Serie: Wie fit ist NRW? (Teil 3) Das sind die Ergebnisse unseres Fitness-Tests

Düsseldorf · Wer ist besser im Fitness-Test der Rheinischen Post: Die Postbotin mit Knieproblemen oder der jugendliche Schreibtischtäter? Wir wollten wissen, wie sportlich ganz normale Menschen sind und waren mit der Kamera auf dem Sportplatz dabei.

Wie fit ist NRW? - Die Ergebnisse des RP-Fitness-Tests
Foto: RP/Radowski

Einatmen, ausatmen, starrer Blick nach vorne — Petra Schürmann kennt nur ein Ziel: durchhalten. Die 55-jährige Postbotin aus Neuss möchte die 3000 Meter in persönlicher Bestzeit laufen. Sie heftet ihren Blick auf den Rücken von André Zegers aus Kleve. Er hat Petra gerade auf der Tartanbahn der Trainingsanlage vor der Deutschen Sporthochschule in Köln überrundet.

Diese Disziplinen haben wir getestet

André und Petra gehören zu den Teilnehmern des RP-Fitnesstests. Die Rheinische Post will gemeinsam mit der Deutschen Sporthochschule Köln herausfinden, wie sportlich der durchschnittliche Deutsche ist. Es ist ein Experiment: vier Freiwillige, zwei Coaches und drei Übungen — Seilspringen, Standweitsprung und Laufen. Die Übungen hat Hans-Georg Predel ausgesucht. Er ist Professor für Kreislaufforschung und Sportmedizin. Gemeinsam mit seiner Mitarbeiterin Xenia von Holtey überwacht er, wie sich die Testteilnehmer schlagen. Neben André Zegers (32) und Petra Schürmann (55) opfern auch Sylvia Faber (41) aus Aldenhoven bei Jülich und Michael Varutti (50) aus Leverkusen einen sonnigen Frühlingsnachmittag, um zu zeigen, wie sportlich sie sind.

André erreicht schon nach 12 Minuten und 46 Sekunden als Erster das Ziel. Der 32-Jährige ist Triathlet. Er trainiert zwischen zwölf und 15 Stunden in der Woche. Er schwimmt, fährt Rad und läuft. Die 3000 Meter können ihm nichts anhaben. Dafür unterstützt er jetzt Sylvia. Die 41-jährige Mutter ist weit hinter die anderen Läufer zurückgefallen. Erst vor kurzem hat sie wieder mit dem Laufen angefangen. Sie ist Asthmatikerin. "Ich laufe langsam, aber ich schaffe das", ruft sie den anderen zu. André läuft neben ihr her, um sie anzufeuern. "Hopp, hopp, hopp", ruft Mitarbeiterin Xenia vom Streckenrand. "Sie heißt bei uns nur ,der Feldwebel'", sagt Predel und lacht.

Neben einem 3000-Meter-Lauf machen die vier Testpersonen auch Standweitsprung und Seilchenspringen. Diese Übungen sind den Disziplinen des Deutschen Sportabzeichens entlehnt. Für jede Altersgruppe und für jede Disziplin gibt es Vergleichswerte. "Wir haben damit eine sehr gute Standardisierung", sagt Predel. Außerdem decken die Übungen unterschiedliche Bereiche der Fitness ab: Ausdauer, Koordination und Kraft.

Petra hat 30 Kilo in einem Jahr abgenommen

Die vier Teilnehmer repräsentieren jeweils eine Bevölkerungsgruppe. Postbotin Petra wog bis vor etwa zwei Jahren bei einer Körpergröße von 1,60 Meter über 90 Kilogramm. Für ihren Beruf muss sie fit und beweglich sein. Wegen ihres Gewichts und der hohen körperlichen Belastung hatte sie Probleme mit einem ihrer Knie.

Im Januar 2013 beschloss sie, ihre Ernährung umzustellen. Allein dadurch hat sie innerhalb eines Jahres 30 Kilogramm abgenommen. Darauf ist sie stolz. Im Januar 2014 hat sie angefangen, regelmäßig Sport zu machen. Zwei- oder dreimal die Woche geht sie joggen. Petra möchte ihr Gewicht halten. Die zierliche Frau mit den langen, dunklen Wimpern ist diszipliniert. "Dass ich fit bin, ist für mich existenziell", sagt die 55-Jährige. Wenn sie erzählt, sagt sie häufig "Fertig, aus, vorbei". Diese Wörter stehen für ihre Entschlossenheit. Den 3000-Meter-Lauf schafft sie in 17:36 Minuten, das reicht tatsächlich für das goldene Sportabzeichen. Nur der Standweitsprung ist nicht ihre Sache. Dabei hat sie Angst um ihr Knie.

"Besser übergewichtig und sportlich als schlank und unsportlich"

Michael Varutti macht zwar gerne Sport, er läuft Halbmarathon und fährt Rad. Aber der 50-Jährige isst und trinkt auch gerne, das sieht man ihm an. Er gehört zur Gewichtskategorie 100 plus. "Beim Sport steht für mich die Geselligkeit im Vordergrund", sagt er. "Wenn ich keinen Sport machen würde, würde ich sicher noch mehr wiegen." Michael steht für einen großen Teil der Bevölkerung, sagt der Sportprofessor. Fast jeder zweite Erwachsene in Deutschland neigt zu Übergewicht. Trotzdem heißt das nicht unbedingt, dass jemand weniger fit ist. Das beweist Michael. Mit seinem regelmäßigen Training schafft er in allen drei Übungen die Werte für Bronze oder Silber des Deutschen Sportabzeichens. "Es ist besser, übergewichtig zu sein und trotzdem sportlich, als schlank und unsportlich", lautet das Urteil des Sportprofessors.

Sylvia hat am meisten Mühe mitzuhalten. Sie macht erst seit kurzem wieder regelmäßig Sport. Sie steht für viele Mütter, die wenig Zeit haben, etwas für ihre Gesundheit zu tun. "An Sylvias Beispiel können wir sehen, dass man in sehr kurzer Zeit schon große Trainingserfolge haben kann", erklärt Predel. "Das kann Mut machen, den eigenen Schweinehund zu überwinden."

Der Sportprofessor hat sich zum Abschluss des Nachmittags noch eine zusätzliche Herausforderung für die Teilnehmer ausgedacht. Sie sollen Liegestütze und Sit-ups machen. Damit möchte Predel sehen, ob die Teilnehmer auch beim amerikanischen FBI arbeiten könnten. Der FBI-Chef hat kürzlich verkündet, dass seine Agenten nicht fit genug seien und deshalb nun auch regelmäßig einen Test machen müssten, zu dem auch Liegestütze und Sit-ups gehören. Selbst Sportskanone André kommt da an seine Grenzen. Die vorgegebenen 35 Sit-ups und 24 Liegestütze schafft er — aber mit zusammengebissenen Zähnen.

(heif)
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