Gesunde Ernährung Fasten gegen Krankheiten und Übergewicht

Bad Pyrmont · Viele Menschen fasten aus den verschiedensten Gründen einmal im Jahr. Dadurch können sie sowohl Krankheiten wie auch Kilos verlieren. Ob gemeinsam oder in einer Gruppe - eine Zeit lang nur von Flüssignahrung zu leben soll helfen und sogar glücklich machen.

Es gab eine Zeit, da wurde zum Ende des Winters hin das Essen knapp, die Menschen warteten sehnsüchtig auf das erste Grün und die erste Ernte. Hungerperioden waren selbstverständlich, gefüllte Kühlschränke nicht. Doch auch das bewusste Hungern gehört zu fast jeder Kultur und Religion dieser Welt. Dass Zeiten ohne Nahrung dem Körper nicht schaden, sondern ihm guttun, davon sind Fastenanhänger überzeugt. Fasten soll Körper und Seele reinigen, glücklich machen und sogar Krankheiten lindern.

Wie oft Andreas Buchinger schon gefastet hat, kann er nicht mehr zählen. Er macht es nach Bedarf und Gefühl und immer nach der Methode, die sein Großvater Otto entwickelt hat. Nach Buchinger soll in einer wohltuenden Atmosphäre, möglichst unter ärztlicher Aufsicht, gefastet werden. Über Brühen, Säfte und Tees nehmen die Fastenden täglich rund 250 Kalorien zu sich - viel Bewegung gehört zum Tagesablauf und sorgt dafür, dass in der Zeit weniger Muskelmasse abgebaut und stattdessen die Fettverbrennung verstärkt wird.

Wann und warum man fasten kann

Gerade die Fettverbrennung war Carolin Tauber, die mit Übergewicht zu kämpfen hat, wichtig. "Sieben Kilo habe ich dieses Mal abgenommen", freute sie sich nach 17 Fastentagen im vergangenen Herbst. "Die sind bis jetzt auch nicht wieder drauf." Doch die Gewichtsabnahme sollte nur ein Nebeneffekt des Fastens sein. Darauf weist auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hin. Sie kritisiert, dass viele positive Wirkungen des Heilfastens wissenschaftlich kaum oder nur ungenügend belegt seien. Wichtiger ist für die Befürworter aber ohnehin das körperliche Wohlbefinden - auch und gerade bei bestimmten Krankheiten. Buchinger setzt Fasten etwa bei Stoffwechselstörungen, Arthrosen, Rheuma und Darmproblemen ein.

Die Liste der Indikationen ist lang - ebenso die Liste der Krankheiten, bei denen man auf keinen Fall fasten sollte. Dazu gehören Leber- und Nierenschädigungen, schwere Depressionen, Psychosen, Herzerkrankungen und Diabetes, aber auch Schwangerschaft und Stillzeit. Die DGE betont, dass das Heilfasten eine medizinisch notwendige Therapie nicht ersetzen könne. Grundsätzlich gilt deshalb:
Vor dem Fasten den Hausarzt fragen, ob die eigene Gesundheit die Fastenzeit verträgt. Und alleine nicht länger als eine Woche auf Nahrung verzichten. Wobei Fasten in der Gruppe natürlich mehr Spaß macht und die Motivation erhält, wie Andreas Michalsen sagt. Der Professor für klinische Naturheilkunde an der Charité in Berlin rät, sich einer Fastengruppe anzuschließen.

Wie man richtig fastet

"Es ist wichtig, dass man motiviert ist und ein längerfristiges Ziel hat", ergänzt Buchinger. "Man muss mit dem Fasten den Gedanken verbinden: Ich will etwas in meinem Leben ändern, um gesund zu werden oder zu bleiben." Zu einem gesunden Leben gehört bekanntlich viel Bewegung, frische Luft, gesundes Essen und wenig Stress. Das Fasten sei damit wie die Reset-Taste am Computer, vergleicht es Michalsen.
Danach dürfe man nicht mit den schlechten Gewohnheiten weitermachen.

Ob allein, in der Gruppe oder in der Klinik: Ein bestimmter Ablauf sorgt dafür, dass nach der Fastenzeit möglichst keine Erinnerung an nagenden Hunger, sondern ein gutes Gefühl bleibt. Am sogenannten Entlastungstag, dem Tag vor Fastenbeginn, wird nur noch wenig gegessen, Obst oder eine Gemüsesuppe. Zum Fastenauftakt nimmt der Fastende Glaubersalz oder ein anderes Abführmittel. Es ist wahrscheinlich der unangenehmste Teil des Fastens, aber: "Ein nicht optimal gesäuberter Darm fastet nicht optimal", sagt Buchinger. "Denn dann ist der Körper noch mit dem beschäftigt, was zurückgeblieben ist." Das Abführen soll dafür sorgen, dass die ersten Fastentage leichter zu überstehen sind. Das sind die Tage, in denen sich die Gedanken noch um Essen und Hunger drehen.

"Die ersten drei Tage war es unheimlich schwer, da dachte ich manchmal, ich kippe um", erinnert sich Tauber an ihr erstes Fasten vor einigen Jahren. Weitere unerwünschte Nebenwirkungen können laut DGE unter anderem Müdigkeit, verminderte Konzentrationsfähigkeit, trockene Haut oder Mundgeruch sein. Diese Nebenwirkungen normalisierten sich jedoch meist im Verlauf des Fastens.

Nach den ersten drei Tagen wurde Tauber plötzlich euphorisch: "Ich hätte ewig weiterfasten können." Knapp eine Woche hat sie damals auf feste Nahrung verzichtet, vor kurzem fastete sie noch einmal in einer Fastenklinik. Der Speiseplan war simpel: morgens Tee, mittags Brühe, abends frischer Saft, mindestens 2,5 Liter Flüssigkeit sollen die Fastenden am Tag zu sich nehmen. Das hilft auch gegen das Hungergefühl, wie Tauber festgestellt hat: "Wenn man Hunger bekommt, trinkt man eben, dann geht der Hunger weg." Dazu gibt es viel Bewegung, Spaziergänge, Ruhe, Entspannung, Massagen und jeden zweiten Tag einen Einlauf - der nicht obligatorisch ist, aber den Darm von Restbeständen reinigt.

Nach 17 Fastentagen fing Tauber vorsichtig wieder mit fester Nahrung an. Dazu gab es am ersten Abend einen Teller Kartoffelsuppe, am nächsten Morgen eine kleine Portion Müsli, mittags gedünstete Zucchinischeiben. Und zwischendurch immer mal wieder einen Apfel. Der erste Apfel nach dem Fasten soll ein besonderes Erlebnis sein, so Michalsen. Neben der leichten Kost sei wichtig, auch nach den Aufbautagen beim Essen mindestens 15 Mal zu kauen, betont Buchinger.

Fastenpatientin Tauber passt nach 17 Tagen Fasten wieder in viele ihrer alten Kleidungsstücke. Ihr Gesicht ist schmaler, die Augen klarer. Nun versucht sie, gesünder zu leben. "Ich kaufe mehr Obst, mehr Gemüse, esse weniger Kohlenhydrate", sagt sie. Und sie hat sich fest vorgenommen, in diesem Jahr mit Freundinnen wieder zu fasten.

(dpa/anch/das)
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