Graue Haare Wenn die Pigmente weniger werden

Irgendwann ist eins da: ein weißes Haar. Und mit der Zeit werden es mehr. Warum wir ergrauen, mit welchen Mitteln wir uns gegen das Grau wehren können und welche Mythen sich um graue Haare ranken.

Graue Haare: 10 Fakten - das sollten Sie wissen
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10 Fakten zu grauen Haaren

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Früher oder später trifft es jeden – die ersten weißen Haare sprießen an den Schläfen und schon bald sorgt die Mischung aus pigmentierten und farblosen Strähnen für einen grauen Schopf. Mediziner sprechen bei diesem genetisch bedingten Prozess von Canities. Doch was genau ist die Ursache für graue Haare und was können wir dagegen tun?

Wie entstehen graue Haare?

Ob blond, braun, rot oder schwarz – die natürliche Haarfarbe des Menschen hängt von den Farbpigmenten ab, die in der Faserschicht der Haare enthalten sind. Hierbei handelt es sich um zwei verschiedene Arten von Melanin, die von den sogenannten Melanozyten in der Haarwurzel produziert werden. Diese Zellen wandeln körpereigene Aminosäuren in die unterschiedlichen Formen des Pigments um, die dann wiederum Farbe ins menschliche Haar bringen.

Es gibt zwei Formen dieses Melanins. „Bei den dunkelbraunen, fast schwarzen Pigmenten spricht man von Eumelanin“, erklärt Antonio Weinitschke, Art Director des Zentralverbands des Deutschen Friseurhandwerks. „Das Vorkommen dieses Pigments entscheidet darüber, wie dunkel das Haar wird.“ Braunes und schwarzes Haupthaar enthält dementsprechend besonders viel dieser farbgebenden Substanz. Die gelb-roten Pigmente hingegen bezeichnet man als Phäomelanin. „Je mehr dieser Pigmente vorliegen, desto rötlicher beziehungsweise heller ist die natürliche Haarfarbe“, betont Weinitschke, der seit vielen Jahren einen Salon in Aachen betreibt und gleichzeitig Obermeister der örtlichen Innung ist. „Die Mischung der beiden Pigmentarten bestimmt letztendlich die persönliche Haarfarbe und die Helligkeit sowie die Farbtiefe.“ Durch unterschiedliche Anteile an Eumelanin und Phäomelanin entstehen die klassischen Farbvariationen und Schattierungen wie beispielsweise dunkelblond, rotbraun oder brünett.

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Mit zunehmendem Alter stellen die Melanozyten in der Haarwurzel nach und nach die Produktion des Pigments Melanin ein. Ein Grund dafür ist, dass der Körper keine ausreichenden Mengen der Aminosäure Tyrosin mehr produziert, die für die Melaninbildung notwendig ist. Dann wird der fehlende Farbstoff durch Luftbläschen im Haarschaft ersetzt. „Das einzelne Haar hat so keine natürlichen Pigmente mehr und ist damit weiß“, erklärt Antonio Weinitschke. „Der Eindruck, dass ein Mensch graue Haare hat, entsteht schließlich aus der Mischung aus der natürlichen Haarfarbe und dem weißen Haar.“ Genau genommen gibt es daher keine grauen Haare, sondern nur Unpigmentierte.

Dieser Prozess läuft nicht bei allen Haaren gleichzeitig ab, vielmehr sind zunächst nur vereinzelte Haarschafte betroffen. Bei den meisten Menschen beginnt das Ergrauen an den Schläfen, da die Haare hier einen kürzeren Lebenszyklus haben und schneller ausfallen als andere. Beim Mann ergrauen daher auch die Barthaare als erstes.

Was kann man gegen graue Haare tun?

Wer bei sich erste, weiße Härchen entdeckt, zupft sie oftmals heraus. Doch im Laufe der Zeit wachsen immer mehr Haare ohne Farbpigmente nach und das Ausreißen ist keine Lösung. Es schädigt zudem auf Dauer die Haarwurzeln, was dazu führen kann, dass neue Haare drahtig sprießen oder gar nichts mehr nachwächst. Wer sich mit dem grauen Farbton nicht anfreunden kann, findet Hilfe beim Friseur. „Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ergraute Haare mit künstlichen Farbpigmenten zu versorgen. Bei den ersten grauen Haaren empfiehlt es sich, mit Tönungen das weiße Haar abzudecken“, rät Antonio Weinitschke. „Diese haben keine lange Haltbarkeit und waschen sich von daher nach etwa zwei bis fünf Haarwäschen schon wieder raus.“ Etwas länger halten sogenannte Intensivtönungen. Im Gegensatz zur einfachen Tönung enthalten sie auch Wasserstoffperoxid und weitere chemische Stoffe, die Pigmente in die Schuppenschicht der Haare eindringen lassen. Auf diesem Wege können die Haare die gewählte Farbe auch annehmen. Eine Intensivtönung hält etwa sechs bis acht Wochen.

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Liegt der Weißanteil bei über 40 oder 50 Prozent, ist Färben eine Option. „Oxidative Haarfarben decken das Weiß komplett ab und geben so dem Haar eine neue haltbare Farbe“, zeigt der Friseurmeister die Vorteile auf. Dieser Vorgang ist dauerhaft und die Coloration wäscht sich nicht heraus. „Der Nachteil an oxidativen Haarfarben ist allerdings, dass in der Regel ein sichtbarer Ansatz nachwächst.“ Für die dauerhafte Farbveränderung ist der Einsatz eines Oxidationsmittels, wie beispielsweise Wasserstoffperoxid notwendig. Mit Hilfe des Bleichstoffs wird die äußere Schuppenschicht des Einzelhaars geöffnet, das haareigene Melanin zerstört und auf diesem Wege das Haar aufgehellt. Nur so können die Chemikalien der Colorierung anschließend in den Haarschaft eindringen. Dem Färbemittel wird der gewählte Farbstoff in Form von sogenannten Vorstufen zugesetzt. Diese sind zunächst farblos und bestehen aus kleinen Molekülen. Im Inneren des Haarschafts reagieren sie mit dem Oxidationsmittel und es bilden sich große Moleküle im gewünschten Farbton. Diese sind so groß, dass sie nicht mehr aus dem Haar ausgespült werden können.

Neben Tönungen und Färbemitteln gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Shampoos oder Cremes auf dem Markt, die eine Renaturierung beziehungsweise Repigmentierung als Alternative zum Färben mit aggressiven Oxidationsmitteln und künstlichen Farbpigmenten ermöglichen sollen. Hierbei werden synthetisch hergestellte Vorstufen des Eumelanins in das Haar eingebracht, die sich im Haarschaft anstelle der Luftbläschen einlagern und so die ursprüngliche Haarfarbe zurückbringen sollen. Die Farbentwicklung braucht allerdings ihre Zeit, und bis zum gewünschten Ergebnis sind mindestens drei Behandlungen notwendig. Der Vorteil besteht darin, dass die Veränderung nicht von einem Tag auf den anderen erfolgt. Wer sich für die Repigmentierung entscheidet, sieht daher nicht plötzlich gefärbt aus. Um den Farbton jedoch langfristig zu erhalten und den nachwachsenden Ansatz zu vermeiden, muss die Anwendung alle vier bis sechs Wochen wiederholt werden. Die Repigmentierung wird derzeit nur für dunkleres Haar angeboten, da das dafür verantwortliche Eumelanin künstlich hergestellt werden kann. Diese Produkte enthalten keine Rotpigmente und werden daher gern von Männern benutzt, die ihre grauen Haare verdecken wollen.

Ob Tönen, Färben oder Repigmentieren – welche Methode die Richtige ist, sollte man stets mit seiner Friseurin oder seinem Friseur des Vertrauens in einem Beratungsgespräch abklären. So können beispielsweise einzelne graue Stellen mit Kammsträhnen im Naturton kaschiert werden. Hierbei wird die Haarfarbe ganz gezielt in die weißen Partien eingekämmt und absichtlich einige helle Härchen ausgelassen. So scheint das Grau leicht durch und die Farbe wirkt weniger künstlich. Viele Menschen tragen das Grau auch mit Stolz und verzichten vollständig auf das Färben. Stars wie George Clooney sind die besten Beispiele dafür, dass graue Haare Männer interessant machen können. Wichtig ist dann die passende Frisur. Tendenziell sind kurze, exakte Haarschnitte besser geeignet. Längere, graue Haare hingegen wirken eher spröde. Der „Granny-Stil“ gefällt mittlerweile auch immer mehr Frauen. Im Fachhandel gibt es spezielle Haarpflegeserien, die beste Pflege für graue Haare versprechen und den silbergrauen Farbton elegant aussehen lassen.

Das sind Ursachen für graue Haare

Mit dem natürlichen Alterungsvorgang lässt die Aktivität der pigmentbildenden Melanozyten nach. Ein Grund dafür ist das Fehlen der Aminosäure Tyrosin, die der menschliche Körper in ausreichender Menge für die Produktion von Melatonin benötigt. Mit zunehmendem Alter wird von dieser wichtigen Substanz jedoch immer weniger vom Körper hergestellt. Eine wichtige Rolle spielt dabei Wasserstoffperoxid, eine Flüssigverbindung aus Wasserstoff und Sauerstoff. Die Substanz kommt wegen ihrer Eigenschaft als Bleichmittel bereits seit langem beim Färben zum Einsatz.

Forscher haben herausgefunden, dass der menschliche Körper stets kleine Mengen an Wasserstoffperoxid produziert – auch im Haar. Normalerweise wird der Bleichstoff im Rahmen des Stoffwechsels schnell wieder in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Dafür sorgt das Enzym Katalase. Mit dem Alter nimmt die Konzentration dieses Enzyms jedoch ab und das Wasserstoffperoxid wird nicht mehr abgebaut. Das Bleichmittel greift jetzt ein weiteres Enzym an – die sogenannte Tyrosinase. Diese ist maßgeblich an der Synthese des Pigments Melatonin beteiligt. In der Folge bildet der Körper weniger Haarfarbstoffe und das Wasserstoffperoxid im Haarschaft sorgt zusätzlich für den Eindruck von grauen Haaren.

Warum bekommen manche Menschen früher graue Haare als andere?

Wann das menschliche Haar grau wird, ist in der Regel genetisch bedingt. „Bei dem einen fängt es früher an, bei dem anderen später“, erklärt Experte Antonio Weinitschke. Während einige mit Anfang 20 bereits erste graue Strähnen entdecken, freut sich der ein oder andere Mittfünfziger noch über seinen ursprünglichen Farbton. Im Schnitt zeigt sich das erste Grau allerdings zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr. Mediziner sprechen übrigens beim frühzeitigen Ergrauen vor dem 20. Geburtstag von Canities praecox.

Vor einigen Jahren identifizierte eine Gruppe von Forschern das Gen, das für die Entstehung von grauen Haaren verantwortlich ist. Es legt fest, wann und in welchem Ausmaß ein Mensch vom Farbverlust betroffen ist. Vielfach reicht aber bereits ein Blick auf die Häupter der Vorfahren. Der Haarwuchs von Urgroßeltern, Großeltern, Väter und Mütter ist bereits ein guter Indikator dafür, wann wir selbst graue Haare bekommen.

Das Grauwerden der Haare ist eine typische Begleiterscheinung des Älterwerdens. Verschiedene Faktoren können den Prozess jedoch begünstigen. Ein Beispiel ist die starke Übersäuerung des Körpers. Im Normalfall sorgt unser Organismus für ein ausgewogenes Säure-Basen-Verhältnis mit Hilfe von Mineralstoffen. Mit zunehmendem Alter sind diese Vorräte oftmals erschöpft. Zudem kann ein ungesunder Lebenswandel mit viel Stress, zu wenig Schlaf, mangelnder Bewegung und einseitiger Ernährung zu einer Übersäuerung führen, die der Körper nicht mehr problemlos ausgleichen kann. Er greift schließlich auf wichtige Mineralstoffreserven zurück, die dann an anderer Stelle fehlen, wie beispielsweise in den Haarwurzeln. Ohne ausreichende Nährstoffe können die Zellen an dieser Stelle notwendige Stoffwechselprozesse nicht mehr übernehmen. Die Folge: Die Melanozyten produzieren weniger Melanin und das Haar verliert an Farbe.

Darüber hinaus können auch Krankheiten der Auslöser für graues Haar sein. Experten nennen diesen Vorgang Canities symptomatica, also das symptomatische Ergrauen als Symptom der jeweiligen Krankheit. Zu den Krankheitsbildern zählen beispielsweise verschiedene Krebserkrankungen, Blutarmut aufgrund eines Vitamin-B12-Mangels, schwere hormonelle Störungen, akute fieberhafte Infektionen oder schwere endokrinologische Störungen wie bei Schilddrüsenerkrankungen. Auch die Einnahme bestimmter Medikamente kann ein Ergrauen der Haare zur Nebenwirkung haben. Ein Beispiel sind Arzneimittel mit dem Wirkstoff Hydroxychloroquin, die unter anderem gegen Malaria und Autoimmunkrankheiten eingesetzt werden. Nach Absetzen kehrt die ursprüngliche Haarfarbe in der Regel zurück.

Kann man grauen Haaren vorbeugen?

Das Grauwerden der Haare ist genetisch bedingt. „Es ist ein natürlicher Prozess, der sich auch nicht medikamentös oder mit anderen Mitteln aufhalten lässt“, erklärt Antonio Weinitschke. „Bei dem einen fängt es früher an und bei dem anderen später.“ Generell tut dem gesamten Körper eine gesunde Lebensweise gut. Sie hält länger fit – das gilt auch für Haut und Haar.

Eine wichtige Rolle spielt dafür die ausgewogene Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse, die für einen gesunden Säure-Basen-Haushalt sorgt. So sind die körpereigenen Mineralstoffvorräte stets gut gefüllt und Zellen wie die Melanin-bildenden Melanozyten ausreichend versorgt. Säurebildende Lebensmittel wie tierische Fette sollten hingegen reduziert werden. Übrigens: Zu einer gesunden Lebensweise gehört auch ausreichend erholsamer Schlaf sowie der Verzicht auf Nikotin und übermäßigen Alkoholkonsum.

Können Haare durch Stress wirklich grau werden?

Sprichwörtlich lässt Stress graue Haare wachsen. Tatsächlich ist bekannt, dass eine permanente Belastung die Alterungsprozesse im Körper beschleunigt. Dass dies auch für das Ergrauen der Haare gilt, haben Forscher der Harvard University kürzlich belegen können. Im Experiment bekamen dunkle Nagetiere weiße Flecken, wenn sie physischem Stress – also Schmerzen – ausgesetzt waren.

Die Forscher fanden heraus, dass Stress dauerhafte Schäden an Stammzellen in Haarfollikeln verursacht. Auf Stresssignale der Nervenzellen hin wurden an den Haarwurzeln große Mengen des Hormons Noradrenalin ausgeschüttet. Dieser Prozess aktiviert die Melanozyten-Stammzellen, die sich daraufhin in großer Zahl in pigmentproduzierende Zellen umwandeln. Im Versuch waren nach wenigen Tagen alle pigmentbildenden Stammzellen verschwunden. Das hat zur Folge, dass Pigmente nicht mehr erneuert werden können und das Haar ergraut.

Mythos: Kann man über Nacht ergrauen?

Das Gerücht, man könne beispielsweise bei großer seelischer Belastung über Nacht ergrauen, hält sich hartnäckig. Für viele wäre es ein Albtraum, wenn sich die Haarpracht am nächsten Morgen in silbrigem Ton präsentieren würde. Wer sich jedoch vor Augen führt, dass die Haarschafte ihre Farbe durch Melaninpigmente erhalten, der weiß, dass diese nicht so schnell vollständig verschwinden kann. Genau dies müsste jedoch passieren, damit das Haar von der Wurzel bis zur Spitze plötzlich weiß wäre. Daher handelt es sich hierbei um einen Mythos.

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