Infektionsschutz per Maske Auch über die Nase!

Düsseldorf · Die Maskenpflicht irritiert einige Menschen, weil sie vom Nutzen nicht überzeugt sind. Dabei ist die Datenlage unstrittig. Eine gute Maske ist besser als eine schlechte, doch jede Maske ist besser als keine. Wichtig ist es, den Mund-Nasen-Schutz richtig zu tragen.

 Nicht alle Menschen tragen derzeit ihren Mund-Nasen-Schutz korrekt.

Nicht alle Menschen tragen derzeit ihren Mund-Nasen-Schutz korrekt.

Foto: imago images/Future Image/Christoph Hardt/imago images

Gleich zwei Ärzte-Präsidenten (von Bundesärztekammer und Weltärztebund) rudern zurück. Das ist in diesen Zeiten keine Peinlichkeit, sondern Zeichen flexiblen Reagierens: Die Daten- und Erkenntnislage ändert sich ja wöchentlich, auch bei den Masken. Anfangs hieß es, sie böten allenfalls marginalen Schutz, sie seien zu löchrig, sie würden sowieso nur von wenigen richtig getragen. Mittlerweile gibt es mehrere Studien, die zweifelsfrei nachweisen: Eine gute Maske ist besser als eine schlechte, doch jede Maske ist besser als keine. Denn: Ein Mund-Nasen-Schutz reduziert die Zahl der Viren, die durch Tröpfchen und Aerosole in die Welt gehustet und geatmet werden. Und er reduziert auch die Zahl der Viren, die man selbst abbekommen kann. Am besten sind FFP2-Masken und medizinische Masken, die allerdings die Leistungsfähigkeit der Träger etwa bei Belastung einschränken. Die müssen häufiger Pausen machen.

Zurückgerudert ist Ärzte-Präsident Klaus Reinhardt, der bei Markus Lanz erst vom „Vermummungsgebot“ sprach, eine etwas ungeschickte Formulierung, die er auf Nachfrage präzisierte. Mittlerweile haben er und weitere Kollegen aus dem Vorstand der Bundesärztekammer ein öffentliches Statement abgegeben, das an Eindeutigkeit vor allem beim Mund-Nasen-Schutz nichts zu wünschen übrig lässt. Er lautet: „Für Menschen mit erhöhtem Risiko kann das Tragen einer FFP2-Schutzmaske sehr sinnvoll sein. Wir plädieren deshalb dafür, Risikopatienten FFP2-Masken zur Verfügung zu stellen. Für alle anderen Menschen gilt, dass in allen Situationen, in denen kein ausreichender Abstand gewahrt werden kann, zum Beispiel in geschlossenen Räumen oder im Öffentlichen Nahverkehr, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sinnvoll ist. Dieser ist zwar kein sicherer Schutz vor einer eigenen Infektion, hilft aber, durch eine mechanische Reduktion der Aerosol-Verbreitung andere zu schützen. Im Übrigen gilt es, die Dinge zu tun, von denen wir wissen, dass sie helfen: Abstand halten, Lüften, Händewaschen und Menschenansammlungen meiden.“ SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatte von Reinhardt für das Wort „Vermummungsgebot“ eine Entschuldigung gefordert.

Auch Frank Ulrich Montgomery, der Präsident des Weltärztebundes, hat sich korrigiert. Noch vor Monaten hatte er es abgelehnt, einen Mund-Nasen-Schutz gegen Corona-Infektionen vorzuschreiben. Das sieht er heute anders. Im Interview mit unserer Zeitung sagte er dieser Tage auf die Frage, ob er eine Maskenpflicht für wichtig halte: „Ja, aber die sollte nur für Orte gelten, an denen Abstände nicht eingehalten werden können. Im Wald in Mecklenburg-Vorpommern muss man keine Maske tragen, in belebten Einkaufsstraßen schon.“

Dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutz rein rechnerisch enorme Effekte bewirkt, zeigt eine Studie der Texas University. Autor Renyi Zhan hat die Zahlen aus Italien und den USA nachgerechnet: „In Italien wurde die Masken-Empfehlung erst am 6. April nach 28 Tagen Lockdown ausgesprochen, in New York am 17. April nach 32 Tagen Lockdown. In den meisten anderen Städten und Staaten der USA folgte die Empfehlung zum Mund-Nasen-Schutz erst später, wenn überhaupt. Wir können nun nachweisen, dass sich die Kurven in Italien und in New York deutlich abgeflacht haben, seitdem ein Mund-Nasen-Schutz vorgeschrieben ist.“

Ähnliche Effekte in Deutschland: Hier konnten steigende Corona-Infektionszahlen und eine Übersterblichkeit durch strenge Maßnahmen vermieden werden. Dazu zählt auch das Tragen von Mund-Nasen-Schutz in kritischen Situationen, wenn Abstand nicht gewahrt werden kann. Wer das Virus für wenig gefährlich hält und zur Begründung darauf hinweist, dass Deutschland im Frühjahr vergleichsweise gut durch die Zeit gekommen sei, der verkennt, dass dies ja gerade das Ergebnis strenger Maßnahmen war, mitnichten ein Beweis für die angebliche Harmlosigkeit des Sars-CoV-2-Virus.

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Zugleich sollte jedermann wissen, dass ein Mund-Nasen-Schutz nur sinnvoll ist, wenn er richtig getragen wird: eng anliegend und möglichst sauber (also regelmäßig bei mindestens 60 Grad gewaschen, wenn er aus Stoff ist). Vor allem muss er die Nase möglichst hoch bedecken. Wer sie nur über die Nasenspitze zieht oder die Nase gänzlich unbedeckt lässt, mindert die Wirkung enorm. Und wer sie die ganze Zeit am Kinn trägt und nur bei Bedarf hochzieht, bei dem leiern die Tragebänder aus, und die Maske sitzt labberig. Die Folge: Aerosole können seitlich an der Maske aus- und einströmen.

Warum es so wichtig ist, dass die Maske hoch über die Nase gezogen wird, erklärt Jörg Schipper. Der HNO-Professor am Universitätsklinikum Düsseldorf sagt: „Bei Belastung atmen wir vor allem durch den Mund, etwa beim Joggen. Draußen in der Natur ist die Ansteckungsgefahr aber verschwindend gering. Wer sich jedoch in Ruhe in einem Raum befindet, der atmet vor allem durch die Nase – und kann durch sie auch Viren verbreiten und empfangen.“ Schipper hält es für wichtig, dass man häufiger vom Mund-Nasen-Schutz spricht, „nur so begreifen die Menschen, dass beide Partien zu bedecken sind“.

Die Nase ist ja keine Kleinigkeit im Infektionsgeschehen, im Gegenteil: „Der Nasen-Rachenraum ist das Hauptreservoir für das Coronavirus“, erklärt Schipper. „Hier sitzen sehr viele der sogenannten ACE2-Rezeptoren, die das Virus zum Eindringen in die menschlichen Zellen nutzt.“ Deshalb sei es laut Schipper auch so wichtig, dass beim Abstrich im Rahmen des Corona-Tests das Wattestäbchen wirklich bis hoch in die Nase vordringt, „nicht nur so ein bisschen“. Das könne ein wenig unangenehm sein, erhöhe aber die Sicherheit, dass beim Abstrich wirklich alle Bereiche des Nasen-Rachenraums erreicht werden. „Natürlich sind die Mitarbeiter in den Abstrichzentren unter enormem Zeitdruck. Trotzdem ist die Gründlichkeit bei der Prozedur wirklich zwingend erforderlich.“ Schipper weiß, dass in manchen Abstrichzentren auch nur im Mund-Rachenraum oder nur am vorderen Naseneingang Proben entnommen werden, „aber das ist nun wirklich sinnlos. Dann kann man es auch bleiben lassen.“

Schipper berichtet auch von einem Mund-Nasen-Schutz, in den kupferhaltige Mikrofasern eingearbeitet sind. Diese können zwar etwas teurer sein, seien aber aber durch das elektrisch positiv geladene Kupfer in der Lage, die negativ geladenen Coronaviren effektiver einfangen als manche herkömmliche Maske. Zwei Studien bewiesen das, sagt er. Die sogenannten „smarten“ Masken sind auch waschbar, allerdings in der Regel nur bis 30 Grad.

Starke Vorbehalte hat Schipper gegenüber Menschen, die beim korrekten Tragen des Mund-Nasen-Schutzes nachlässig sind. „Ich finde das rücksichtslos, und ich verstehe auch, dass manche Leute darauf irritiert oder auch aggressiv reagieren. Es ist eine Sache des sozialen Miteinanders, dass wir hier gegenseitig aufeinander achtgeben.“ Ebenso ärgert ihn, wenn jemand seinen Mund-Nasen-Schutz einfach auf dem Gehweg entsorgt: „Dafür fehlt mir jedes Verständnis.“

Eine hochwertige Maske hat allerdings den Nachteil, dass der Träger bei starker körperlicher Belastung weniger leistungsfähig ist. Das hat eine aktuelle Studie des Universitätsklinikums Leipzig ergeben. Dort wurden die Vitalparameter gesunder Probanden beim Trampeln auf dem Fahrrad-Ergometer gemessen. Kardiologie-Klinikdirektor Ulrich Laufs sagt: „Die Daten zeigen, dass die sogenannte kardiopulmonale Leistungsfähigkeit durch chirurgische Masken und FFP2-Masken reduziert wird. Die Masken beeinträchtigten die Atmung, vor allem das Volumen und die höchstmögliche Geschwindigkeit der Luft beim Ausatmen. Die maximal mögliche Kraft auf dem Fahrrad-Ergometer war deutlich reduziert. Und im Stoffwechsel wurde eine schnellere Ansäuerung des Blutes bei Anstrengung registriert.“

„Die Ergebnisse bestätigen das subjektive Gefühl vieler Menschen“, erklärt Professor Laufs. Doch was heißt das für die Arbeitswelt? „Da stellt sich schon die Frage, ob Menschen, die mit Maske körperlich anstrengende Arbeit leisten, öfter Pausen machen müssten.“ Keinesfalls dürfe aber die Studie für eine Kritik an der Maskenpflicht missbraucht werden, betont Laufs, denn der Mund-Nasen-Schutz sei wertvoll, um die Ausbreitung der Corona-Pandemie zu verhindern oder zu verlangsamen.

Übrigens nicht nur das. Als in Deutschland im Frühjahr die Masken und die Abstandsregeln verpflichtend wurden, endete auch die Influenza-Welle sofort.

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