Sprechstunde Johannes Uerscheln Der Prick-Test misst nicht die Allergie

Er ist leicht durchzuführen. Aber die Analyse der Ergebnisse ist ausgesprochen komplex.

Unsere Leserin Melanie H. (29) aus Ratingen fragt: "Da meine Nase dauernd verstopft ist, wurde bei mir ein Allergietest auf der Haut gemacht. Hier ist eine Hausstaubmilben- und eine Gräserpollenallergie festgestellt worden. Meines Wissens fliegen diese Pollen im Sommer. Gerade in dieser Zeit habe ich kaum Beschwerden. Waren die Testergebnisse falsch?"

johannes Uerscheln Um eine Allergie zu diagnostizieren, gibt es unterschiedlichste Tests. Ein häufig angewendeter Test, besonders bei Beschwerden der Atemwege, ist der Prick-Test. Hierbei werden wässrige Lösungen der verdächtigen und typischen Allergene auf die Haut aufgetragen und dann mit einer kleinen Nadel in die oberen Hautschichten eingebracht. Schon nach Minuten ist das Ergebnis abzulesen – bei einem positiven Test entstehen an der Einstichstelle eine kleine Quaddel und eine Rötung. Dieser Test wird häufig durchgeführt, da er leicht angewendet werden kann und mit standardisierten Testlösungen zuverlässig und zudem nebenwirkungsarm ist. Die Interpretation des Ergebnisses ist komplizierter. Das liegt daran, dass der Prick-Test und auch andere Methoden der Allergie-Diagnostik nicht die Allergie an sich messen, sondern lediglich eine Aussage zur allergischen Sensibilisierung des Körpers gegenüber den Test-Substanzen machen kann, die man Allergiebereitschaft nennen könnte. Das erklärt auch die Verständnisprobleme, die Sie mit dem Ergebnis Ihres Testes haben. Die Gräserpollen haben im Hauttest eine Reaktion hervorgerufen, aber Sie reagieren nicht allergietypisch, wenn diese Pollen normalerweise fliegen. Somit kann man in diesem Fall von einer Sensibilisierung oder eben jener Allergiebereitschaft und nicht von einer Allergie sprechen. Da aktuell keine Beschwerden vorliegen, ist auch eine Behandlung nicht sinnvoll. Sollten in der Zukunft allergische Beschwerden im Sommer auftreten, dann scheint aus der Allergiebereitschaft eine Allergie geworden zu sein, die dann behandelt werden kann. Ein weiterer Fallstrick ist, dass besonders bei ganzjährigen Symptomen neben Allergien auch andere Auslöser möglich sind, die aufgrund einer generellen Überreizung die Beschwerden auslösen. Daher ist bei Ihrem positiven Testergebnis bei der Hausstaubmilbe, die ein ganzjähriges Allergen ist, auszuschließen, dass eine Allergie gegenüber Milben auch wirklich für die Beschwerden verantwortlich ist und eben nicht eine unspezifische, nicht-allergische Überreizbarkeit vorliegt. Um das herauszufinden, bietet sich eine Provokationstestung an, bei der mit einem Wattestäbchen Hausstaubmilbenlösung in die Nasenhöhle eingebracht wird und dann die Reaktion, also Schnupfen oder Verengung, gemessen wird. Treten solche Beschwerden auf, dann liegt wirklich eine Allergie vor, und es sind auch spezielle Allergietherapien sinnvoll.

Johannes Uerscheln ist Allergologe/ Lungenarzt in Neuss und Düsseldorf.

(RP)
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