Vorsicht Heuschnupfen "Blitzsommer" bringt Pollen-Explosion

Düsseldorf · Die plötzlich hohen Temperaturen nach einer längeren Kälteperiode lassen die Birken großflächig blühen. Für Allergiker beginnt damit die Leidenszeit. Abhilfe schaffen kann meist nur eine langwierige Hyposensibilisierung.

Pollen-Explosion durch den Blitzsommer
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Die Birkenpollen sind los - und sorgen bei Allergikern derzeit für rote Augen und triefende Nasen. Schuld daran tragen die nach einer langen Kälteperiode teils sprunghaft gestiegenen Temperaturen. Morgen sollen im Rheinland sogar bis zu 25 Grad erreicht werden. "Pflanzen reagieren bei einer bestimmten Wärmesumme", erklärt Matthias Werchan, Pollenanalyst bei der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst. Ist diese Grenze übersprungen, blühen viele Bäume synchron. Dann kann es innerhalb weniger Tage zu einer extrem hohen Pollenkonzentration in der Luft kommen - Werchan spricht von einer Pollenexplosion. Die gute Nachricht: In sechs Wochen sind hierzulande die Birken abgeblüht. Und viele Nasen wieder frei.

Allerdings kommt eine Allergie selten allein. So gilt die Birke neben den allergologisch wichtigsten Blütenpollen Hasel, Erle, Esche, Süßgräser, Roggen, Beifuss und Ambrosia zwar als Hauptauslöser für allergische Reaktionen. "Auf Birke empfindliche Menschen reagieren aber häufig noch auf Hasel und Erle oder besitzen zusätzlich Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten etwa gegen rohe Äpfel", sagt Anja Schwalfenberg vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB). So erstreckt sich die Leidenszeit dieser Menschen möglicherweise auf mehrere Monate. Denn durch den Klimawandel starten Frühblüher wie Erle oder Hasel in manchen Jahren schon Anfang Dezember mit der Blüte. Andererseits stoßen einige Kräuter bis in den November hinein Pollen ab. Das bedeutet: Irgendetwas blüht immer.

"Als Allergiker muss ich daher wissen, worauf ich reagiere", sagt Schwalfenberg. Das kann nur der Arzt mit einem Test herausfinden. Die DAAB-Expertin rät denn auch von der reinen Selbstmedikation ab. Aus einer Allergie könne sich leicht Asthma entwickeln, eine Krankheit, die das Leben noch stärker beeinträchtigt. Mediziner setzen meist auf eine Hyposensibilisierung, also eine Immuntherapie gegen das Allergen, eine zwar zeitintensive, dafür aber oft erfolgreiche Methode. Laut Ärzteverband Deutscher Allergologen schätzen Experten allerdings, dass nur etwa zehn Prozent der allergischen Patienten entsprechend den aktuellen Leitlinien behandelt werden - und das bei einer stetig wachsenden Fallzahl.

"Jeder Allergiker kann aber auch zusätzlich selbst dazu beitragen, den Kontakt mit Pollen so gering wie möglich zu halten", sagt Schwalfenberg. Dazu gehöre etwa ein Pollenschutzgitter fürs Fenster, der Pollenfilter im Pkw oder ein Urlaub in allergenarmen Regionen, möglichst in der Zeit, in der es daheim blüht. Sinnvoll ist es auch, die Haare vor dem Zubettgehen zu waschen und die Kleidung nicht im Schlafzimmer auszuziehen. Gelüftet werden sollte immer dann, wenn die Pollenkonzentration niedrig ist - auf dem Land am Abend, in der Stadt am frühen Morgen.

Wichtig für Allergiker ist auch eine Übersicht über den aktuellen Pollenflug, möglichst in der Region. Bundesweit bietet aber nur der Deutsche Wetterdienst eine Pollenflugvorhersage (www.dwd.de/pollenflug), basierend auf rund 45 Messstationen in ganz Deutschland. "Das sind natürlich nur Punktmessungen, die lokale Gegebenheiten nicht berücksichtigen können", sagt Werchan. Der DAAB hat daher das neue Projekt www.pollentrend.de initiiert. Allergiker können dort ihre aktuellen Beschwerden plus Intensitätsgrad und den Pollenauslöser mit der jeweiligen Postleitzahl eintragen. Die Angaben werden anonym registriert und auf eine Karte übertragen, die so regional heruntergebrochen eine Art Heuschnupfen-Atlas bieten soll.

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Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Das Thema Allergie dürfte sich in den kommenden Jahren noch verschärfen. So breiten sich beispielsweise nach Deutschland eingeschleppte Pflanzen wie Ambrosia immer weiter aus. Noch findet sich Ambrosia meist auf Brachflächen und wird schnell bekämpft. Die Pollen aber haben es in sich. Schwalfenberg: "Sie verursachen starke Reaktionen." Auch die Birke ist Ende Mai nicht komplett ausgestanden. Weil dann die Blüte in Finnland erst beginnt, können die Pollen je nach Wind bis in unsere Breiten getragen werden. Und Allergiker zur Verzweiflung bringen.

(RP)
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