Sprechstunde Walter Frasch Magensäure nicht leichtfertig hemmen

In der gastroenterologischen Praxis wird über Sinn und Unsinn mancher Medikamente diskutiert.

Unser Leser Ulrich K. (52) aus Wachtendonk schreibt: "Ich bin oft heiser und habe ein komisches Gefühl im Hals. Jetzt hat mir jemand erzählt, dass dies womöglich durch Magensäure verursacht sein könnte."

walter frasch Heiserkeit, Räusperzwang und ein Kloßgefühl im Hals sind häufig Beschwerden, die einen Patienten zum Hals-Nasen- Ohren-Arzt führen. Dieser wird zuerst durch sorgfältige Untersuchung des Kehlkopfes bösartige Ursachen ausschließen. Manchmal fällt ihm dabei eine Verdickung der hinteren Wand des Kehlkopfes auf , welche als "Laryngitis posterior" beschrieben wird, was aber nichts über die Ursache aussagt. Da es Vermutungen gibt, dass aus dem Magen über die Speiseröhre nach oben steigende Säure (Säure-Reflux) diese Probleme verursacht, werden die Patienten häufig zur weiteren Untersuchung zum Gastroenterologen geschickt – oder es wird ohne weitere Abklärung eine hochdosierte medikamentöse Behandlung zur Hemmung der Magensäure mittels sogenannter Protonenpumpenhemmer (etwa Omeprazol, Pantoprazol, Rabeprazol) über drei Monate eingeleitet. Ist das sinnvoll und gerechtfertigt? Wenn ein Patient die Frage nach häufigem Sodbrennen verneint, ist ein Zusammenhang zwischen Magensäure und einer Kehlkopfentzündung äußerst unwahrscheinlich und eine weitere Diagnostik hierzu nicht erforderlich. Da jedoch bis zu 20 Prozent der Bevölkerung über gelegentliches Sodbrennen klagen, ist es verlockend, hier einen Zusammenhang herzustellen und eine entsprechende Behandlung einzuleiten. Allerdings konnte bislang keine einzige Studie eine überzeugende Symptombesserung der Halsbeschwerden durch eine Säurehemmung nachweisen. Da man überdies zwischenzeitlich festgestellt hat, dass eine längere Blockade der Magensäure nach dem Absetzen zu einer überschießenden Säureproduktion mit vermehrtem Sodbrennen und Oberbauchbeschwerden führen kann, kann eine ungezielte Behandlung sogar schaden. Deshalb sollte man nur dann, wenn eine gastroenterologische Untersuchung einen schwergradigeren Reflux zeigt, eine Behandlung mit einem hochdosierten Säurehemmer, am besten morgens auf nüchternen Magen, beginnen. Werden die Beschwerden darunter nicht besser, kann das Medikament zweimal täglich genommen oder auch mal auf eine andere Substanz gewechselt werden. Die Wirksamkeit der Substanzen ist nämlich nicht bei jedem Menschen dieselbe. Eine weitere Dosissteigerung bringt keinen zusätzlichen Effekt, und man sollte dann auch nochmals die Diagnose überdenken.

Walter Frasch ist Gastroenterologe in Viersen.

(RP)