Bienenhaltung liegt im Trend "Imkern ist das neue Yoga"

Recklinghausen/Bochum · Dem Imkern haftete lange eine altbackene Note an. Das einstige Rentnerhobby weckt neuerdings allerdings wieder Interesse. Vor allem bei Frauen.

Imkern liegt voll im Trend - Bienen und Honig als Hobby
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Imkern liegt voll im Trend - Bienen und Honig als Hobby

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Foto: dpa, ade lof sab

Vor zehn Jahren hieß die Schlagzeile noch: Nachwuchssorgen bei den Imkern! Von den Jüngeren, so schien es, wollte keiner mehr ran an die Bienen. Dabei war nicht Desinteresse Schuld, sondern vielmehr die verkrusteten Strukturen vieler Imkervereine. "Wir waren Alte-Säcke-Clubs", bringt es Gustav Robering (69) auf den Punkt.

Sein Recklinghäuser Imkerverein betreibt einen Lehrbienenstand. Seit 2007 ist die Mitgliederzahl von 30 auf 70 gewachsen. Der Anteil der Frauen: damals eine, heute 25. "Die haben gemerkt, dass Imkern ein Zubrot ist." Die Recklinghäuser bieten Lehrgänge an. Erfahrene Imker stehen den Neulingen zur Seite. "Wir schreiben Ausbildung groß."

In NRW zählen die beiden Imkerverbände Rheinland und Westfalen-Lippe zusammen rund 15.000 Imker und fast 95.000 Bienenvölker. 2006, da war die Mitgliederzahl noch am Tiefpunkt. "Seitdem haben wir fast jedes Jahr etwa 500 neue Imker dazubekommen - dank eines guten Schulungskonzepts", sagt Vorsitzender Dirk Franciszak. Inzwischen hätten die Frauen im rheinischen Verband einen Anteil von 20 Prozent.

Auch Pia Aumeier beobachtet schon lange, dass sich junge Menschen für Bienen begeistern - und nachdenken über den Kreislauf der Natur. "Viele trauten sich aber bislang nicht, weil sie dachten, Imkern sei kompliziert und teuer", sagt die Zoologin, die samstags Lehrgänge im Duisburger Bienenmuseum anbietet. Derzeit lernen bei ihr 600 Anfänger das Imkern.

Die 46-Jährige ist auch wissenschaftliche Mitarbeiterin der AG Verhaltensbiologie und Didaktik der Biologie an der Ruhr-Universität Bochum und lässt ihre Bienen dort im botanischen Garten fliegen. Der Umbruch sei gekommen, als das Altbackene in den Vereinen aufgebrochen wurde, so die Expertin für Parasitologie.

"Es macht zufrieden, du findest Ausgleich zum Stress"

Die Ruhrstadt-Imker in Bochum sind ein junger Verein. Jugendobfrau Viveka Brauckhoff (19) hat seit fünf Jahren eigene Bienenvölker und viele gleichaltrige Mitstreiter. "Durch Bienen man hat eine Verbindung zur Natur. Das spricht junge Leute an. Sie schützen auch Tiere und verzichten auf Fleisch. Fahren Rad statt Auto", sagt die Studentin. Warum sie Imkern mag? "Es ist das neue Yoga. Du kannst entspannen, es macht zufrieden, du findest Ausgleich zum Stress."

Mutter Heike Brauckhoff (52) gehört zu den Gründungsmitgliedern der Ruhrstadt-Imker und ist Vize-Vorsitzende der 112 Mitglieder. "Bei unseren Imkertreffen sind fast jedes Mal neue Gesichter." Der Altersdurchschnitt liege nicht mehr bei über 60, sondern bei 42 Jahren. "Viele Imker waren in ihren alten Vereinen unglücklich. Es gab zu wenig Input und kaum Aufgeschlossenheit für neue Wege."

Jetzt herrscht reger Austausch der Erfahrungen, Tipps zur Bekämpfung der Varroa-Milbe teilen die Vereinsmitglieder ebenso wie die Freude über Preise bei der jährlichen Honigprüfung. Sie gestalten eigene Etiketten und Namen für ihre Produkte. Mit der kürzlich geschleuderten Frühtracht hofft Familie Brauckhoff auf eine Auszeichnung für ihr "Grummer Gold", benannt nach ihrem Bochumer Stadtteil.

"Wer Bienen hält, wirft einen Blick über den Tellerrand und sieht die Welt mit anderen Augen", sagt Pia Aumeier. Plötzlich spritzten die Leute kein Gift mehr im Garten, ließen Unkraut wachsen und blühen und verlören die Angst vor Insekten, so die Erfahrung der Biologin. Ihr persönliches Fazit: "Bienen sind grandios. Sie anzufassen, ihre Wärme zu spüren und ihr Summen zu hören, ist ein erhebendes Gefühl."

(lnw)
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