Ambulantes Monitoring als Zukunft im Gesundheitswesen Blick aufs Handy verrät Gesundheitszustand

Mainz · Patienten werden in Zukunft immer mehr in die Überwachung ihrer Gesundheit oder ihrer Krankheit einbezogen. Denn das macht viel mehr Sinn, als punktuelle Laboruntersuchungen, sagen zwei Gesundheitsexperten.

Zehn Gesundheits-Apps für alle Lebenslagen
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Wer darum weiß, dass er Probleme mit dem Blutdruck hat, der bekommt die Verantwortung für die Überwachung seiner Werte vom Arzt mit nach Hause. Mit einer Blutdruckmanschette kann die Kontrolle dort rund um die Uhr erfolgen: "Wir werden künftig immer mehr neue Formen zur Beobachtung und Überwachung des Gesundheitszustands in unser alltägliches Leben integrieren.

Das wird die Situation von Patienten und Ärzten beeinflussen, sagt Prof. Dr. Thomas Kubiak. Er ist Professor für Gesundheitspsychologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und hat sich ausgiebig mit neuen Techniken des "ambulanten Monitoring" beschäftigt.

Kontrolle im Alltag sinnvoller als im Labor

Kubiak und sein Kollege Arthur A. Stone von der Stony Brook University gehen davon aus, dass unser Befinden und Verhalten im Alltag wesentlich aufschlussreicher für die Diagnose und Therapie sein können als zum Beispiel punktuelle Laboruntersuchungen oder Fragebögen, in denen Patienten in der Rückschau Auskunft über ihr Befinden in den letzten Wochen oder Monaten geben können.

Bei chronischen Kopfschmerzen empfiehlt es sich beispielsweise, regelmäßig ein Tagebuch zu schreiben und dabei zeitnah aufzuschreiben, wann die Schmerzen auftraten und was sie ausgelöst haben könnte. Bei Diabetes gibt es viele Möglichkeiten, den Blutzucker selbst zu messen oder kontinuierlich durch Geräte überwachen zu lassen, um anschließende Insulingaben korrekt zu dosieren.

Gleichzeitig helfen hier Notizen über die Nahrungsaufnahme, die Tätigkeiten und die Symptomwahrnehmung, die Krankheit besser in den Griff zu bekommen. Um das Bewegungsverhalten im Alltag festzustellen, gibt es sogar bereits Systeme, die erkennen, ob jemand Fahrrad fährt oder Treppen steigt.

"Die Daten, die wir im Alltag der Patienten erheben, sind die wirklich wichtigen Daten", sagt Thomas Kubiak. Die "ökologische Validität" dieser Aussagen ist höher. Erhoben werden Real-Life-Daten über Stimmungen, Stress und Symptome, Blutdruck, Hormonlevel und viele andere biologische oder umweltrelevante Faktoren.

Auch wenn viele der neuen Möglichkeiten bisher noch nicht beim Hausarzt oder Internisten angekommen sind, so hat die Entwicklung nach Einschätzung von Kubiak im letzten Jahrzehnt an "Drive" gewonnen.

Elektronisches Tagebuch als Wächter

Durch neue Kommunikationsmittel wird sie sich noch beschleunigen. Mit modernen Smartphones stehen Dokumentationsgeräte zur Verfügung, die beispielsweise den Besitzer zu bestimmten Uhrzeiten mehrmals am Tag anklingeln, ihm einen Fragebogen vorlegen und diese Aufzeichnungen dann mit GPS-Daten verbinden, wenn eine Bewegungsstudie erstellt werden soll. Das "elektronische Tagebuch" wird so zu einem wichtigen Begleiter des Patienten.

Dies kann präventiv oder auch therapeutisch direkt dem Patienten zugutekommen, finden die Gesundheitsexperten. Aber auch die Pharmahersteller profitieren von den neuen Instrumenten bei ihren Zulassungsstudien für Pharmazeutika.

(wat)
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