RP-Sprechstunde Forstwirt mit Problemen

Düsseldorf · Das Karpaltunnelsyndrom zählt zu den häufigen Fällen in der handchirurgischen Praxis. Manchmal ist es sogar eine Berufskrankheit.

  Unser Autor  Ulrich Waltking ist Handchirurg in Düsseldorf.

Unser Autor Ulrich Waltking ist Handchirurg in Düsseldorf.

Foto: privat/Privat

Unser Leser Hans-Peter A. (39) aus Dinslaken fragt: „Ich verspüre seit Monaten ein wechselnd starkes Kribbeln in beiden Händen, vor allem rechts. Nachts sind die Hände dann auch manchmal richtig taub. Der Neurologe hat mit einer Messung nun ein Karpaltunnelsyndrom festgestellt. Er sagte auch, dass das bei einem Mann in meinem Alter nicht typisch sei. Ich arbeite seit 15 Jahren als Forstwirt und habe viel mit dem Fällen von Bäumen und dem Entasten der Stämme zu tun. Besteht da vielleicht ein Zusammenhang?“

Ulrich Waltking Das Krankheitsbild des Karpaltunnelsyndromes beschreibt eine Einschnürung des Mittelnerven in Höhe des Handwurzelkanales. Als Folge dieser Einengung kommt es zu Kribbelmissempfindungen und Taubheitsgefühlen an der Hand, betroffen sind der erste bis dritte Finger sowie halbseitig der vierte Finger. In fortgeschrittenen Fällen kommt es auch zur Lähmung von Teilen der Daumenballenmuskulatur mit der Unfähigkeit, den Daumen zum kleinen Finger zu führen (Opposition).

Den Raum im Handwurzelkanal muss sich der Mittelnerv mit neun Sehnen und den zugehörigen Sehnenscheiden teilen, die von der Beugemuskulatur am Unterarm zu den Gelenken der Finger reichen. Kommt es nun zu einer Einengung, wird das weiche Gewebe des Nerven als erstes geschädigt.

Ihr Neurologe hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Sie nicht zur typischen Patientengruppe gehören. In der überwiegenden Zahl der Fälle leiden Frauen mit Beginn der Wechseljahre unter dieser Erkrankung. Das hängt auch mit hormonell bedingten Umbauvorgängen des Bindegewebes des queren Handwurzelbandes zusammen, das den Karpaltunnel verschließt.

Eine zweite Ursache für den Platzmangel im Karpaltunnel stellt eine Verdickung der Sehnenscheiden dar. Und hier kommt Ihre völlig berechtigte Überlegung ins Spiel. Diese chronische Verdickung der Sehnenscheiden kann Folge einer unphysiologischen beruflichen Belastung sein, zum Beispiel in Form einer bestimmten Schwingungsbelastung des Hand-Arm-Systems durch den langjährigen Gebrauch vibrierender Handmaschinen, einen erhöhten Kraftaufwand oder eine langjährige ständig wiederkehrende Streck- und Beugebelastung des Handgelenkes. Diese Einwirkungen können einzeln oder zusammen zu einer erheblichen Verdickung der Sehnenscheiden führen. Diese sollte spätestens während einer Operation festgestellt und sehr genau dokumentiert werden.

Seit einigen Jahren ist das Karpaltunnelsyndrom mit der Nummer 2113 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung als Berufskrankheit gelistet. Unabhängig von den ohne Zweifel bei Ihnen vorrangigen therapeutischen Maßnahmen empfehle ich, zum Beispiel mithilfe von Hausarzt oder Krankenkasse einen Antrag bei der zuständigen Berufsgenossenschaft oder gesetzlichen Unfallversicherung zu stellen. Von dort eingeleitete technische Ermittlungen können zusammen mit der Auswertung der medizinischen Befunde zu einer Anerkenntnis Ihres Leidens als Berufskrankheit führen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort