Gesundheitsgefahr wegen Durchfallerreger Warum Sie Hähnchen auf keinen Fall waschen sollten

Düsseldorf · Es klingt paradox: Wer Hähnchenfleisch vor dem Kochen wäscht, geht damit ein Gesundheitsrisiko ein. Unser Autor ist gelernter Koch und studierter Lebensmittelwissenschaftler. Er erklärt, worauf es bei der Zubereitung ankommt.

Jedes zweite Hähnchen ist mit gefährlichen Durchfallerregern belastet. Das berichtete unsere Redaktion. Deshalb ist es unerlässlich zu wissen, wie man den krankheitserregenden Keim Campylobacter unschädlich macht. Die Überraschung: Waschen hilft nicht, sondern macht die Sache nur noch schlimmer.

Wie kommen die Bakterien überhaupt ans Hähnchen?

Das liegt an den Hygiene-Bedingungen in den Schlachthöfen. Die Hühner haben die Darmbakterien durch die Haltung fast immer im Gefieder. Dieses wird aber meist so schnell und grob herausgerupft, dass dabei die Haut verletzt wird und sich die Keime nicht nur darauf, sondern auch in den obersten Hautschichten ansiedeln können. Die Bakterien überleben den gekühlten Transport ohne Probleme. Selbst tiefgefrorene Hähnchen sind vor den Erregern nicht sicher. Campylobacter kann bei minus 20 Grad Celsius mehrere Monate überleben.

Warum darf ich das Hähnchen nicht waschen?

Mit dem Wasser werden zwar viele Keime vom Fleisch gespült, die zusätzliche Feuchtigkeit begünstigt aber auch deren Vermehrung. Die eigentliche Gefahr ist jedoch eine andere. Jede Hähnchenbrust hat Falten und Lappen. Wenn der Wasserstrahl darauf trifft, spritzen Tropfen in alle Richtungen. Dadurch werden die Bakterien in der Küche verteilt. Wenn Wassertropfen zum Beispiel auf ein Schneidbrett oder Messer kommen, mit dem später eine Gurke geschnitten wird, hat man die Durchfallerreger im Salat. Abtrocknen mit dem Handtuch wäre dann völlig verkehrt, die Keime verbreiten sich dadurch nur noch weiter. Um die Bakterien abzutöten, müsste alles komplett desinfiziert werden. Das ist in der Gastronomie übrigens Pflicht: Was mit rohem Hähnchenfleisch in Berührung gekommen ist, muss gründlich desinfiziert werden.

Wie bekomme ich das Hähnchen dann keimfrei?

Ganz keimfrei, also steril geht zwar nicht, aber am besten tupft man mit Küchenkrepp den Fleischsaft gründlich ab. Darin vermehren sich die Bakterien nämlich auch. Danach kommt das Hähnchen in die Pfanne oder den Backofen. Im Anschluss die Hände gründlich mit Seife und warmem Wasser waschen und wenn möglich desinfizieren. Die Vorgabe fürs Garen aus der Gastronomie lautet: Wenn das Hähnchen mindestens zwei Minuten lang eine Kerntemperatur von 72 Grad Celsius hatte, gelten alle üblichen krankmachenden Keime als abgetötet. Die Kerntemperatur ist die Temperatur, die in der Mitte des Fleischs herrscht. Die Garzeit ist insgesamt natürlich länger als zwei Minuten, schließlich dauert es eine Weile bis die Temperatur im Inneren angekommen ist.

Wie messe ich die Kerntemperatur?

Dafür gibt es günstige Fleischthermometer, die man in das Hähnchen steckt. Wer keines zur Hand hat, muss das Hähnchen anschneiden, um zu überprüfen, ob es gar ist. Das Fleisch muss komplett weiß sein und darf nicht mehr glasig aussehen. Wenn das noch so ist, brät man es am besten auf der Schnittfläche nochmal weiter.

Was muss ich sonst noch beachten?

Wer ein Tiefkühlhähnchen auftaut, kann schon beim Auftauen dafür sorgen, dass die Keime keine Chance kriegen. Dazu das Hähnchen auf ein Sieb legen und eine Schüssel darunter stellen. So liegt das Fleisch nicht im eigenen Tauwasser, wo sich die Erreger gut vermehren können. Außerdem sollte das Hähnchen unbedingt im Kühlschrank und nicht bei Zimmertemperatur aufgetaut werden. Sonst besteht das Risiko, dass die äußeren Schichten schon Raumtemperatur haben und sich die Bakterien dort ausbreiten, während das Innere noch gefroren ist. Also das Hähnchen besser schon am Vorabend zum Auftauen in den Kühlschrank stellen.

Handschuhe zu tragen verringert übrigens nicht die Gefahr der Keimbelastung. Besser ist es sogar, auf Handschuhe zu verzichten. Denn so wäscht man sich in der Regel öfter die Hände zwischen den einzelnen Arbeitsschritten.

Unser Autor machte die Ausbildung zum Koch in Xanten, arbeitete anschließend drei Jahre in Küchen auf Sylt und im Breisgau. Danach studierte er Oecotrophologie in Mönchengladbach (Bachelor of Science), gefolgt vom Master in Lebensmittelwissenschaften in Kleve.

(chal/kron)
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