Kassenverband kritisiert scharf HNO-Ärzte wollen bundesweit Mandel-OPs bei Kindern aussetzen

Neumünster · Der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte hat seine Mitglieder aufgefordert, ab sofort bundesweit keine neuen Termine für Mandeloperationen bei Kindern zu vergeben. Sie begründeten dies mit einer Kürzung der Erstattungsbeträge zu Jahresbeginn. Der Kassenverband kritisiert das Vorgehen scharf.

 Eine Person misst Fieber bei einem Kleinkind (Symbolbild). Eine akute Mandelentzündung beginnt meist plötzlich mit Fieber.

Eine Person misst Fieber bei einem Kleinkind (Symbolbild). Eine akute Mandelentzündung beginnt meist plötzlich mit Fieber.

Foto: dpa-tmn/Andrea Warnecke

Der Berufsverband der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte fordert eine bessere Bezahlung von Mandel- und Mittelohroperationen bei Kindern. Durch eine Absenkung der Vergütung für diese Operationen zu Beginn des Jahres müssten Ärztinnen und Ärzte bei jedem Eingriff draufzahlen, sagte der Präsident des Berufsverbands, Jan Löhler, am Montag im schleswig-holsteinischen Neumünster.

Zugleich sei die Nachfrage für Standardeingriffe wie eine Entfernung der Polypen oder der Mandeln oder für das Einlegen eines Röhrchens ins Mittelohr hoch, sagte Löhler. Die Wartezeit für diese Operationen betrage derzeit vier bis fünf Monate.

Wenn das ambulante Operieren nicht schnell deutlich aufgewertet werde, würden Kinder nicht mehr die benötigte Versorgung erhalten. Dann drohten ihnen langfristige Entwicklungsstörungen.

Kassenverband kritisiert die HNO-Verbände scharf

Der Kassenverband hat den Aufruf von HNO-Verbänden, Mandeloperationen bis zu einer besseren Bezahlung auszusetzen, scharf kritisiert. „Es ist empörend, wie schamlos einige Ärzteverbände versuchen, immer mehr Geld aus den Taschen der Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung herauszuholen und nicht einmal vor Drohungen gegen die Gesundheit von Kindern halt machen“, erklärte der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Er warf den Medizinerverbänden „maßloses und unethisches Handeln“ vor und forderte die Politik zum Einschreiten auf. Zugleich sei es gesetzliche Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen, die ambulante ärztliche Versorgung sicherzustellen. Dazu gehöre auch, gegen Verletzungen des Sicherstellungsauftrags einzuschreiten, erklärte der GKV-Verband.

Der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte und die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie hatten HNO-Ärzte aufgefordert, ab sofort bundesweit keine neuen Termine für Mandeloperationen bei Kindern zu vergeben. Sie begründeten dies mit einer Kürzung der Erstattungsbeträge zu Jahresbeginn und damit, dass die Eingriffe für die Ärzte nicht mehr wirtschaftlich seien.

Konkret geht es vor allem um die sogenannte Adenotomie mit Paukenröhrchen, bei der die Rachenmandeln oder umgangssprachlich Polypen entfernt und die Belüftung des Mittelohrs verbessert werden, sowie um die Tonsillotomie, die operative Teilentfernung der Gaumenmandel. Beide Eingriffe werden in der Regel bei Kindern zwischen dem zweiten und achten Lebensjahr vorgenommen.

Dem Kassenverband zufolge gab es im Zuge der mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Ende 2022 vorgenommenen Neukalkulation von ambulanten Operationen eine Verschiebung der Vergütungsanteile. Bei größeren ambulanten Operationen werde nun mehr Aufwand veranschlagt, für kleinere Operationen, wie zum Beispiel der Adenotomie, werde etwas weniger Aufwand berücksichtigt. Bei der Adenotomie habe sich die Vergütung um vier Euro verringert, während die die Vergütung beispielsweise der plastischen Korrektur der Nasenscheidewand um mehr als 40 Euro erhöht habe.

„Wer wegen vier Euro mehr oder weniger Honorar für eine Operation offen dazu auffordert, kranke Kinder nicht zu behandeln, stellt offenkundig Geld über Gesundheit“, kritisierte der GKV-Verband.

(aku/ epd/AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort