Sprechstunde mit Dr. Jürgen Vieten Hängen Herzprobleme und Depressionen zusammen?

Unser Leser Heinz J. (64) aus Goch fragt: "Ich bin nach einem Herzinfarkt depressiv geworden. Mein Hausarzt meint, damit stehe ich nicht alleine. Stimmt das?"

Fragebogen: Leiden Sie an Depressionen?
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Foto: Shutterstock/Themalni

Jürgen Vieten Depression ist eine Hirnerkrankung, die Stimmung, Antrieb, Energie, Schlafrhythmus angreift. Nun erkennt man auch körperliche Zusammenhänge. So treten nach Herzinfarkten, bei Übergewicht, nach Schlaganfällen oder bei Diabetes deutlich häufiger Depressionen auf. Wir überleben solche Krankheiten heute öfter und länger. Das erklärt auch die Zunahme von Depressionen. Als Ursachen fand man bisher heraus, dass das Herz Depressiver seine Schlagzahl schlechter regulieren kann. Außerdem bewegen sie sich weniger, rauchen aber oft mehr. Zwischen Übergewicht und Depression bestehen ähnliche Zusammenhänge.

Die Stressregulation ist zu Beginn und während einer Depression gestört, das Stresshormon Cortisol oft erhöht und fehlgesteuert. Dies führt zu Fettablagerungen. Umgekehrt ist eine vermehrte Fettbildung (Bauchfett) depressionsfördernd. Die "Transfette" finden sich etwa in Hamburgern, Pommes oder jenen Riegeln, die gern bei Stress verzehrt werden. Das bedeutet, dass Übergewichtige häufiger Depressionen bekommen und Depressive durch Gewichtszunahme länger depressiv bleiben. Aus Tierversuchen und eigener Erfahrung weiß man, dass man mehr Kohlehydrate verzehrt, wenn man dauernd gestresst ist. Psychiater wissen, dass es während einer Depression sowohl zu einer Fettzunahme um das Herz wie um die Nebenniere kommt, die das Stresshormon Cortisol ins Blut abgibt.

Die Zusammenhänge zwischen Übergewicht, Herzerkrankung und Depression werden klarer. Wie sollten Arzt und Patient damit umgehen? Antidepressiva sollten bei Herzkranken zwar frühzeitig gegeben werden, aber selbst nicht das Herz belasten. Falls doch, dann muss der Psychiater eng mit dem Internisten zusammenarbeiten. Zusätzliche Psychotherapien sind bei Herzkranken nicht so erfolgreich wie bei Herzgesunden. Besteht Übergewicht, befindet man sich in einem therapeutischen Dilemma. Zum einen führt eine gewichtsreduzierende Ernährung nur kurz zur Besserung, schnell fühlt sich ein Depressiver schlechter. Zum anderen braucht jeder zum Abnehmen Energie, die der Depressive nicht hat. Abnehmversuche scheitern meist.

Dann fühlt er sich mehr als Versager. Also sollte man besser die Gewichtsprobleme erst nach der Depression angehen. Sollte die Disziplin nicht reichen, sollte man einen Psychologen hinzuziehen. Denn ein gesundes Gewicht, gesunde Ernährung mit wenig "Transfetten" und regelmäßiger Sport schützen vor Herzkrankheiten und der nächsten Depression.

(RP)
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