Diagnostische Verfahren Mit welchen Tests Sie einer Allergie auf die Spur kommen

Wiesbaden/Mülheim · Tränende Augen und Niesanfälle, juckende Quaddeln auf der Haut oder Blähungen und Durchfälle – Allergiesymptome sind breit gefächert. Um herauszufinden um was für eine Allergie es sich handelt, gibt es zahlreiche Tests. Wir erklären, wann sich welcher Test eignet und was sie wirklich leisten.

 Allergien aufzupüren ist häufig mühsame Detektivarbeit.

Allergien aufzupüren ist häufig mühsame Detektivarbeit.

Foto: Shutterstock/Ollyy

Tränende Augen und Niesanfälle, juckende Quaddeln auf der Haut oder Blähungen und Durchfälle — Allergiesymptome sind breit gefächert. Um herauszufinden um was für eine Allergie es sich handelt, gibt es zahlreiche Tests. Wir erklären, wann sich welcher Test eignet und was sie wirklich leisten.

Nach dem Pausensnack bemerkt Paula, wie es im Mund zu Kribbeln beginnt. Die Zunge schwillt an und die Schleimhäute fühlen sich seltsam an. Die junge Frau schaltet schnell — es muss der Apfel gewesen sein, den sie gerade eben erst gegessen hat. Ihr Immunsystem schlägt Kapriolen und reagiert auf etwas, das eigentlich ganz ungefährlich ist. Der Körper aber hält es für eine Bedrohung und versucht sie abzuwehren.

Nicht immer sind die Symptome einer Allergie so eindeutig. Manchmal zeigen sie sich im Falle von Nahrungsmittelallergien als Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfälle, Erbrechen aber auch in Form kleiner schmerzender Aphten im Mund. Das macht es ausgesprochen schwierig, überhaupt zu erkennen, dass es sich um eine allergische Reaktion und nicht ein anderes Krankheitsbild handelt. Ähnlich ist das bei Symptomen, die auch Pollenallergiker zeigen: Schniefnasen und Bindehautentzündung an sich sind kein klares Indiz für eine allergische Reaktion und auch hinter Husten oder juckender Haut verbirgt sich nicht zwangsläufig eine Allergie.

Fahndung nach einem von 20.000 Allergenen

Manche Menschen, die auf Krustentiere reagieren, macht es nichts aus, sie in alle ihre Einzelteile zu zerlegen. Dennoch können sie keinen Bissen davon zu sich nehmen, ohne übelste Beschwerden zu bekommen. Andere dürfen tunlichst keinen Körperkontakt zu der Meeresdelikatesse haben, weil sie dann einen lebensgefährlichen anaphylaktischen Schock erleiden könnten. So ist es auch mit Obstsorten: Beim einen gehen Erdbeeren nicht, beim anderen Äpfel und der übernächste kann sie nur gekocht essen. Alle aber sind Nahrungsmittelallergiker.

Allergologen haben sich darauf versiert, gemeinsam mit dem Patienten echte von falschen Indizien zu trennen und in detektivischer Arbeit das aufzuspüren, was das Immunsystem vollkommen Kopf stehen lässt. Wie aufwändig das sein kann, zeigt alleine die Zahl der bekannten Allergieauslöser, die der Deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB) auf rund 20.000 beziffert.

Vor dem Test kommen tausend Fragen

"Meine Arbeit beginnt mit dem Sammeln von Hintergrundwissen", so beschreibt Prof. Ludger Klimek, Leiter des Zentrums für Rhinologie und Allergologie in Wiesbaden, den mühsamen Weg auf der Suche nach der Lösung. Fragebögen helfen oft bei der Aufgabe alles Wissenswerte zum Auftreten der unangenehmen Erscheinungen in Erfahrung zu bringen. Wer das für sich selbst und den Arzt erleichtern möchte, der macht sich am besten im Vorfeld eines ersten Gesprächs schon einige Notizen dazu, wann die Beschwerden typischerweise auftreten, ob eher in Innenräumen oder draußen, welche Symptome es genau sind, wie sie sich entwickelt haben und wie heftig sie sind.

Karenzdiät — der Blick auf die Nahrungsmittel

"Um aus vielen unspezifischen Beschwerden einige zu isolieren, kann es vor einer genauen Testung sinnvoll sein, eine so genannte Karenzdiät zu machen", sagt Klimek. Diese gehört bei der Suche nach auslösenden Nahrungsmitteln ganz an den Anfang und macht Sinn, wenn Patienten selbst das Auftreten ihrer Symptome, deren Häufigkeit und einen Zusammenhang zu bestimmten Stoffen nicht herstellen können.

Das sind die Hauttests im Überblick

Dann kommen verschiedenste Hauttestverfahren zum Einsatz, dessen bekanntester der so genannte Pricktest ist. Bei ihm wird der Allergieauslöser meist in Tropfenform gelöst auf die Haut aufgebracht und mit einer Lanzette in die Haut gestochen. Ähnlich funktioniert der Scratchtest, bei dem die Haut über mehrere Millimeter oberflächlich eingeritzt wird, so dass das Allergen an dieser Stelle eintreten kann. Ergänzt werden diese Formen der Hauttestung häufig durch den Intrakutantest, bei dem der verdächtige Stoff mit einer feinen Nadel unter die Haut injiziert wird. Meist wird diese Testform zurückhaltend angewandt, weil die Reaktionen auf der Haut recht heftig ausfallen können. Alternativ wird manchmal durch einen Reibtest, bei der die vermuteten allergieauslösenden Stoffe pur auf der Innenseite des Unterarms eingerieben werden, die Allergie gefunden. Diese Form der Testung ist allerdings recht ungenau. Auch wenn sich keine Reaktion zeigt, kann eine Allergie nicht ausgeschlossen werden. All diese Verfahren dienen dazu so genannte Soforttypreaktionen ausfindig zu machen. Spätreaktionen wie sie zum Beispiel bei Duftstoffen auftreten können, kann man per Pflaster- oder Epikutantest untersuchen. Dabei werden verdünnte Testsubstanzen auf die Haut aufgebracht, mit einem Pflaster abgeklebt und nach zwei bis drei Tagen mögliche Reaktionen abgelesen.

Was das Blut über Allergien verrät

Ergänzend dazu geben Bluttests Aufschluss, die nach spezifischen Antikörpern, den Immunglobulinen der Gruppe E (IgE), fahnden. Diese Eiweiße bildet der Körper als Abwehrreaktion auf viele Allergene, die er für Angreifer hält. Im Blut misst das Labor zunächst ihre Gesamtkonzentration. Das allein aber reicht nicht aus, um eine Allergie nachzuweisen, denn diese Werte können auch durch einen Infekt oder die Einnahme bestimmter Medikamente erhöht sein. Aus diesem Grund ist es nötig, im Anschluss daran noch gezielt nach einzelnen Antikörpern zu suchen, die zu Antigenen passen, die unter Verdacht sind. In einigen Fällen werden Bluttests auch ohne Hauttestverfahren durchgeführt. In Zusammenhang mit komplementärmedizinischen Untersuchungen werden im Blut nicht nur nach IgE-Antikörpern gesucht, sondern auch nach so genannten IgG-Antikörpern. Der DAAB lehnt diese Untersuchung — ähnlich wie andere Allergieorganisationen — als nicht geeignet ab. Anders sehen das aber viele Komplementärmediziner wie Dr. Michael Blondin, der als Allgemein- und Umweltmediziner nicht nur mit schulmedizinischen, sondern auch mit Naturheilverfahren, Bioresonanz-Verfahren und anderen arbeitet. Der Grund, aus dem heraus er im Blut nach anderen Immunglobulinen suchen lässt: "Es gibt auch verzögerte Formen der Allergie, die sich dort ablesen lassen."

Ran an die Nase - der Provokationstest

Befördern Hauttests Ergebnisse zu Tage, können diese durch Provokationstests bestätigt werden. Sie stellen eine allergische Reaktion nach, "indem dem Betroffenen der Auslöser direkt auf das Organ gegeben wird, an dem die Symptome auftreten", erklärt Prof. Klimek. Liegt der Verdacht auf eine Birkenpollenallergie vor, werden die Allergene per Nasenspray direkt auf die Nasenschleimhaut gesprüht. Bei dem Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie isst der Patient unter ärztlicher Aufsicht vom verdächtigen Lebensmittel. Durchgeführt werden sollten sie immer beim Arzt, denn meist erfolgen darauf heftige Reaktionen, die im ungünstigen Fall einen Allergieschock hervorrufen. Dann besteht Lebensgefahr und es ist schnelles ärztliches Handeln gefragt.

Noch relativ neu: die Sekretanalyse

Seit einigen Jahren kommen neben diesen Möglichkeiten auch Spezialuntersuchungen wie Sekretanalysen zum Einsatz. "Es gibt Patienten, bei denen man die Allergien trotz aller anderen Verfahren nicht findet. In solchen Fällen kann uns eine Schleimhaut- oder Sekretanalyse Aufschlüsse geben", sagt der Allergologe aus Wiesbaden.

Auch wenn die Suche nach dem Allergen im Vordergrund zu stehen scheint, ist es den Schulmedizinern jedoch viel wichtiger zu entschlüsseln, welchen Stoff das Immunsystem erkennt und darauf überschießend reagiert, betont Klimek. Denn nicht jeder reagiert zum Beispiel gleich auf Birkenpollen. Kennt man den auslösenden Stoff ganz genau, kann man Rückschlüsse auf mögliche Kreuzallergien ziehen.

Bioresonanzverfahren und Co. als alternativer Weg

An vollkommen anderer Stelle setzen Methoden der Komplementärmedizin an. Die Suche nach Allergenen findet in der Komplementärmedizin mit anderen Methioden statt, wie zum Beispiel dem Bioresonanz-Verfahren. Bei ihm wird über Hautwiderstände getestet, welche Allergene Ärger machen. Sie können mit diesem Verfahren auch therapiert werden. Daneben kann auch die Chinesische Medizin Allergikern helfen.

Der große Unterschied zur schulmedizinischen Diagnostik besteht in der Sicht auf das Problem: Die Komplementärmedizin versucht in der Regel nicht ein auslösendes Allergen zu finden, sondern sucht die auslösenden Faktoren der Überreaktion des Immunsystems. "Auslöser einer solchen Schieflage kann zum Beispiel ein chronisches Entzündungsgeschehen im Körper — wie ein entzündeter Zahn sein", sagt Allgemein- und Komplementärmediziner Blondin. Auch eine gestörte Darmflora oder Amalgamfüllungen können diesem Ansatz nach zu allergischen Beschwerden führen.

Ein gesundes Immunsystem hingegen komme mit Allergenen zurecht. Die alternativen Heilmethoden setzen darauf, die Überreaktion zu beseitigen. Zum Einsatz kommen dabei neben Bioresonanz-Verfahren auch mikrobiologische Therapien, Eigenblutverfahren und die Homöopathie.

"Für mich ist in erster Linie nicht ausschlaggebend, was zur überschießenden Immunreaktion führt. Mir geht es darum, das gestörte Millieu im Menschen zu finden, das diese Reaktion versursacht. Da ist zunächst nicht entscheidend, ob eine Pollenart oder ein Toerhaar dahinter steckt", sagt Dr. Blondin. Ausnahmen allerdings bilden schwere allergische Reaktionen wie zum Beispiel die auf Bienen- oder Wespenstiche oder auf Nüsse. In solchen Fällen zögert der Mediziner nicht, mit klassisch schulmedizinischen Therapien Soforthilfe zu leisten.

Ähnlich sieht das Allgemeinmediziner Dr. Wolfgang Sorgenicht. Auch er setzt in seiner Wülfrather Praxis nicht nur auf Naturheilverfahren, sondern auch auf Akupunktur und Bioresonanz-Therapie. Zu ihm kommen Patienten, die in der Schulmedizin nicht weitergekommen sind und aus dieser Erfahrung heraus andere Möglichkeiten suchen. "Ich selbst musste vor 35 Jahren wegen allergischer Reaktionen beinahe meine Praxis schließen. In dieser Zeit bin ich mit den komplementärmedizinischen Möglichkeiten in Kontakt gekommen", sagt er.

Kritiker sehen Wirksamkeit nicht bestätigt

Ähnlich wie sein Kollege Blondin in Neukirchen-Vluyn sieht er diese Optionen als zusätzliche Bereicherung neben der Schulmedizin. Kritiker zweifeln aufgrund eigener Studien die Wirksamkeit der alternativen Heilmethoden an. So zum Beispiel die Arbeitsgruppe Komplementärmedizin der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie, die verschiedene Methoden — darunter Akkupunktur, Elektroakkupunktur, Eigenblutbehandlung, Kinesiologie, TCM und Bioresonanz — in einer wissenschaftlichen Studie bewerten. Sie kommen zu dem Schluss: "Alternative Heilmethoden sind keine wirkliche Alternative. Sie können die klassische Therapie nicht ersetzen".

Allergien heilen heißt das Immunsystem heilen

Während sie eine Hyposensibilisierung aus "Allergie-Impfung" empfehlen, gehen Komplementärmediziner auf die Suche nach Problemen im "darmassoziierten Immunsystem, das 60 bis 80 Prozent der Gesamtimmunleistung des Körpers übernimmt", so Dr. Wolfgang Sorgenicht. Darauf fußt die Überzeugung, dass Maßnahmen wie eine Darmsanierung, bei der der Wiederaufbau einer gesunden Darmflora im Visier steht, helfen können, das Immunsystem wieder in die Waage zu bringen und so auch Allergien einen Riegel vorzuschieben.

(wat)
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