Schwere Zeiten für Allergiker Der Pollenflug geht los - das müssen Allergiker jetzt wissen

Hasel, Erle und Eibe – Frühblüher wie diese gönnen Allergikern auch im Winter keine Verschnaufpause. Im Vergleich zu den Vorjahren hat die Zahl der Pollenallergiker durch die zunehmend milden Winter stark zugenommen. Welche Pollen fliegen wann? Wie kann man sich schützen, und welche Apps helfen?

Pollenflugkalender 2024: Diese Gräser und Bäume blühen jetzt
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Achtung Pollenflug: Diese Gräser blühen jetzt

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Foto: Adobe Stock, drubig-photo

Juckende Augen, triefende Nasen – immer mehr Menschen kämpfen schon seit dem Jahresstart mit Allergiesymptomen, die sich normalerweise erst zum Frühjahr hin zeigen, wenn die Pollensaison so richtig beginnt. Moderate Temperaturen im Winter sorgen in den letzten Jahren dafür, dass die Pollen der Frühblüher schon im Dezember, Januar und Februar in der Luft sind. Auch hat die Zahl der Allergiegeplagten stark zugenommen, wie sich aus einer Datenerhebung der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) ergibt. Besonders betroffen: Menschen in Großstädten und Bundesländern mit vielen Ballungsräumen, wie Nordrhein-Westfalen und Hessen. Doch auch die Zahlen Betroffener in ländlichen Gebieten nimmt laut KKH überraschend stark zu.

Das Problem: Der Pollenflug ist mittlerweile kaum mehr saisonal einzuordnen. Durch die wärmeren Winter fliegen einige Pollen bis in den November hinein. Andere Frühblüher starten im Dezember oder Januar schon wieder durch. Von Insekten oder einem günstigen Wind befördert, fliegen sie manchmal mehrere hundert Kilometer weit. Und das in großen Mengen.

Hier finden Sie alle Infos zum aktuellen Pollenflug

Warum fliegen die Pollen so früh?

„Die wesentlichste Voraussetzung für den Pollenflug ist das Wetter“, sagt Jörg Kleine-Tebbe von der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinischen Immunologie. Bei warmen Temperaturen geben beispielsweise Haselsträucher früh ihre Pollen ab. Experten sehen als Ursache für die veränderten Wetterbedingungen vor allem den Klimawandel. Ein weiterer Faktor: die Umweltverschmutzung. Das erklärt, warum vor in Großstädten besonders viele Menschen von Allergien betroffen sind. „Es ist Fakt, dass sich Luftschadstoffe an die Pollen setzen und das Immunsystem mehr herausfordern, als das normalerweise der Fall wäre“, sagt Sonja Lämmel, Pressesprecherin des Deutschen Allergie und Asthmabundes.

Was macht Pollenallergikern das Leben zusätzlich schwer?

In Pollen wie denen von Birke und Haselnuss ist das Stresseiweiß „Bet v 1“ enthalten. Allergiker, die extrem stark darauf reagieren, kommen laut Kleine-Tebbe oft schon mit Symptomen in die Arztpraxis, bevor der Pollenflug messbar ist. Starke Schadstoffbelastung, beispielsweise in der Nähe von innerstädtischen Hauptverkehrsstraßen oder Autobahnen, führen dazu, dass in den Pollen noch mehr Stresseiweiß produziert wird.

Wo erfahre ich wann welche Pollen fliegen?

Der Deutsche Wetterdienst veröffentlicht täglich den Pollenflug-Gefahrenindex. Durch die Vorhersagen soll der Allergiker nicht nur vorgewarnt werden, sondern auch in der Lage sein, seine Medikation entsprechend einzustellen. Denn letztlich spielt die Menge der Pollen eine große Rolle für den Allergiker und die Behandlung des Heuschnupfens.

Wo kann ich „Urlaub“ von den Pollen machen?

Während der Blütezeit ist es kaum möglich, den Pollen zu entkommen. Die Allergieauslöser fliegen meist über mehrere Wochen. Doch kann ein kurzer Urlaub eine Auszeit von Heuschnupfen, juckenden Augen und Pollenbelastung bringen. Auf den Kanaren, dem Balkan oder Kreta kommt beispielsweise so gut wie keine Belastung durch Birkenpollen vor. Auch die Alpen oder Pyrenäen können für Allergiker vorübergehend zum Zufluchtsort werden. Dort findet der Pollenflug um etwa drei Monate verzögert statt. Die Belastung ist zudem sehr viel niedriger.

Die Luft in vielen Städten Europas, wie beispielsweise Madrid, Athen oder Mailand ist ebenfalls weniger vom Pollenflug betroffen als hierzulande. Auch Meeresluft, wie zum Beispiel auf einer ostfriesischen Insel, kann Balsam für die geplagten Atemwege sein. Eine Übersicht allergikerfreundlicher Urlaubsorte finden Sie hier.

Was können Pollenallergiker tun, um sich zu schützen?

  • Vorsorge

Ein ordentlich durchgeführter Hauttest ermittelt, welche Pollen besonders viele Beschwerden verursachen. Der Pollenflugkalender zeigt an, in welchen Monaten man mit Symptomen rechnen muss. Ob man dann zur Behandlung zu Antihistaminika, antiallergischen Nasentropfen oder Kortison greift, hängt vom Grad der Pollenallergie ab. Eine medikamentöse Behandlung sollte mit dem Arzt besprochen werden.

  • Maske

Was vor Coronaviren schützt, schützt auch vor Pollen. Tatsächlich können Masken helfen, die Pollen von den Atemwegen fern zu halten. Dadurch werden die Schleimhäute in Mund und Nase weniger gereizt und die Allergiesymptome lassen sich besser beherrschen.

  • Filter

Pollenfilter helfen im Auto oder im Staubsauger, aber auch in der Wohnung, zum Beispiel als Bestandteil von Luftreinigern, gegen die Belastung. Allerdings sollte man den Filterwechsel lieber nicht allergischen Zeitgenossen überlassen.

Auch sogenannte Pollenschutzgitter vor den Fenstern können ein probates Mittel gegen die umherfliegenden Allergieauslöser sein. Während der Pollenflugzeit empfiehlt es sich für Allergiker zudem auf Freizeitaktivitäten wie Joggen oder Radtouren durch die Felder zu verzichten, sagt Lämmel.

  • Wäsche

In den Pollenflug-Monaten gehört frisch gewaschene Wäsche besser nach drinnen. Wer sie draußen trocknet sorgt dafür, dass sich die dort umherfliegenden Allergieauslöser gleich in der Wäsche festsetzen. Gleiches gilt auch für das Wechseln der Kleidung. Eben noch draußen unterwegs nimmt man mit der Kleidung auch die Pollen ins Haus. Darum ist es ratsam, sich möglichst nicht im Schlafzimmer aus- oder umzuziehen. Die Pollen können dann nämlich von der getragenen Kleidung an die Bettwäsche gelangen und nachts für große Beschwerden sorgen.

  • Duschen

So wie die Pollen in Bekleidung und auf Schuhen hängen, kleben sie auch auf der Haut und in den Haaren. Darum empfiehlt sich für Allergiker in der schwierigen Zeit abends zu duschen und die Haare zu waschen.

  • Auf Kreuzallergien achten

Manche Pollen ähneln in ihrer Proteinstrukturen bestimmten Nahrungsmitteln. Das Immunsystem einiger Allergiker reagiert dann auf beide Allergene und weist so eine sogenannte Kreuzallergie auf. Jeder zweite Birkenpollenallergiker entwickelt mit der Zeit beispielsweise eine Kreuzallergie auf rohes Stein- und Kernobst.

Wann sollte man bei Pollenflug lüften?

Auf dem Land öffnet man am besten die Fenster abends, da die Pollen-Konzentration dann niedriger ist. In der Stadt ist es genau umgekehrt. Hier fliegen abends die meisten ungeliebten Pflanzenbestäuber in großer Zahl durch die Luft.

Zudem sollte man das kurze Stoßlüften dem dauerhaften Kippfenster-Lüften vorziehen. An der Technischen Universität München hat man nachgewiesen, dass die Stoßlüften-Variante etwa zwei Drittel weniger Pollen pro Kubikmeter Luft ins Haus lässt als wenn man das Fenster dauerhaft auf „Kipp“ stellt.

Welche Pollenflug-Apps gibt es?

Das Angebot für Pollenflug-Apps ist umfangreich und mitunter schwer zu durchblicken. Hier sind ein paar der bekanntesten Apps auf einen Blick:

  • Pollenflug-Vorhersage: Diese von der Hexal AG betriebene App zeigt an, welche Pollen tagesaktuell und ortsgenau unterwegs sind. Per Orts- oder Postleitzahlabfrage lässt sich die Pollengefahr an verschiedenen Standpunkten überprüfen. In der Übersicht werden jeweils 15 verschiedene Pflanzen angezeigt. Auch eine siebentägige Vorschau ist verfügbar. Ein Pollen-Tagebuch hilft dem Anwender dabei, das eigene Befinden zu dokumentieren.
  • Pollenradar: Die Pollenflug-App des Pharmaunternehmens „ratiopharm“ ist sehr übersichtlich gegliedert. Der User kann auf den ersten Blick Wetter, Windstärke und Regenwahrscheinlichkeit überblicken. Die Pflanzen, die jeweils die meisten Pollen verbreiten, sind in der Übersicht oben gelistet. Praktisch: Es lässt sich individuell die eigene Pollenempfindlichkeit angeben. Die App gibt dann individualisiert Auskunft. Daneben gibt es Allergie-Tipps, die dabei helfen sollen, der Allergie entgegen zu wirken.
  • Husteblume: Die Techniker Krankenkasse bietet nicht nur dort Versicherten über ihre App eine kompakte Vorhersage zum aktuellen Pollenvorkommen. Zudem kann man eigene Symptome eingeben, seine Medikation, einen Selbsttest durchführen oder Näheres über die Pflanzen erfahren, die für die Belastung verantwortlich sind. Die App gibt jedoch nur einen Überblick über die jeweils sieben flugintensivsten Pollenarten.
  • Pollenflug-Gefahrenindex: Etwas spartanisch ist die App des Deutschen Wetterdienstes aufgebaut. Die Basisinformationen sind da: Welche Pollen fliegen wann und wo in welcher Konzentration? Viel mehr gibt es nicht.
  • Pollen-Warner: Anders als beim Pollenradar finden sich in der Pollen App vom Deutschen Verlag für Gesundheit & Ernährung die höchsten Pollenkonzentrationen weiter unten in der Hierarchie. Praktisch ist die Vorhersage im Tagesverlauf, die man gut für das Lüftungsverhalten nutzen kann. Auch eine Langzeit-Pollenflugvorhersage hilft dabei, die Belastung besser einzuschätzen.
  • SaniQ Asthma-Pollenflug &Asthma: Diese App des Softwareanbieters Qurasoft ist besonders für Asthmatiker geeignet. Sie beinhaltet neben einer simplen, aber übersichtlichen Pollenflug-Vorhersage ein digitales Tagebuch, in dem sich der Peak Flow festhalten lässt. Darüber hinaus gibt es eine Speichermöglichkeit für Therapie-Dokumente.

Welche Pollen fliegen wann?

  • Erle: Dezember bis April
  • Hasel: Dezember bis April
  • Esche: Februar bis Juni
  • Pappel: Februar bis Juni
  • Weide: Februar bis Juni
  • Ulme: Februar bis Juni
  • Birke: März bis Juni
  • Buche: März bis Juni
  • Eiche: April bis Juni
  • Ampfer: April bis August
  • Roggen: April bis Juli
  • Gräser: April bis Oktober
  • Wegerich: April bis Oktober
  • Beifuß: Juni bis Oktober
  • Ambrosia: Juli bis Oktober

Warum ist in manchen Jahren die Allergie stärker?

Waldbäume wie Birke, Eiche, Buche oder Fichte erleben in regelmäßigen Zyklen sogenannte Mastjahre. In diesen produzieren sie besonders stark Blüten und Samen. Die Birke erlebt beispielsweise jedes zweite Jahr ein Mastjahr. Buchen hingegen nur alle drei bis sechs Jahre. Weide, Pappel, Birke und Erle hingegen blühen fast jährlich voll. Mastjahre führen bei Allergikern meist zu einer Zunahme der Schwere ihrer Symptome. Manchmal kann es in den Mastjahren zu zusätzlichen Symptomen – wie beispielsweise Atemnot – kommen.

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