Montreal Aids-Medikament kann bei Multipler Sklerose helfen

Montreal · Das HIV-Medikament Maraviroc kann möglicherweise eine schwere Komplikation in der Therapie der Multiplen Sklerose verhindern, zu der es in der Erholungsphase nach dem Absetzen des Wirkstoffs Natalizumab kommt. Dies berichten Forscher im New England Journal of Medicine.

Zu den ärgsten Komplikationen der Therapie mit Natalizumab gehört die progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML). Zu ihr kommt es bei Patienten, deren Gehirn latent mit einem bestimmten Virus, dem JC-Virus, infiziert ist. Das Immunsystem hält die Viren in Schach.

Wenn Natalizumab den Immunzellen den Weg ins Gehirn versperrt, gewinnen die Viren Oberhand, und es kommt zur PML. Die einzige Behandlung der tödlichen PML besteht im Absetzen von Natalizumab. Dann kann es indes zu einer überschießenden Immunabwehr im Gehirn kommen, die als IRIS (Immune reconstitution inflammatory syndrome) bezeichnet wird und den Patienten ebenfalls gefährdet.

Eine Möglichkeit, die Komplikation IRIS zu vermeiden, besteht möglicherweise in der Therapie mit Maraviroc. Der Wirkstoff blockiert einen spezifischen Rezeptor. Bei HIV-Infizierten verhindert dies das Andocken von HI-Viren an den Immunzellen über diesen Rezeptor. Er spielt auch in der Entstehung von IRIS eine Rolle.

Das Team der McGill University in Montreal behandelte deshalb eine 49-jährige Frau, bei der es nach 43 Infusionen mit Natalizumab zu einer PML gekommen war, nach dem Absetzen des Medikaments vorsorglich mit Maraviroc. Die befürchtete IRIS blieb aus – bis die Frau vergaß, ihre Maraviroc-Tabletten einzunehmen.

Die Medikationspause führte sofort zu kognitiven Störungen, von denen sich die Frau nach der Wiederaufnahme der Therapie langsam erholte. Später konnten die Mediziner die Maraviroc-Therapie durch langsames Ausschleichen beenden. Jetzt sollen auf diese Weise weitere Patienten mit dem PML-Leiden behandelt werden.

(RP)
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