Weltvegetariertag Warum Vegetarier für Zündstoff sorgen

Aachen/Berlin · "Alles-Esser" und Vegetarier - manchmal klappt es nicht so richtig mit der Verständigung. Schnell schwingt eine gewisse Gereiztheit mit. Kein Wunder, sagt ein Psychologe zum Vegetariertag.

Fleisch. Das ist Zündstoff. Treffen Schnitzel-Braten-Grillwurst-Genießer und moralgetriebener Vegetarier aufeinander, endet fast jede noch so harmlose Plauderei mit Sicherheit beim Fleisch. Und dann ist Schluss mit freundlich. Die Unterhaltung bekommt schnell einen bissigen, leicht aggressiven Unterton. Fleischesser und Vegetarier - zwei Welten prallen aufeinander. Für den Bio-Psychologen Professor Peter Walschburger ist der Konflikt programmiert.

"Die Fleischesser, das sind eher die Naiven. Die übernehmen, was die Mehrheit macht", sagt er. Currywurst, Schweinefleisch, egal ob vom Metzger, aus der Industrie - für sie alles kein Problem. Moral spiele für sie keine wesentliche Rolle beim Essen. Und aus ernährungswissenschaftlicher Sicht spreche auch nichts dagegen.

Fundierte allgemeine Kriterien für oder gegen fleischhaltiges Essen gebe es schließlich auch nicht: "Was dem einen bekommt, tut dem anderen nicht gut", sagt Walschburger. Es gebe sogar stammesgeschichtliche Hinweise, dass über Feuer gebratenes Fleisch die menschliche Evolution vorangebracht hätte. Aber das war früher.

Vegetarier aus Tierschutzgründen

Sorgloser Fleischesser trifft auf moral-bewegten Vegetarier. Nach einer Studie der Friedrich-Schiller-Universität Jena werden Menschen meistens aus Tierschutzgründen zum Vegetarier. Demnach ist der typische Vegetarier weiblich, jung, überdurchschnittlich gebildet und lebt in einer Großstadt. "Die sind auch moralisch von der Sache überzeugt. Und so kommt der Eiferer-Ton aus Richtung der Vegetarier", sagt der Professor von der Freien Universität (FU) Berlin.

Die Fleischesser fühlten sich angegriffen und schlügen deshalb zurück. Auch mit dummen Sprüchen wie: Fisch und Insekten darfst Du essen, oder? "So treten dann überscharfe Kontroversen und psychische Abwehrmechanismen an die Stelle konstruktiver Dialoge", sagt Walschburger.

Leitfaden für Vegetarier

Es gibt offensichtlich ein Kommunikationsproblem. Internetseiten geben Vegetariern Tipps für die richtige Diskussion. Das macht auch der Vegetarierbund Deutschland. "Wenn Sie jemanden in Grund und Boden reden, um die Diskussion mit schlagkräftigen Argumenten für sich zu entscheiden, werden Sie bei Ihren Gesprächspartnern höchstwahrscheinlich dennoch auf Ablehnung stoßen", heißt es darin. Der Leitfaden rät, das Herz des Gegenübers zu gewinnen - andere würden wohl eher von "Gegner" sprechen.

Der Verband habe den Leitfaden vor gut einem Jahr erstellt. Seit etwa fünf Jahren reduzierten immer mehr Menschen ihren Fleischkonsum oder würden Vegetarier. "Dabei entstehen natürlich auch solche Fragen: Wie gehe ich mit meinen Mitmenschen um. Wie mache ich das den Mitmenschen klar. Wie teile ich meiner Familie mit, dass ich jetzt vegetarisch essen will", sagt Verbandssprecherin Elisabeth Burrer.

Andreas Grabolle ist ein Gemäßigter: "Man muss nichts sagen. Es kommt oft von Alles-Essern der Kommentar", sagt der Autor und Wissenschaftsjournalist. Die würden sich dann ungefragt rechtfertigen, warum sie Tiere essen. Er sieht das als Ausdruck des schlechten Gewissens. "Ich scheue mich immer davor zu sagen, was moralisch richtig oder falsch sei. Das muss aus meiner Sicht jeder selber entscheiden." Er isst seit 16 Jahren kein Fleisch mehr, im Prinzip. "Ich hatte immer mal einen Rückfall zum Fleisch", bekennt er.

(dpa)
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