Risiken und der Entstehung von Alzheimer gibt. Durch eine gesündere Lebensweise ließen sich demnach nicht nur Übergewicht, Herzprobleme, Bluthochdruck oder Diabetes verhindern, sondern auch das Alzheimer-Risiko minimieren. Hinweise darauf finden die Wissenschaftler in der Tatsache, dass zwar auch bei jungen Menschen im Gehirn Amyloid gebildet wird, es aber funktionierende Reparaturmechanismen gibt, die dieses wieder entfernen. Im Alter, so nimmt man an, gibt es Ereignisse, die dieses System zum Kollabieren bringen. „Wir nehmen an, dass auch Durchblutungsstörungen dazu beitragen, also letztlich kardiovaskuläre Risiken", sagt Alzheimerforscher Schulz.

Warum schlafen Alzheimer-Patienten immer?

Tun sie gar nicht. Allerdings haben Alzheimer-Kranke häufig einen umgekehrten Schlaf-Wach-Rhythmus. Oft legen sie sich schon am Tag schlafen und irren nachts verwirrt durch die Räume. Ohnehin verschiebt sich auch bei gesunden Menschen die Einschlafzeit in die früheren Abendstunden. Dafür sind ältere Menschen dann oft morgens schon früh wach. Das verstärkt den Effekt. Dadurch, dass Alzheimer-bedingt die Nervenzellbereiche der inneren Uhr zerstört werden, funktioniert der sonst vorhandene Mechanismus nicht mehr, der uns in einen Tagesrhythmus bringt. Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass bei gutem Nachtschlaf mehr Amyloid aus dem Gehirn entfernt und damit entgiftet wird, als ohne oder bei mehrfach unterbrochenem Schlaf.

Woran sterben Alzheimer-Kranke?

Alzheimer selbst ist nicht tödlich. Die Betroffenen versterben an den Folgen von Erkrankungen, die sich aus der Demenz-Erkrankung ergeben. Die Gefahr für Lungenentzündungen ist beispielweise durch Verschlucken erhöht. Zudem sind die Patienten besonders anfällig für Lungenembolien oder Infektionen, die zum Tode führen.

(wat)
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