Mit Petersilie oder Basilikum Kräuterweine sind kein Hexenwerk

Antiesenhofen · Das älteste Zeugnis stammt aus dem Jahr 2230 vor Christus: Schon damals wurden Heilpflanzen mit Wein verabreicht. Und noch heute lässt sich die Kraft aus der Natur nutzen, um dem Alkohol zumindest eine zusätzliche Geschmacksnote zu verleihen. Das gelingt auch daheim.

Kräuterweine - gesund und lecker
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Kräuterweine - gesund und lecker

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Foto: dpa, Wolf Ruzicka

Die Zeit des Glühweins rückt langsam näher. Er ist einer der wenigen Kräuterweine aus früheren Zeiten, der heute noch gern getrunken wird. Schon Hildegard von Bingen und Paracelsus haben sich auf die Wirkstoffe der aromatisierten Weine verlassen. Einen Trunk aus Blüten, Blättern oder Wurzeln mit Wein selbst anzusetzen, ist kein Zauberwerk. Aufwendiges Zubehör ist nicht nötig - nur einwandfreie Zutaten und Sorgfalt. Eine heilende Wirkung dieser Tropfen ist allerdings umstritten.

Bärbel Ranseder aus Antiesenhofen in Oberösterreich beklagt, dass mit dem Aufkommen chemischer Zusatzstoffe eine jahrtausendealte Kräuterweinkultur mehr und mehr in Vergessenheit geraten ist. Die älteste bekannte Rezeptur stammt nach Angaben der auf Kräuterwissen spezialisierten Gartenbau-Ingenieurin aus dem Jahr 2230 vor Christus. Damals bestanden die Heilmittel aus Pflanzen, Kochsalz und Kalisalpeter, verabreicht mit Bier oder Wein.

Zu Zeiten des römischen Gelehrten Plinius des Älteren im ersten Jahrhundert nach Christus unterschied man zwischen Gewürzweinen, zu denen der duftende Myrrhe-Wein zählte, und Weinen, die mit Kräutern wie Wermut oder Ysop angesetzt wurden. Auch die deutsche Äbtissin und Heilkundlerin Hildegard von Bingen kannte eine große Auswahl an "Medizinalweinen". Im 12. Jahrhundert ließ man hauptsächlich zerkleinerte Pflanzenteile - frisch oder getrocknet - in Alkohol ziehen. Diese Verfahrensweise wird noch heute angewandt.

Biokräuter ohne Dünger und Schutzmittel

So machen sich in der Erzabtei St. Martin zu Beuron nahe Sigmaringen Bruder Felix und Bruder Markus die seit Jahrtausenden angewandten Kräfte der Pflanzen für ihre guten Tropfen zu Nutzen. In ihrem Hortulus, sprich Klostergarten, sind mineralische Dünger oder chemische Pflanzenschutzmittel für die Kräuter tabu. Zur besten Reifezeit von Hand geerntet und verlesen, werden kurz danach die Inhaltsstoffe der frischen Kräuter, Blüten, Blätter und Wurzeln in Alkohol extrahiert. Genießer schätzen den Weinaperitif, dem unter anderem Melisse, Minze, Salbei und Ysop seinen Geschmack geben, sowie den Artischockenwein.

Wer sich zu Hause mit Kräuterwein erproben will, dem empfiehlt Bruder Felix: "Man sollte sich mit den Pflanzen auseinandersetzen und ausprobieren. Nicht einfach einen Pfefferminz-Topf kaufen und das Kraut in den Wein werfen." Kräuter seien von den Inhaltsstoffen derart komplex, dass es keine für alle verbindliche Rezeptur gebe.

In Wein lösen sich nach Aussage von Margit Schlenk, Fachapothekerin für Homöopathie und Naturheilverfahren in Neumarkt in der Oberpfalz, beispielsweise Pflanzenfarbstoffe: "Das sieht man daran, dass er sich färbt." Gut löslich seien auch die ätherischen Öle zum Beispiel von Pfefferminz oder Oregano. Ebenso ließen sich Scharfstoffe von Ingwer oder Bitterstoffe von Wermut und Scharfgarbe gut in Wein extrahieren.

Keine heilende Wirkung

Diese Stoffe haben alle eine eigenständige pharmakologische Wirkung. Aber nach Ansicht der Apothekerin finden sie sich in den Kräuterweinen in einer zu niedrigen Konzentration wieder, als dass man von Heilweinen sprechen könnte: "Die Inhaltsstoffmenge reicht für eine echte heilende Wirkung nicht aus. Diese Weine gehören für mich in den Wellnessbereich." Sie warnt vor dem Alkoholgehalt und der Gefahr, bei regelmäßiger Einnahme abhängig zu werden.

Wer dennoch Kräuterwein selbst ansetzen will, sollte sich mit den Pflanzen auskennen, sie entweder im eigenen Garten haben oder bei der Suche in Wald und Flur von einem Kundigen begleitet werden. Das raten alle Experten. Auf der schadstofffreien Seite ist der, der die Kräuter in der Apotheke kauft. "Nur beste Zutaten verwenden", betont die Buchautorin Elisabeth Engler aus Kranzberg nahe Freising.

Siegrid Hirsch aus Unterweitersdorf im österreichischen Mühlviertel oberhalb von Linz schwört auf einen Basilikum-Wein: "Er stärkt die Immunkräfte und löst einen leichten Husten." Dafür setzt sie einen Liter Weißwein mit Blättern und Stängeln von zwei ganzen Pflanzen in einem bauchigen Gefäß an und lässt es drei Tage dunkel stehen. Dann füllt sie in eine Flasche ab, die sie dunkel und kühl lagert. Bei Erkältung rät die Landesleiterin eines Kräutervereins: "Vor oder nach dem Essen trinkt man ein Likörglas voll."

Eine schon Hildegard von Bingen bekannte Variante ist der sogenannte Herzwein aus Petersilie. Dazu kocht Elisabeth Engler Petersilie, etwas Weinessig und Wein kurz auf, gibt Honig dazu, schäumt ab, seiht das Ganze durch ein Tuch und füllt es in die Flasche. Für eine Kur empfiehlt sie täglich drei Likörgläser davon.
Bärbel Ranseder setzt auch mit Kräuterteemischungen an: "Zehn Gramm auf eine Flasche Weißwein oder Rotwein beziehungsweise Süßwein, zwei bis vier Tage ziehen lassen, abseihen, in Flaschen füllen und aufbewahren", lautet ihre Empfehlung.

(dpa)
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