Mediziner-Erfolg im Kampf gegen Demenz Forscher stoppen Alzheimer für drei Jahre

Toronto · Alzheimer ist der gefürchtete schleichende Verfall der Nervenzellen im Gehirn. Forscher berichten darüber, dass es ihnen erstmals gelungen ist, diesen Untergang für mehrere Jahre vollkommen zu stoppen.

Der große Durchbruch ist es noch nicht, aber es schenkt denen Hoffnung, die sich schon in jungen Jahren vor der Demenz-Erkrankung Alzheimer fürchten. Forscher berichten auf einem Alzheimer-Kongress in Kanada, dass es ihnen gelungen sei, den geistigen Verfall von Alzheimer-Patienten über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg anzuhalten.

Rund 1,2 Millionen Deutsche leiden an Alzheimer. Diese bislang nicht heilbare Erkrankung wirkt sich massiv aus auf geistige Funktionen wie Denken, Erinnern, Orientierung und Verknüpfen von Denkinhalten aus. Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, in diese Form der Demenz abzutauchen. Ist es unter den 65- bis 69-Jährigen noch jeder Zwanzigste, leidet unter den 80- bis 90-Jährigen hingegen jeder Zweite darunter. Jährlich kommen nach Einschätzung der Deutschen Alzheimer Gesellschaft in unserem Land rund 300.000 Neuerkrankungen hinzu.

1.000 Bluspender für eine Doses nötig

Bei 24 Patienten mit leichtem bis mittelschwerem Alzheimer ist es den Wissenschaftlern um Dr. Norman Relkin vom Weill Cornell Medical College in New York City gelungen, die kognitive Denkleistung über drei Jahre hinweg konstant zu halten. Sie bekamen hochdosiert Immunglobuline (IVIG) gespritzt. Immunglobuline sind natürliche Abwehrkörper im menschlichen Körper, die aus Blutplasma von Spendern gewonnen wird. Für die Dosis, die die Alzheimer-Patienten hier bekamen sind Antikörper von mehr als 1000 Blutspendern erforderlich.

In einer Blindstudie wurde zunächst über sechs Monate hinweg nur einigen, dann aber allen beteiligte Patienten, in unterschiedlicher Dosis dieser Wirkstoff intravenös verabreicht. Bei den Patienten, die von Beginn an die Immunglobuline erhalten hatten, konnte der geistige Verfall tatsächlich über Jahre hinweg gestoppt werden. Doch auch bei den anderen Studienteilnehmern konnte gezeigt werden, dass die Gabe des Wirkstoffs Immunglobulin sich positiv auswirkte und der geistige Niedergang langsamer verlief.

Erst der Beginn einer Hoffnung

Zum Einsatz kommen solche Immunglobuline normalerweise bei schweren Immundefekten, Autoimmunerkrankungen und auch bei HIV-Erkrankung. Der Blick auf die Anzahl der Blutspender, die notwendig wären, um den wertvollen Wirkstoff zu erhalten, der den Verfall im Gehirn aufhalten kann, macht allerdings deutlich, wie weit man noch von einer Standardtherapie entfernt ist. Weltweit wäre nicht im Entferntesten genug Immunglobulin vorhanden, um auch nur einen Teil der steigenden Zahl Alzheimer-Kranker zu behandeln. Dennoch hegen die Forscher die Hoffnung, entscheidende Schritte in der Bekämpfung der Krankheit voran zu kommen.

Bis die rettende Therapie gefunden ist, bleibt Alzheimer wie ein Radiergummi: Nach und nach radiert die Krankheit immer mehr weg. Telefonnummern, Namen, später komplexere Dinge wie Wege oder Zusammenhänge. Sie lässt Erinnerungen verschwinden und am Ende lebenswichtige Informationen. Die chronisch fortschreitende, degenerative Veränderung des Gehirns führt dazu, dass sich die Gedächtnisleistung verschlechtert, dann auch das Denkvermögen und die Urteilsfähigkeit.

Diese Therapien gibt es derzeit

Eine Heilung gibt es zwar nicht, aber therapeutische Möglichkeiten, die fortschreitenden Symptome der Demenz hinauszuzögern. Derzeit werden in der medikamentösen Therapie vor allem zwei Arzneimittelgruppen eingesetzt, die die Botenstoffe, die bei dementen Menschen gestört sind, positiv zu beeinflussen. Daneben gibt es zudem nicht-medikamentöse Behandlungen wie Physiotherapie, Logo- oder Ergotherapie können eine Verbesserung des Zustands bringen.

Auf verschiedene Arten kann man, so empfiehlt die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft, selbst dazu beitragen, den Geist möglichst lange wach zu halten. Demnach gibt es Übungen, die stimmungsverbessernd sind, spezielle Fähigkeiten fördern und auch das Selbstbewusstsein stärken. Gezielt lasse sich so an der Merkfähigkeit, kognitiven Leistungen und dem Erhalt von Alltagsfähigkeiten arbeiten.

(wat)
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