Wie Lebensmittelhersteller mogeln Warum in Kalbsfleisch-Leberwust keine Leber ist

Düsseldorf · In Lebensmitteln ist oft nicht das drin, was draufsteht. Das in Lasagnen gefundene Pferdefleisch ist da nur die Spitze des Eisbergs. Tatsächlich schmuggeln Lebensmittelhersteller Inhaltsstoffe in ihre Produkte, die Verbraucher darin nicht erwarten – und das ganz legal.

Fragen und Antworten zum Pferdefleisch-Skandal
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Foto: Screenshot Sun

In Lebensmitteln ist oft nicht das drin, was draufsteht. Das in Lasagnen gefundene Pferdefleisch ist da nur die Spitze des Eisbergs. Tatsächlich schmuggeln Lebensmittelhersteller Inhaltsstoffe in ihre Produkte, die Verbraucher darin nicht erwarten — und das ganz legal.

Seitdem der Pferdefleisch-Skandal auch Deutschland erschüttert, fragen sich viele Menschen, was eigentlich in ihrem Essen drin ist. Während das Pferdefleisch durch illegalen Etikettenschwindel in den Tiefkühltheken landete, ist es in anderen Fällen ganz legal für Lebensmittelhersteller, auf ihren Verpackungen Angaben zu machen, die für Verbraucher missverständlich sind. (Wie man herasfindet was im Essen drin ist, erfahren Sie hier.)

Wussten Sie beispielsweise, das Geflügelwurst auch Schweinefleisch enthalten darf? Vermutlich nicht, denn auf dem Produkt selbst wird das erst im Kleingedruckten auf der Zutatenliste kenntlich gemacht. Wann welches Produkt wie genannt werden darf, ist im Deutschen Lebensmittelbuch definiert. In dem Werk des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sind Entscheidungen von Politikern, Verbraucherschützern und Vertretern der Industrie festgehalten. Diese bestimmen, dass zusammengeklebte Fleischfasern als "Formfleischschinken" verkauft werden dürfen und Kalbsleberwurst keine Kalbsleber enthalten muss.

"Das Lebensmittelbuch ist keine Gesetzessammlung. Das Werk wird aber vor Gericht als Leitlinien-Sammlung mit bindenden Charakter behandelt", erklärt Foodwatch-Specher Andreas Winkler. Der Verbraucherschützer kritisiert, dass die Entscheidungsfindungen der Kommission nicht öffentlich gemacht werden und daher für Verbraucher oft nicht nachzuvollziehen sind.

Deshalb zeigen wir, bei welchen Produkten die Lebensmittelindustrie gerne mogelt und erklären, wann Sie genauer auf die Zutatenliste schauen sollten.

Kalbsleberwurst Gerade einmal 15 Prozent der Leberwust muss auch tatsächlich vom Kalb stammen. Der Rest der Produkts darf beispielsweise auch Schweineleber beinhalten. Kalbsfleisch-Leberwurst muss hingegen gar keine Leber enthalten, sondern nur 15 Prozent Kalbsfleisch. Verbraucher sollten genau auf die Wortwahl auf der Packung achten.

Geflügelwurst Dieses Prinzip gilt auch für Geflügelwurst. Die Wurst muss ebenfalls mindestens 15 Prozent Geflügel enthalten, der Rest des Produkts darf aus Rind- oder Schweinefleisch bestehen. Die Puten-Cervelatwurst einer bekannten Deutschen Marke besteht so laut Foodwatch zu mehr als 50 Prozent aus Schweinefleisch.

Bayrischer Leberkäse Diese Fleischsorte darf zu 80 Prozent aus Schweinefleisch bestehen. Produkte die nur als "Leberkäse" bezeichnet werden, müssen allerdings auch tatsächlich Leber enthalten.

Alkoholfreies Bier Nur weil "alkoholfrei" auf der Verpackung steht, ist Bier noch lange nicht frei von jedem Alkohol — für Brauereien bedeutet die Terminologie nur, dass das Getränk weniger als 0,5 Prozent Alkohol enthält. Vom Gesetzgeber wird das geduldet.

Dijonsenf Wo Dijonsenf draufsteht, ist auch echter Dijonsenf drin? Von wegen! In einigen Produkten ist nicht einmal ein Prozent des körnigen Gewürzes enthalten.

Erdbeermarmelade Auch bei Erdbeermarmelade wird häufig geschummelt. Der süße Aufstrich darf auch andere Früchte, wie beispielsweise rote Johannisbeeren enthalten.

Fruchtjoghurt Wird ein Produkt als "Joghurt mit Fruchtzubereitung" bezeichnet, muss er nur einen Fruchtanteil von 3,5 Prozent enthalten. In einem Becker "Fruchtjoghurt" muss mindestens sechs Prozent an Früchten sein. Was wie ein Fruchtstück aussieht kann dabei übrigens auch gelierter Fruchtsaft sein.

Noch mehr Beispiele, wie Verbraucher mit missverständlichen Produktbezeichnungen hinters Licht geführt werden, sind auf der Internetseite lebensmittelklarheit.de der Verbraucherzentrale zu finden. Foodwatch macht mit der Aktion abgespeist.de auf den Etikettenschwindel aufmerksam.

(anch)
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