Candida auris auf dem Vormarsch Was den Hefepilz so bedrohlich macht

Düsseldorf · Der Hefepilz Candida auris ist weltweit auf dem Vormarsch. Gesundheitsbehörden stufen den Keim als „dringliche Bedrohung“ ein. Er gilt als widerstandsfähig gegen Medikamente und kann in Kliniken leicht von Patient zu Patient wandern. Wie Experten die Lage einschätzen.

Der Hefepilz Candida auris in einer Petrischale, aufgenommen in einem Labor der Universität in Würzburg.

Der Hefepilz Candida auris in einer Petrischale, aufgenommen in einem Labor der Universität in Würzburg.

Foto: dpa/Nicolas Armer

Was ist Candida auris

Candida auris gehört zu den Hefepilzen der Gattung Candida. Im Jahr 2009 wurde die Art erstmals aus dem Gehörgang eines Patienten isoliert. Daher leitet sich auch der Art-Name auris ab (aus dem Lateinischen: Ohr). Seitdem hat sich der Pilz auf der ganzen Welt verbreitet. Vor allem in den USA stiegen die Fallzahlen zuletzt deutlich an. Aber auch in Europa beobachtete das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) vermehrt Ausbrüche, etwa in England, Spanien und Italien.

Warum beobachten Experten diesen Hefepilz so genau?

Weil Candida auris mehrere Eigenschaften hat, die aus medizinischer Sicht beunruhigend sind: Er wird zwar ausschließlich über direkten Kontakt übertragen, also nicht über die Atemluft. Was zunächst erfreulich klingt, kann besonders in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen schlimme Folgen haben. Denn dort kann Candida auris von Patient zu Patient wandern und dann sogenannte nosokomiale Infektionen verursachen. Dies kann auch über Schmierinfektionen erfolgen, also etwa über kontaminierte Oberflächen medizinischer Apparate. Zweite unschöne Eigenschaft von Candida auris ist die ausgeprägte Resistenz gegenüber gängigen Pilzarzneien (Antimykotika). Gegen das übliche Fluconazol etwa sprechen die Mehrheit der C.-auris-Stämme nicht mehr an. Außerdem haben Experten in den USA beobachtet, dass C. auris offenbar relativ zügig auch neue Resistenzen gegen weitere Arzneien entwickeln kann. Das Portal aerzteblatt.de berichtete vor Jahren außerdem über erhöhte Resistenzen gegenüber Desinfektionsmitteln.

Sechs Fragen zur Hefepilzinfektion
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Foto: Shutterstock/ Sebastian Kaulitzki

Wo liegt das Gefahrenpotenzial?

Die Fähigkeit von Candida auris, bei Klinikausbrüchen von Patient zu Patient zu springen, ist ein Alleinstellungsmerkmal unter den krankmachenden (pathogenen) Candida-Arten. Deshalb und wegen der ausgeprägten Fähigkeit der Resistenzbildung gegenüber Antimykotika hat die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control) C. auris als „dringliche Bedrohung“ eingestuft. Dies ist innerhalb der multiresistenten Krankheitserreger die höchste Priorisierungskategorie.

Ähnlich bewertet die Weltgesundheitsorganisation WHO den Hefepilz: In einer 2023 veröffentlichten Liste zur Priorisierung von Pilzen, die Infektionen des Menschen verursachen, stuft die Behörde C. auris in die höchste Prioritätsstufe ein – als einen von nur vier Erregern. Dennoch gilt die Ansteckungsgefahr für gesunde Menschen mit intakter Immunabwehr als nicht extrem hoch. Oftmals merken sie von einem Befall gar nichts. Der Pilz siedelt in Hautfalten und an warmen Körperstellen – bei einer schnellen Umarmung ist er nicht ohne weiteres übertragbar. Für Menschen mit geschwächter Immunabwehr, etwa Intensivpatienten oder frisch Operierte, kann er aber zur ernsthaften Bedrohung werden. Zum Beispiel dann, wenn der Keim in die Blutbahn gelangt und eine Sepsis hervorruft oder sich in frisch operierten Gelenkprothesen einnistet.

Wie ist die Situation in Deutschland?

Bisher gibt es in Deutschland nur Einzelfälle von C.-auris-Infektionen, aber: Das Leibniz-Institut berichtet in einer Mitteilung über zuletzt steigende Infektionszahlen auch in Deutschland. Die Einrichtung beruft sich dabei auf die Studie eines Forschungsteams aus Würzburg, Jena und Berlin, die das Ärzteblatt veröffentlichte. Die Wissenschaftler glichen für ihre Analysen Daten aus zwei Datenbanken ab und kamen zu dem Ergebnis, dass die Fallzahlen seit 2020 deutlich gestiegen sind. Daher raten die Experten auch hierzulande zu Vorsichtsmaßnahmen.

Was raten Experten zur Vorbeugung?

Auch wenn in Deutschland aktuell die Zahlen noch niedrig seien, gehen die Forscher von einer gewissen „Untererfassung“ der Candida-auris-Vorkommen aus. „Der deutliche Anstieg an Infektionsnachweisen während der vergangenen zwei Jahre und der Nachweis erster Übertragungsereignisse in Deutschland sollten ihrer Ansicht nach jedoch als Alarmsignal gewertet werden“, steht in der Mitteilung des Leibniz-Institutes. Demnach empfehlen die Experten dringend Präventionsmaßnahmen wie strenge Hygiene in Klinik- und Pflegeeinrichtungen. Infizierte Patienten seien gegebenenfalls zu isolieren. Und auch hier gilt wie für jeden Keim: Regelmäßiges Händewaschen ist eine der effektivsten Schutzmaßnahmen vor Infektionen.

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