RP-Sprechstunde Seltsame Entzündung

Düsseldorf · Gelenkentzündungen, Fieber, Durchfälle und Gewichtsverlust – hierbei muss der Arzt an eine seltene Krankheit denken: den Morbus Whipple.

 Unser Autor Stefan Ewerbeck ist leitender Internist und Rheumatologe am Rheuma-Zentrum in Meerbusch-Lank.

Unser Autor Stefan Ewerbeck ist leitender Internist und Rheumatologe am Rheuma-Zentrum in Meerbusch-Lank.

Foto: St. Elisabeth-Hospital Meerbusch-Lank

Unsere Leserin Ann-Kathrin M. aus Hilden fragt: „Mein Mann leidet seit Jahren an einer chronischen Entzündung der Kniegelenke und Schultern. Seit langer Zeit wird er von einem Rheumatologen mit Medikamenten versorgt, die allerdings kaum oder keinen Effekt haben. Sorgen bereitet mir sein sonstiger Zustand: wiederholte Bauchschmerzen, Durchfälle, zunehmender Gewichtsverlust und zeitweise Fieber. Leider kann ich meinen Mann nicht überzeugen, dass er sich eine zweite Meinung einholt. Handelt es sich um Nebenwirkungen der Medikamente? Oder gibt es noch andere Diagnosen, die in Frage kommen?“

Stefan Ewerbeck Gelenkentzündungen, Durchfälle und Gewichtsverlust müssen durchaus an Nebenwirkungen der Medikamente denken lassen. Wenn dies ausgeschlossen ist, sollte zunächst auch die Ursache der Durchfälle, des Fiebers und des Gewichtsverlustes abgeklärt werden. Es gibt chronische Darmerkrankungen, die mit Gelenkentzündungen einhergehen können, sogenannte enteropathische Gelenkentzündungen. Bei dem starken Gewichtsverlust muss aber auch an eine seltene, oft übersehende Infektionserkrankung des Dünndarms gedacht werden. Die Diagnose dieser Erkrankung sollte möglichst rasch erfolgen, da die Krankheit unbehandelt tödlich verlaufen kann. Der sogenannte Morbus Whipple, benannt nach Georg H. Whipple (1878 bis 1976), wird durch ein spezifisches Bakterium namens Tropheryma whipplei ausgelöst, das überwiegend den Dünndarm befällt. Allerdings auch andere Organe (Gelenke, Wirbelsäule, Lunge, Herz, Nervensystem und Augen).

Insbesondere die Symptome Gelenkentzündung und schwerer Gewichtsverlust sowie das fehlende Absprechen der Gelenkentzündung auf die gängigen antirheumatischen Medikamente lassen an diese Diagnose denken. Männer sind häufiger betroffen, das Durchschnittsalter liegt bei etwa 50 Jahren. Die Krankheit ist nicht ansteckend; vermutlich ist auch das Bakterium nicht die einzige Ursache, ein gestörtes Immunsystem spielt ebenfalls eine wichtige Rolle.

Die Diagnose wird gestellt durch den Nachweis der Bakterien in der Dünndarmschleimhaut und typische feingewebliche Veränderungen. Auch eine Urinuntersuchung und spezielle Labortests können helfen, die Diagnose zu stellen. Die Therapie der Wahl ist eine gezielte Antibiotika-Therapie für zwei Wochen intravenös, anschließend oral für mindestens ein Jahr. Hiermit ist eine rasche Heilung und damit auch eine erhebliche Besserung sämtlicher Symptome möglich.

Meine Empfehlung: Versuchen Sie Ihren Mann zu überzeugen, sich in einem Zentrum für rheumatische Erkrankungen vorzustellen.

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