Nahrungsergänzungsmittel Vitamin-D-Präparate nutzlos gegen Corona
Düsseldorf · In vielen Fällen findet man bei Covid-19-Kranken einen Vitamin-D-Mangel. Dies sei aber die Folge, nicht die Ursache der Erkrankung, sagen Experten. Aufenthalt in der Sonne sei viel wichtiger.
Der Imperativ ging von Bloggern und Influencern im Internet aus: Leute, nehmt Vitamin D zur Vorbeugung gegen Infektionen mit dem Coronavirus!
Vitamin D, denkt jeder, kann ja nicht schaden, und seitdem bekannt ist, dass bei einer Reihe von Covid-19 Patienten im Krankenhaus ein niedriger Vitamin-D-Spiegel festgestellt wurde, liegt die Empfehlung nicht ganz fern. So zeigt die Forschungsarbeit eines Teams um José L. Hernández von der Universität Santander (Spanien), dass über 80 Prozent von Covid-19-Patienten, die im Krankenhaus behandelt wurden, einen Vitamin-D-Mangel aufwiesen. Außerdem gibt es einige Studien zu der Frage, ob die Häufung von Atemwegsinfekten im Winter und Frühjahr eine Folge der in diesem Zeitraum besonders niedrigen Vitamin-D-Spiegel sind. Der Mangel an Sonnenlicht könnte hier ein wichtiger Faktor sein.
Doch die Frage ist, ob die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln überhaupt sinnvoll ist. Das Problem ist, dass bei fast allen Covid-19-Patienten der Vitamin-D-Spiegel erstmals in ihrem Leben überhaupt im Krankenhaus bestimmt wurde. Man kann also nicht zwingend davon ausgehen, dass sie zuvor einen Mangel hatten.
Martin Smollich, Professor für Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, weist nun in der „Deutschen Apotheker-Zeitung“ auf andere Kausalität hin. Er glaubt, dass der niedrige Vitamin-D-Spiegel nicht Ursache, sondern Folge der Covid-19 Erkrankung sei. Es handelt sich um eine immunologische Reaktion in der Akutphase. Er sagt: „Bereits in der Vergangenheit wurde darauf hingewiesen, dass ein niedriger Vitamin- D-Spiegel etwa bei entzündlichen Erkrankungen Folge der Entzündung und eben nicht Erkrankungsursache ist.“ Schließlich trete ein Vitamin-D-Mangel überdurchschnittlich häufig bei Erkrankungen und Lebensumständen auf, die das Covid-19-Risiko erhöhen, etwa hohes Lebensalter, Adipositas oder Diabetes mellitus Typ 2.
Ist vorbeugende Einnahme von Vitamin D gefährlich? Smollich rät nicht grundsätzlich davon ab, allerdings warnt er ausdrücklich vor hohen Dosierungen: Es gebe sogar Hinweise darauf, „dass erhöhte Serumkonzentrationen von Vitamin D auch zu einer immunsuppressiven Wirkung führen könnten“. Ähnlich skeptisch ist Martin Fassnacht, Professor für Endokrinologie und Endokrinologie am Universitätsklinikum Würzburg. Auch er sieht „den Hype um Vitamin D“ sehr kritisch, wie er der „Deutschen Welle“ sagte: „Wenn man sich die Sache genauer anschaut, dann haben sich bisher die Hoffnungen, dass die Gabe von Vitamin D eine heilende Wirkung hat, nicht bestätigt."
Wer auf risikofreie und gesunde Weise etwas für seinen Vitamin-D-Spiegel tun möchte, der sollte auch in diesen Tagen häufiger nach draußen gehen. Bei ausreichender Sonnenbestrahlung lässt sich der empfohlene Tagesbedarf an Vitamin D größtenteils durch Eigenproduktion decken: Der Körper bildet dann in der Haut 80 bis 90 Prozent der benötigten Menge an Vitamin D. Nahrungsmittel mit Vitamin D in nennenswerter Menge (etwa Fettfische wie Hering und Makrele) steuern nur einen kleinen Rest bei.