Warum wir Ballaststoffe brauchen Ballast, der uns am Leben hält

Berlin/Bonn · Ballast, das klingt wie überflüssig und nutzlos. Ballaststoffe aber sind das ganz und gar nicht. Diese rein pflanzlichen Bestandteile sind für uns überlebenswichtig und schützen uns vor vielen Krankheiten. Hießen sie Krebsschützer oder Schlankmacher, würde sie jeder haben wollen.

Ballaststoffe: So essen Sie genug davon
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Ballaststoffe: So essen Sie genug davon

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Foto: obx

Das, was Ballaststoffe rein dem Namen nach so unbeliebt macht, ist für unsere Gesundheit unverzichtbar. Sie sind genau das Gegenteil von dem, was ihr Name uns weiß machen will: Ballaststoffe entlasten unseren Körper, sättigen und machen auf diese Weise sogar schlank. Das weiß man heute. Als die Pflanzenteile wie Zellulose, Inulin und Pektin aber zu ihrem Namen kamen, ging man davon aus, dass sie dem Organismus nicht nützen, weil sie unverdaulich sind und der Körper sie wieder ausscheidet.

Bereits in den 1970er Jahren aber vermuteten Wissenschaftler, dass sie trotzdem einen Nutzen für den Organismus haben. Sie beobachteten in ländlichen Regionen Afrikas, dass die Bevölkerung dort seltener an Krankheiten wie Darmkrebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus litt. Das führten sie zurück auf die sehr ballaststoffreiche Ernährung.

Was die Pflanzenstoffe leisten

"Ballaststoffe sind rein pflanzliche Stoffe, die in den Zellwänden der Pflanzen vorkommen. Sie enthalten so gut wie keine Nährstoffe, noch Kalorien", erklärt Manuela Marin. Sie ist Diplom-Oecotrophologin und Mitglied im Verband der Oecotrophologen. Zwei Arten von Ballaststoffen bringen dem Körper unterschiedlichen Nutzen. Als natürlicher Füllstoff wandern so genannte unlösliche Ballaststoffe durch den Darm und sorgen dafür, dass sich im längsten Organ des Menschen nichts staut. Ohne sie würden wir schnell an Darmträgheit leiden, wie es eben die Menschen tun, die zu wenige Ballaststoffe zu sich nehmen.

Forciert wird das Problem mit dem schlappen Darm durch sitzende Tätigkeit. Der Darm nämlich ist auf Bewegung angewiesen, damit er störungsfrei funktioniert. Wer dann wegen Verstopfung auf rezeptfreie, abführende Arzneimittel zurückgreift, der hilft seinem Darm mit Arzneien auf die Sprünge, die häufig auf Basis von Ballaststoffen funktionieren, sagt die Berliner Oecotrophologin. "Man muss viel dazu trinken, denn sonst quellen die Ballaststoffe nicht auf, sondern klumpen im Darm zusammen und befeuern das Problem zusätzlich."

Unlösliche Ballaststoffe regen nicht nur die Darmtätigkeit an, sie sind auch ein natürlicher Schutz gegen Hämorrhoiden und entzündlichen Darmausstülpungen, den Divertikeln. Lösliche Ballaststoffe wirken hingegen in erster Linie auf den Stoffwechsel ein. Nimmt man sie mit der Nahrung zu sich, wirken sie sich positiv auf die Blutfette sowie den Cholesterinspiegel aus, informiert die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). "Die Ballaststoffe binden das Cholesterin schon im Darm", sagt Ernährungsexpertin Marin.

Schutz vor zahlreichen Zivilisationskrankheiten

Damit tragen die Pflanzenrohfasern dazu bei Bluthochdruck und Herzerkrankungen vorzubeugen. Außerdem beugen sie nach Erkenntnis der Ernährungswissenschaftler Gallensteinen, Krampfadern, Diabetes, Blinddarmentzündung vor. Sogar vor Darmkrebs soll das schützen, legt man die Daten des World Cancer Research Fund zugrunde, der sämtliche relevante Forschungsergebnisse dazu auswertete.

Die meisten Menschen aber wissen nichts von den Vorteilen, die eine ballaststoffreiche Ernährung mit sich bringt. Im Trend sind hingegen Ernährungsweisen, die auf Zufuhr von viel Eiweiß bauen. Ballaststoffe, die vor allem Vollkorngetreide sowie in Hülsenfrüchten oder Kartoffeln und Vollkornreis befinden, werden mit Absicht gemieden. Die Backindustrie geht den Trend mit und backt spezielle Eiweißbrote statt mit Vollkornmehl mit Proteinen und Fett. Den wenigsten Menschen ist bewusst, dass Ballaststoffe in der Nahrung mindestens ebenso wichtig sind wie Vitamine und andere Nährstoffe und dass sie mit den fettreichen Eiweißbroten der Figur gar nichts Gutes tun.

Wir essen zu wenig vom Wichtigen

Noch im Jahr 1800 verzehrten die Menschen hierzulande täglich fast ein Kilo Vollkornbrot - etwas anderes gab es damals nicht. Und sie nahmen allein durch Brot 100 Gramm Ballaststoffe pro Tag auf. Heute verzehrt ein Mann im Schnitt 25 Gramm und eine Frau 23 Gramm Ballaststoffe. Vergeblich mahnen Ernährungswissenschaftler, dass wir wenigstens auf 30 Gramm kommen sollten.

Um die Ballaststoffbilanz auszugleichen, sollte mehr Pflanzenkost, etwa Getreideerzeugnisse und Brot, Obst, Gemüse und Kartoffeln gegessen werden, mahnen die Ernährungswissenschaftler. Zwar enthalten auch Brötchen aus Weißmehl, Baguette und Ciabatta Ballaststoffe, aber das allein rein rechnerisch. Denn von der Menge her ist es dem Normalernährer kaum möglich über die fein vermahlenen Körner,, die von ihren den ballaststoffreichen Randschichten befreit wurden, eine ausreichende Menge an Ballaststoffen zu sich zu nehmen. Wer also bewusst auf eine ballaststoffreiche Ernährung achten will, der sollte statt auf Weißmehl vom Typ 405-Mehl auf Vollkornmehl oder Mehl vom Typ 1050 zurückgreifen. Letzteres ist vor allem in einer Umstellungsphase hilfreich.

Der Figurtipp

Figurbewusst ernähren sich Menschen, die sich an der Empfehlung der DGE orientieren, täglich 30 Gramm Ballaststoffe zu sich zu nehmen. "Das nämlich erreicht man zum Beispiel, indem man am Tag drei Scheiben Vollkornbrot isst, drei mittelgroße Kartoffeln und drei Portionen Gemüse. Das wären beispielsweise 200 Gramm Blumenkohl, 100 Gramm Salat und eine Karotte. Zusätzlich müsste man dann auch noch einen Apfel und 150 Gramm Beerenobst essen", erklärt Marin. Das allein ist so viel, dass damit der Hunger für den Tag gestillt sein dürfte. Einen weiteren Vorteil bringt eine solche Ernährungsumstellung mit sich: Wer es schafft, seinen Ballaststoffverzehr um zehn Gramm täglich zu erhöhen, kann sein Herzinfarktrisiko dadurch um rund 20 Prozent senken.

(wat)
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