Ärzte holen Kandidat aus künstlichem Koma Das Aufwachen kann mehrere Tage dauern

Düsseldorf · Die Intensivmediziner des Universitätsklinikums Düsseldorf haben am Montag damit begonnen, den nach seinem TV-Unfall und einer Notoperation ins "künstliche Koma" gelegten Patienten Samuel Koch aufwachen zu lassen. Das kann mehrere Tage dauern – erst danach werden genauere Angaben über die Bewegungsfähigkeit des Patienten möglich sein.

Presse: "Wetten, dass..?" jetzt sterben lassen
Infos

Presse: "Wetten, dass..?" jetzt sterben lassen

Infos
Foto: dapd

Die Fragen nach Samuel Kochs kommenden Tagen oder gar nach seinem künftigen Leben wird derzeit niemand beantworten können, am wenigsten seine Ärzte. Es gibt in der Medizin immer unerwartete Genesungen und unerwartete Komplikationen; am Montag wurde Koch jedenfalls laut Universitätsklinikum Düsseldorf in einem Zustand zwischen "kritisch" und "stabil" aus dem künstlichen Koma geholt. Weiter hieß es: "Dieser Vorgang wird vermutlich zwischen ein und drei Tagen dauern. Wie schnell, richtet sich nach Kochs Gesundheitszustand. Eine Prognose über seine Bewegungsfähigkeit ist erst bei völlig wachem Zustand zu treffen."

Koch wurde bei seinem Unfall in der "Wetten-dass"-Sendung in einem Bereich verletzt, der zu den komplexesten der menschlichen Anatomie zählt — an der Halswirbelsäule. Diese Region ist die Enge in der Sanduhr des Systems, durch die sämtliche Leitungsbahnen laufen: die Versorgung des Gehirns mit Blut und dessen Rückleitung, die Speise- und die Luftröhre, die Nervenbahnen, Kehlkopf, Schilddrüse, wichtigste Sehnen und Bänder.

Anatomisch ist der Bereich der sieben Wirbel der Halswirbelsäule überaus kompliziert, sie unterscheiden sich deutlich von den übrigen Wirbeln in Brust- und Lendenwirbelsäule, und die obersten beiden, Atlas und Axis, sind ohnedies prominente Individualisten.

Eine komplexe Angelegenheit

Über Kochs genaue Verletzungen kann nur spekuliert werden; die Angaben aus der Uniklinik lassen den Schluss zu, dass es sich um ein multiples Trauma der Halswirbelsäule handelt, das sich aus Frakturen der knöchernen Substanz und aus Prellungen oder Quetschungen am Wirbelkanal ergibt. Welcher Art die Brüche sind, ist schwer zu sagen. Dass Koch mit Gesicht und Vorderseite des Körpers aufschlug, macht die Sache nicht leichter.

Die Neurochirurgen um Oberarzt Richard Bostelmann, der als Wirbelsäulen-Spezialist gilt, haben nach der ersten Untersuchung eine Magnetresonanztomografie der Halswirbelsäule angeordnet, um einen Eindruck von der Schwere der Verletzungen und Brüche zu erlangen. Danach stand fest: Eine Operation war unumgänglich. Die Formulierung von Professor Wolfgang H.-M. Raab, dem Ärztlichen Direktor der Uniklinik, die Verletzungen seien "schwerwiegend", weist in die Richtung einer auch neurochirurgisch komplexen Angelegenheit.

Die erste Einschätzung von Ärzten am Unfallort, Koch sei nicht an den Beinen gelähmt, ist vorderhand ein gutes Zeichen, für die weitere Prognose aber nicht verwertbar. Fest steht, dass Koch an Sensibilitätsstörungen litt, von denen einige durch die Operation zunächst gelindert werden konnten. Bei der OP wurde das geschädigte Gewebe sozusagen sortiert, die Blutergüsse, die auf Nervenbahnen im Wirbelkanal drücken, wurden behandelt, drei gebrochene Wirbelkörper mit Metall stabilisiert.

Entschleunigung ist angesagt

Wenn Gefäße bei einem solchen Sturz einreißen, kann es auch zu einer Einblutung zwischen den Hirnhäuten kommen (die auch das Rückenmark im Wirbelkanal überziehen), was dort zu einem stark erhöhten und gefährlichen Druck führen kann. Wenn bei Koch das für Sensibilität und Motorik wichtige Verschaltungssystem im Spinalkanal nicht in Gang gesetzt werden kann, ist eine Lähmung nicht auszuschließen. Empfindungsstörungen — Koch soll Berührungen seiner Haut nicht registriert haben — sollte man vorerst nicht überbewerten.

Zunächst war es aus medizinischer Sicht vordringlich, den Patienten zu entlasten; dazu wurde er ins "künstliche Koma" versetzt. Dieses therapeutische Manöver diente der Analgo-Sedierung, einer Narkose mit maximaler Schmerzausschaltung.

In jedem Fall werden der ehrgeizige junge Mann und seine Umgebung für die nähere und ferne Zukunft (in einer wohl unvermeidlichen Rehabilitationsmaßnahme) auf Entschleunigung setzen müssen. Wer sich für die kommenden Tage, geschweige für das künftige Leben Kochs interessiert, wird sich in Geduld üben müssen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort