Interview Achillessehne reißt meist durch Abnutzung
Kamp-Lintfort · Orthopäden wissen: In vielen Fällen ist langfristige Degeneration die Ursache für einen Riss. Thomas Wallny, Professor für Orthopädie und Chefarzt am St. Bernhard-Hospital in Kamp-Lintfort erklärt die Behandlungsmöglichkeiten.
Unser Leser Markus L. (44) aus Kempen fragt: "Ich habe früher Handball gespielt. Beim Jubiläumsturnier unserer Alte-Herren-Mannschaft will ich nach 15 Minuten Spiel zum Torwurf ansetzen und springe hoch, da kracht es fürchterlich in der Wade. Danach kann ich nur noch schmerzhaft humpeln, im Unterschenkel fehlt die Kraft. Unser Vereinsarzt tastet eine Delle im Bereich der Achillessehne und stellt die Diagnose "Achillessehnenriss". Was kann man tun?
Thomas Wallny Schon in der griechischen Sagenwelt wurde sie beschrieben, die Sehne des Achill, des griechischen Helden vor Troja, der angeblich nur an einer Stelle, nämlich der Achillessehne, verwundbar gewesen sein soll. Zwischen dem Fersenbein und der Wadenmuskulatur verläuft diese größte Sehne des Menschen. Beim Gehen ermöglicht sie, dass sich die Ferse vom Boden abhebt. Zudem lässt sie uns bei Neugier auf die Zehenspitzen stellen. Sehnengewebe ist im Vergleich zum Muskel schlecht durchblutet und fängt Mitte des dritten Lebensjahrzehnts an, sich abzunutzen. Schließlich ist die Situation mit einem alten Reifen zu vergleichen: Die "Lauffläche" wird irgendwann so dünn, dass er platzt. Auf "Achilles" übertragen: Die Sehne reißt spontan. Die überwiegende Anzahl von Achillessehnenrissen hat die Degeneration (Abnutzung) der Sehne als Ursache. Mit diesem Argument lehnen Versicherungen Leistungen meistens ab. Vorsicht bei sportlicher Belastung im Sinne von Sprinten oder Springen ist in Ihrem Alter angesagt, wenn die Sehne schon vorher immer wieder einmal schmerzhaft war und, spindelförmig aufgetrieben, gut tastbar oder sichtbar ist. Dies kann Ausdruck einer fortgeschrittenen Abnutzung mit Teilriss sein, dann reicht der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen und die Sehne reißen lässt. Gehen Sie zum Orthopäden oder Chirurgen, der wird nach der Untersuchung eine Röntgen- und Ultraschalluntersuchung durchführen, um das Ausmaß des Risses festzustellen. Für den Fall eines kompletten Risses gibt es wie so häufig im Leben zwei Möglichkeiten. Entweder der Patient trägt nach dem Abschwellen einen speziellen Schuh, der hochschaftig wie ein Turnschuh mit einem Fersenkeil die Rissenden annähert und die Sehne indirekt entlastet. Oder er lässt sich die Sehne durch eine Operation nähen. Beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile. Vor allem der aktive Sportler muss sich bewusst machen, dass die exakte Annäherung der Sehnenenden eher durch die OP gelingt, die Rate erneuter Risse ist niedriger. Wenn Sie grundsätzlich Ihre Handballerkarriere an den Nagel gehängt haben und die Sehnenenden nur etwa einen Zentimeter voneinander entfernt sind, können Sie den Spezialschuh nehmen. Nach der OP müssten Sie je nach Qualität der Sehnennaht sowieso den Schuh tragen oder sogar kurzfristig eine Gipsruhigstellung in Kauf nehmen. Die Achillessehne braucht im Allgemeinen sechs bis zwölf Wochen, um zu vernarben. Mit fortschreitender Heilung kann sie wieder mehr belastet werden. Die Absatzerhöhung im Schuh wird alle zwei Wochen etwas kleiner. Sport darf man aber erst nach frühestens zwölf Wochen wieder machen, aber davon haben Sie vielleicht erst einmal genug.