Kampf gegen Fettleibigkeit Experten: Politik muss gegen schlechte Ernährung vorgehen

Hannover · Einen energischeren Kurs der Politik gegen die wachsende Fettleibigkeit der Deutschen hat die Übergewichtsexpertin Prof. Martina de Zwaan gefordert.

Giftstoffe im Körper im Überblick
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Foto: dpa, Diagentur

Nach der erfolgreichen Eindämmung des Rauchens müsse der Staat auch gegen schlechte Ernährung einschreiten, sagte die Klinikdirektorin am Mittwoch auf einer Fachtagung in Hannover. Neben der Nahrungsmittelindustrie müssten die Werbung und die Aufteilung des Warensortiments in Supermärkten kritisch überprüft werden, meinte de Zwaan. Angesichts der Fülle auch ungesunder Lebensmittel könne Übergewicht nicht nur den Betroffenen angelastet werden nach dem Motto: "Wir stellen Dir das vor die Nase und Du musst Dich kontrollieren."

Als mögliche Maßnahme nannte de Zwaan die inzwischen wieder abgeschaffte Fettsteuer in Dänemark, die Lebensmittel mit gesundheitsschädlichen Fetten verteuert hatte. Betroffene Produkte wie Butter, Schweinehackfleisch, Käse, Pizza oder Öl kosteten damit im Durchschnitt etwa zehn Prozent mehr. Dies sollte Verbraucher zum Kauf fettärmerer Produkte ermuntern. Die Expertin bezweifelte, ob die regelmäßig diskutierte Einführung einer Lebensmittelampel Wirkung zeige, bei der Lebensmittel auf der Verpackung je nach Zuckergehalt in Rot, Gelb oder Grün gekennzeichnet werden.

Eine gesündere Ernährung könne der Staat den Menschen nicht überstülpen, die Bevölkerung müsse auch aufgeklärt werden, sagte der Leiter des Instituts für Ernährungspsychologie an der Universität Göttingen, Thomas Ellrott. Über Jahrzehnte eingeschliffene Ess- und Lebensgewohnheiten müssten reflektiert werden. "Die Gesundheit spielt bei der Lebensmittelauswahl keine große Rolle bei der Masse der Menschen." Lieber werde eine große Menge zu einem geringen Preis gekauft. Große Verpackungen und die große Vielfalt an Lebensmitteln führten laut Studien dazu, dass mehr gegessen werde als nötig.

Jüngsten Studien zufolge sind 67 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen in Deutschland übergewichtig, etwa ein Viertel der Bevölkerung in einem krankhaften Ausmaß. Dann spricht man von Adipositas, die am Mittwoch Thema des jährlichen Ernährungsforums der Niedersächsischen Ärztekammer war.

(dpa)
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