Chilis, Knoblauch, Cayenne Ab wann ist scharf eigentlich zu scharf?

Düsseldorf · Scharf Essen ist für viele eine echte Leidenschaft. Sie fahren nicht selten viele Kilometer, um sich etwa an der schärfsten Curry-Wurst des Landes auszuprobieren. Doch das kann fatale Folgen haben, denn kaum einer weiß: Ab wann ist scharf eigentlich zu scharf?

Scoville: Ab wann ist scharf eigentlich zu scharf? Und was hilft?
Foto: Vitaly Korovin / Shutterstock.com

Scharf Essen ist für viele eine echte Leidenschaft. Sie fahren nicht selten viele Kilometer, um sich etwa an der schärfsten Curry-Wurst des Landes auszuprobieren. Doch das kann fatale Folgen haben, denn kaum einer weiß: Ab wann ist scharf eigentlich zu scharf?

Die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn: den Biss in scharf gewürzte Speisen. Egal, ob Pfeffer, Chili, Senf oder Knoblauch: Bestimmte Lebensmittel treiben dem, der sie isst, schon mal die Tränen in die Augen. Menschen beim Essen scharfer Speisen zuzusehen ist inzwischen sogar so beliebt, dass es zu einem Wettbewerb in verschiedenen Fernsehshows geworden ist: Elton und Simon, aber auch Joko und Klaas stellten schon ihre Fähigkeiten unter Beweis, das Brennen im Mund auszuhalten — und mussten die Fernsehsendung mit hochrotem Kopf, tränenden Augen und Bauchschmerzen fortsetzen. Den Moderator Stefan Mross zwang die scharfe Soße der Curry-Wurst sogar zum Abbruch seiner Moderation.

Das passiert im Körper

Grund für das Schmerz-Phänomen auf der Zunge und im Körper sind bestimmte Inhaltsstoffe in den Lebensmitteln, die auf die Wärme- und Schmerzsensoren wirken und dort ein Hitzeempfinden auslösen. Die Folge: Es brennt.

Tatsächlich wird dabei aber nicht wirklich Temperatur erhöht, sondern nur ein Reizzustand der Schmerzzellen ausgelöst. In geringem Maße ist das anregend, wirkt durchblutungsfördernd und verstärkt dadurch sogar das Geschmackserlebnis.

Im Übermaß allerdings können dadurch Übelkeit und Durchfall bis hin zum Kreislaufkollaps ausgelöst werden. Das gilt vor allem für Soßen, die das Chili-Extrakt Oleoresin enthalten und oft Namen tragen wie "Death" oder "Devil". Wer solche Soßen probiert, muss damit rechnen, Atembeschwerden oder Blasen im Mund zu bekommen — und sich zu übergeben. Zu kaufen gibt es solche Super-Hot-Soßen allerdings meistens nur im Internet. Soßen aus dem Supermarkt verdanken ihre Schärfe in der Regel dem natürlichen Chili-Scharfmacher Capsaicin und sind etwas milder.

Aber natürlich gibt es auch solche Soßen, bei denen gar nicht so richtig klar ist, was eigentlich darin ist. Es sind die selbstgemachten Soßen der Curry-Wurst-Buden und Burger-Läden. Was ihrer Soße die unfassliche Schärfe verleiht, verraten sie nur selten, geben dann aber die so genannte Scoville-Zahl an. Die bezeichnet die Menge an Capsaicinoiden in einer bestimmten Menge von Flüssigkeit. Eine Gemüsepaprika etwa hat demnach null bis zehn Scoville, reines Capsaicin dagegen bis zu 15 Millionen. Zum Vergleich:

Peperoni liegt bei 100 bis 500 Scoville.

Das beliebte Sambal Oelek liegt zwischen 1000 und 10.000 Scoville.

Tabasco liegt zwischen 2.500 und 5.000 Scoville.

Jalapeno mit einem Wert von 2.500 bis 8.000 wird meist als sehr scharf empfunden, liegt damit aber immer noch weit hinter der

Thai-Chili. Sie kommt auf bis zu 80.000 Scoville.

Die Habanero-Schote toppt das mit 100.000 bis 350.000 Scoville.

Schärfer ist nur die Extrem-Peperoni Bhut Jolokia mit einer Million Einheiten.

Zum Vergleich: Handelsübliches Pfefferspray liegt bei zwei Millionen Scoville und

Polizeipfefferspray bei fünf Millionen.

Reines Capsaicin liegt bei maximal 16 Millionen Scoville.

Kein Wunder also, dass Menschen wie der Moderator Mross beim Testen einer harmlos wirkenden Curry-Wurst in die Knie gehen, immerhin hat die schärfste ihrer Art in Deutschland einen Scoville-Wert von zwölf Millionen, und ist somit erheblich schärfer als Pfefferspray. Die schärfste tatsächlich zum Verzehr geeignete Curry-Wurst liegt allerdings bei "nur" 7,7 Millionen. Der schärfste (essbare) Chili-Burger der Welt legt noch eine Schippe drauf, er hat neun Millionen Scoville — wird aber auch nur an Volljährige und bei Unterschrift einer Verzichtserklärung verkauft. Manch einen brachte der Burger schon ins Krankenhaus.

Bestes Gegenmittel: Milch trinken

Wie jemand auf Schärfe reagiert, ist individuell verschieden. Manche vertragen es besser, andere schlechter. Zudem kann scharf essen trainiert werden, indem der Schärfegrad über einen längeren Zeitraum immer mehr gesteigert wird. Während in Asien 50 bis 250 Milligramm Capsaicin pro Tag gegessen werden, ist es in den europäischen Ländern eher eine Seltenheit. Der Wert liegt gerademal bei durchschnittlich 1,5 Milligramm täglich.

Eine gesetzliche Scoville-Obergrenze gibt es in Europa nicht. Entsprechend lässt sich also auch nicht genau festlegen, ab wann scharf zu scharf ist. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hält es allerdings für fraglich, ob Lebensmittel mit einem Scoville-Wert von rund 100.000 noch als sicher einzustufen sind. Mit anderen Worten: Beim Verzehr von schärferen Speisen als sie die Thai-Küche hervorbringt, muss mit starken körperlichen Konsequenzen gerechnet werden.

Wer sich also auf ein extremes Schärfe-Experiment einlässt, sollte deshalb unbedingt Milch oder Joghurt dabei haben. Die darin enthaltenen Fette lösen das Capsaicin und mindern damit das Schmerzempfinden. Wasser hingegen sorgt für eine Verteilung des Schärfestoffs und verschlimmert das brennende Gefühl.

(ham)
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