Jucken, brennen, tränen, kleben Wenn sich die Bindehaut entzündet

Düsseldorf · Die Entzündung der Bindehaut ist ein Klassiker in der Augenarztpraxis - gerade an kalten Tagen. Sie kann viele Ursachen haben. Was man dazu wissen muss.

So kurieren Sie eine Bindehautentzündung
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Foto: dpa, Andrea Warnecke

Die Betroffenen erleben beim Aufwachen oft das: Ein Auge ist rot und brennt, und an den Wimpern kleben Krusten. Meist ahnen sie dann schon: Es ist eine Bindehautentzündung. Der Arzt hat einen Namen dafür: Konjunktivitis.

Die Bindehaut ist die Gleitschicht der Augen. Sie kleidet die Lider von innen aus, bedeckt die weiß durchscheinende Lederhaut des vorderen Augapfels und endet am Rand der Hornhaut. Die Hornhaut des Auges ist vergleichbar mit einer Fensterscheibe, durch die wir die Welt sehen. Trübungen führen zur Sehverschlechterung. Die Bindehaut befeuchtet die Hornhaut bei jedem Lidschlag mit Tränenflüssigkeit, so bleibt der klare Durchblick erhalten.

Gutes Sehen fängt mit einem gesunden Tränenfilm an. Er wird oberflächlich durch ein öliges Sekret (Lipidschicht) stabilisiert, das vor zu schneller Verdunstung schützt. Zuständig für die Produktion sind die Maibom-Talgdrüsen der Lidränder. Die mittlere Schicht des Tränenfilms ist eine Art Salzlösung.

Sie stellt den größten Anteil und wird von der Tränendrüse gebildet. Bei Reizung (Kälte, Zwiebelschneiden) wird die Tränenproduktion gesteigert: Man weint. Den Abschluss zur Hornhautoberfläche bildet eine eiweißreiche Schicht (Muzinschicht), die von den Becherzellen der Bindehaut gebildet wird. Die Muzinschicht wehrt Infektionen ab, indem sie die Vermehrung von Bakterien hemmt.

Eine Vielzahl von Störfaktoren können die natürliche Schutzfunktion des Tränenfilms beeinträchtigen: Bindehaut-Vernarbungen, reduzierte Lidschlagfrequenz, Lidrand-Entzündungen, Medikamente, Rheuma, Schilddrüsenerkrankungen, trockene Raumluft, Konservierungsstoffe aus Augentropfen, Hormonmangel.

Man spricht dann von trockenen Augen (Sicca-Syndrom). Dagegen werden Tränenersatzmittel ("künstliche Tränen") eingesetzt. Für den öligen Anteil der Tränenflüssigkeit spielt auch die Ernährung eine wichtige Rolle. Seefisch ist der natürliche Lieferant für die Fettsäuren. Wer keinen Fisch mag, kann Fischölkapseln schlucken.

Das Sjögren-Syndrom und das Pemphigoid sind Autoimmunerkrankungen. Das Sjögren-Syndrom kann bei Rheuma auftreten. Beim Sjögren-Syndrom entzünden sich Tränen- und Speicheldrüsen. Beim Pemphigoid kommt es zu Vernarbungen. Die Folgen: Mund und Augen trocknen aus, da entzündete oder vernarbte Drüsen weniger Sekret bilden. Man behandelt auch hier mit "künstlichen Tränen". In schweren Fällen werden Kortison und Immunsuppressiva eingesetzt.

Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten können Bindehäute besiedeln und Infektionen auslösen. Doch auch ohne Erreger kann es zur Entzündung kommen. Allergien, trockene Augen, UV-Strahlen (Verblitzung) und Verätzungen sind mögliche Ursachen für eine Bindehautentzündung. Bakterien verursachen eitrige, verklebte Augen und bedürfen einer antibiotischen Antwort, die die Entzündung hemmt.

Die Gonorrhoe ist neben der Chlamydien-Infektion eine der häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen. Das plötzliche Auftreten einer heftigen eitrigen Bindehautentzündung ist typisch für eine Infektion mit Gonokokken.

Diese Bakterien befallen Schleimhäute von Augen, Harnröhre und Geschlechtsorganen. Rötung und eitriger Ausfluss sind die Folge. Chlamydien sind Erreger, die sich in ungechlorten Bädern tummeln. Auch sie fühlen sich auf Schleimhäuten wohl und verursachen neben der Konjunktivitis auch Entzündungen der Geschlechtsorgane und Harnröhre.

Bei Gonokokken und Chlamydien-Infektionen müssen Frauenarzt, Urologe und Augenarzt zusammenarbeiten. Antibiotika sind die Therapie der Wahl. Die Mitbehandlung des Partners vermeidet den "Ping-Pong-Effekt".

Wenn ein Lid plötzlich anschwillt, das Auge sich rötet und heftig tränt, handelt es sich vermutlich um eine "Augengrippe". Viren lösen sie aus. In Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern und Arztpraxen ist diese Infektion gefürchtet, da sie sehr ansteckend ist. Meist kommt es nach wenigen Tagen zur Entzündung des anderen Auges. Feine Trübungen der Hornhaut (Nummuli) sind für die "Augengrippe" typisch. Die Folgen: schlechteres Sehen und starke Blendempfindlichkeit. Hygiene ist wichtig: Regelmäßiges Händewaschen, Desinfektion von Türklinken und täglicher Handtuch- und Bettwäschewechsel sind unumgänglich.

Augenjucken ist typisch bei allergischer Konjunktivitis. Allergien sind Antikörper-Reaktionen unseres Immunsystems auf Eiweiße, die eine Allergie auslösen; man nennt sie Allergene. Beim Heuschnupfen sind Pollen oder Gräser die Ursache. Sie aktivieren das Gewebshormon Histamin. Die Folgen: Schleimhäute schwellen an, Augen und Nase werden rot und bilden verstärkt Sekret.

Auch Hausstaub und Tierhaare können als Allergene wirken. Betroffene haben meist ganzjährig Beschwerden. Bei der Hausstauballergie ist es Milbenkot, der die allergische Reaktion auslöst. Milben leben in unserem Hausstaub.

Weitere Allergene sind Konservierungsstoffe und Abbauprodukte von Bakterien, sogenannte Bakterientoxine. Sie entstehen zum Beispiel bei einer bakteriellen Bindehautentzündung. So kann sich auf eine bakterielle Entzündung noch eine Allergie aufpfropfen. Man behandelt mit antibiotischen und antiallergischen Augentropfen. Besonders wichtig für diese Patienten ist eine regelmäßige Lidkantenreinigung zur Beseitigung der Toxine.

Generell gilt, den Kontakt mit den Allergenen zu meiden. Antihistaminika wirken gegen das Histamin, Cromoglicinsäure reduziert die Freisetzung von Histamin aus den Zellen, und Kortison wirkt antiallergisch und entzündungshemmend. Während man Antihistaminika nur bei Bedarf tropfen kann, muss die Cromoglicinsäure wegen ihres verzögerten Wirkungseintritts regelmäßig und früh getropft werden. Bei starken Beschwerden sind Antihistaminika und Kortison in Tablettenform erforderlich.

Bindehautentzündung – Die häufigsten Auslöser
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Bindehautentzündung – Die häufigsten Auslöser

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Foto: Prof. Busse/Universitätsklinikum Münster

Gewebsneubildungen können auch an der Bindehaut des Auges entstehen. Es gibt gutartige und bösartige Tumoren. Mit zunehmendem Alter nimmt die Zahl von Tumorerkrankungen zu. UV-Strahlung und Nikotin begünstigen den Prozess.

Gutartige Veränderungen der Bindehaut sind Papillome ("Wärzchen"), Zysten, Verdickungen und pigmentierte Nävi ("Muttermale"). Aus einem gutartigen Nävus kann ein malignes Melanom entstehen. Auch bösartige Karzinome und Lymphome der Bindehaut gibt es. Die operative Entfernung ist heutzutage die Therapie der Wahl.

(RP)
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