Vom Anfänger zum Profi 10 Punkte, die Sie sofort zum Wander-Experten machen

München/Marburg · Wandern Sie schon oder spazieren Sie noch? Wandern wird beliebter und ist für jeden spontan möglich. Dieser Überblick zeigt, wie Sie Anfängerfehler vermeiden und die ersten Touren richtig planen.

Nicht einfach drauflos wandern: Die Route sollte gut geplant sein.

Foto: Christin Klose/dpa-tmn

Wandern ist jedem ein Begriff. Aber was steckt genau dahinter? Geht es darum, einfach weit und lange genug zu laufen und dabei die Natur zu genießen? Wie viel Vorbereitung ist nötig? Die wichtigsten Fragen und Antworten finden Sie hier.

1. Was unterscheidet Wandern vom Spazierengehen?

„Wandern ist sportlicher als Spazierengehen. Man geht über längere Distanzen, ist dadurch längere Zeit unterwegs, trägt deshalb spezielles Schuhwerk und nimmt Verpflegung mit“, erklärt Stefan Winter vom Deutschen Alpenverein (DAV).

Außerdem geht es Wanderern um ein bewusstes Naturerlebnis, am besten in einer schönen Landschaft. Laut dem Wandermonitor der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften wandern die Menschen insbesondere aus folgenden Motiven heraus:

  • die Natur erleben
  • sich bewegen, aktiv sein
  • etwas für die Gesundheit tun
  • eine Region erleben

Weitere Motive haben eher mit dem Seelenleben zu tun: Es geht um Stressabbau, frische Kraft tanken, zu sich selbst finden.

2. Welche Wandertypen gibt es - und welcher sind Sie?

Für manche Menschen fühlen sich schon zwei Kilometer wie eine Wanderung an. Für andere zählt erst eine mindestens doppelt so lange Strecke. „Jeder definiert das anders“, sagt Klaus Erber, 1. Vorsitzender des Deutschen Wanderinstituts in Marburg.

Die einen finden auch, es brauche ordentlich Steigungen oder Berge für eine richtige Wanderung. Andere sind der Meinung, das spiele keine Rolle - wandern lässt sich auch im Flachland.

Zumindest eine grundsätzliche Unterscheidung lässt sich machen, wie der Wandermonitor der Ostfalia Hochschule zeigt. Demnach gibt es grob zwei Typen von Wanderinnen und Wanderern:

  • Diejenigen, die vorwiegend im Urlaub auf Tour gehen.
  • Diejenigen, die das Wandern übers Jahr hinweg in ihrer Freizeit praktizieren, also öfters für Tagestrips den Rucksack packen.

Welchem Typ Sie entsprechen, wissen Sie wahrscheinlich. Oder Sie finden es als Anfänger noch heraus.

Hier kommen ein paar Fakten über den typischen Wanderer:

Alter: Wanderer sind im Schnitt 49,9 Jahre alt. Das Durchschnittsalter ist im Laufe der Jahre deutlich gesunken. Noch vor einigen Jahren habe es bei 60 plus gelegen, sagt Erber.

Mittlerweile gebe es viele Menschen, die schon mit Mitte 20 mit dem Wandern anfangen - passend zum Start ins Berufsleben. Allerdings überwiegt laut Wandermonitor die Altersgruppe „50 Jahre und älter“.

Eine Auszeit in der Natur: Wandern hilft, Stress abzubauen.

Foto: Christin Klose/dpa-tmn

„Ob Jung oder Alt, wir sitzen alle ständig vor dem Bildschirm“, sagt Erber. Wandern biete hier eine gute Abwechslung.

Distanzen: Einmal um die Welt wandern? Das machen die meisten wohl nur im Traum. Im Wandermonitor gaben die Befragten für ihre letzte Wanderung folgende Streckenlängen und Zeiten an:

  • im Schnitt 17 Kilometer
  • im Schnitt 4,1 Stunden

Landschaftsvorlieben: Wanderinnen und Wanderer mögen es am liebsten hügelig bis bergig. Zu den beliebtesten Landschaftsformen in Deutschland gehören laut Wandermonitor:

  • Mittelgebirge (59,2 Prozent)
  • Hochgebirge und Alpen (17,9 Prozent)
  • Alpenvorland (9,3 Prozent)
  • flaches Gelände, Küsten- und sonstige Regionen (7,5 Prozent)

3. Wie beliebt ist das Wandern?

Wandern ist sehr beliebt: 31,55 Millionen Menschen in Deutschland gehen in ihrer Freizeit ab und zu Wandern. 7,11 Millionen machen das sogar häufig. Das sind insgesamt 54,9 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahre, wie aus der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse hervorgeht.

Klaus Erber sieht hier eine Trendwende: „Der Begriff schreckt nicht mehr ab. Wandern haftet nichts Muffiges mehr an.“

Mit Kompass, Handy und Karte: In den Bergen kommt es auf eine gute Orientierung an.

Foto: Christin Klose/dpa-tmn

Während in den Pandemiejahren 2020 und 2021 vor allem das Wandern in der Freizeit boomte, werden inzwischen wieder mehr Wanderungen im Urlaub unternommen. Laut dem Wandermonitor der Ostfalia Hochschule machen sie einen Anteil von etwa 30 Prozent aus.

Nach Angaben der Deutschen Zentrale für Tourismus ist das Wandern die beliebteste sportliche Aktivität von Urlaubern in Deutschland - vor Radfahren und Schwimmen.

4. Wie viele Wanderkilometer gibt es in Deutschland?

Hier kommen einige Fakten zu den Wanderwegen:

  • Der Deutsche Wanderverband geht von etwa 300 000 Kilometern an Wanderwegen allein in Deutschland aus. Wer alle ablaufen würde, würde theoretisch 7,5 Mal um den Erdball kommen.
  • Allein 10 772 Kilometer der europäischen Fernwanderwege führen durch Deutschland. Diese Wege hat die Europäischen Wandervereinigung (EWV) im Jahr 1969 zur Völkerverständigung initiiert. Heute gibt es zwölf davon - mit einer Gesamtlänge von etwa 75 000 Kilometern.
  • Um die Pflege der Wanderwege in Deutschland kümmern sich rund 70 landesweite und regionale Gebirgs- und Wandervereine, die sich in etwa 3000 Ortsgruppen mit 550 000 Mitgliedern organisieren. Das zeigen Zahlen des Deutschen Wanderverbands (DWV). Auch Naturparks, Landkreise und Kommunen sorgen für den Erhalt der Infrastruktur.

Übrigens: Richtige Wanderer können unterscheiden zwischen Weg, Pfad und Steig. DAV-Experte Winter erklärt dazu:

  • Wege sind mindestens einen Meter breit.
  • Pfade und Steige dagegen sind nur etwa 30 Zentimeter breit - so schmal wie ein Fußstand.

5. Wie unterscheiden sich die Schwierigkeitsgrade?

Beim Bergwandern gibt es verschiedene Schwierigkeitsgrade, die Wanderer anhand der Farben Blau, Rot und Schwarz erkennen. Der Deutsche Alpenverein erklärt dazu:

  • Blau - einfache Bergwege: Sie sind überwiegend schmal, können steil angelegt sein und haben keine absturzgefährlichen Passagen.
  • Rot - mittelschwere Bergwege: Sie sind oft steil angelegt und können abschnittsweise absturzgefährlich sein. Möglich, dass Sie Passagen bewältigen müssen, die durch Drahtseile gesichert sind.
  • Schwarz - schwere Bergwege: Hier werden abschnittsweise auch Ihre Kraxelfähigkeiten geprüft. Einfache Kletterstellen erfordern, dass Sie die Hände zu Hilfe nehmen. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind unbedingt erforderlich, so der DAV.

6. Typische Fehler vermeiden: Wie beginne ich als Anfänger?

Genügend Proviant mitnehmen: Nicht jede Hütte bietet Essen an.

Foto: Christian Röwekamp/dpa-tmn

Wandern kann eigentlich jeder. „Es gibt keine sportliche Betätigung, die so unproblematisch zu bewältigen ist“, sagt Klaus Erber vom Deutschen Wanderinsitut. Am Anfang brauchen Sie nicht viel mehr als die Lust zum Wandern und gutes Schuhwerk.

Auch das Alter ist für den Einstieg egal. „Wandern ist vom Kleinkindalter bis ins hohe Alter möglich“, sagt Stefan Winter vom DAV. „Wandern kann jeder, der gesund ist und keine relevanten Vorerkrankungen hat.“

Empfehlung: Im Zweifel mit dem Haus- oder Sportarzt klären, ob Wandern gut für Sie ist.

Bei der Tourenplanung sollte man natürlich die örtlichen Verhältnisse beachten, rät Winter. Wichtige Fragen sind:

  • Sind die Wege geöffnet?
  • Oder sind sie wegen Schnee oder nach starkem Wind verwüstet?
  • Wie steht es um die technische Schwierigkeit des Weges?
  • Sind Trittsicherheit und Schwindelfreiheit gefragt?
  • Besteht Absturz- oder Steinschlaggefahr?

7 Ratschläge, wie die Planung der ersten Touren gelingt

Traumhafte Bergwelt: Nach einsamen Wanderwegen suchen.

Foto: Florian Sanktjohanser/dpa-tmn

Folgende Punkte müssen Sie beachten, um typische Anfängerfehler bei der Planung ihrer Tour zu vermeiden:

  • Distanz: „Fangen Sie mit einer kurzen Strecke an, um reinzukommen“, rät Winter. Anfänger sollten während einer Tagestour laut DAV zunächst nicht über zehn Kilometer laufen. Ansonsten droht Überlastung. Es gehe darum, ein Gefühl dafür zu bekommen, „wie viele Kilometer ich schaffe, ohne dass es zu sehr anstrengt.“
  • Geschwindigkeit: Aus der Puste sollten Sie beim Wandern nicht kommen und sich unterwegs stets gut unterhalten können. „Wenn man merkt, man schnauft und kann nicht antworten, dann bitte langsamer laufen“, rät Winter. Immer am schwächsten Gruppenmitglied orientieren.
  • Schwierigkeit: Anfänger sollten die ersten Touren nicht zu schwer planen und nicht höher als in Mittelgebirgen einsteigen. Hügel, Kuppen und Berge sollten anfangs 600 bis 800 Höhenmeter nicht übersteigen, rät der DAV. Sonst kann einen die Strecke technisch und körperlich überfordern. „Später können Sie dann auch in die Voralpen fahren“, sagt Stefan Winter.
  • Zeit: Planen Sie genügend Pausen und mehr Zeit als angegeben für die Strecke ein. Die Wander-App mag Ihnen drei Stunden für eine Strecke mit gewissen Höhenmetern vorhersagen. Doch das ist ein Durchschnittswert. Außerdem sollten Sie ein bisschen mehr Zeit einplanen, um die schöne Aussicht am Wegesrand zu genießen.
  • Verpflegung: Niemals sollten Sie zu wenig Essen und Trinken dabei haben, rät der DAV. Beugen Sie der Hungerast vor, also einem Leistungseinbruch aufgrund eines Mangels an Kohlehydraten. Packen Sie im Zweifel mehr Verpflegung ein als nötig. Nicht überall gibt es Möglichkeiten zur Einkehr. „Das vergessen viele Anfänger“, so Winter.
  • Ausrüstung: Anfänger neigen dazu, sich zu teuer und aufwendig auszurüsten. Das ist dem DAV zufolge für Anfänger unangebracht. Wichtig sind gute Schuhe und bequeme Kleidung, die idealerweise atmungsaktiv und regenabweisend ist.
  • Wetter: Vor allem in den Bergen sollten Sie den Bergwetterbericht kurz vor dem Aufbruch unbedingt studieren.

7. Wie sollten Sie bei einem Gewitter in den Bergen reagieren?

Auch bei sorgfältiger Tourenplanung können Sie in ein Gewitter geraten. Daher immer genügend Zeit für einen Notabstieg einplanen. Folgende Orte sollte man so schnell wie möglich verlassen:

  • Grate
  • Felstürme
  • Gipfel
  • wasserführende Bereiche

Im Notfall, wenn das Gewitter direkt über Ihnen tobt, rät der DAV dazu, eine Schutzposition einnehmen: Kauern Sie sich mit angezogenen Beinen auf eine isolierende Unterlage, etwa einen trockenen Rucksack oder ein Kletterseil. Je weniger Kontaktfläche zum Boden besteht, desto geringer ist die Gefahr von sogenannten Kriechströmen.

8. Wie finden Sie geeignete Wandertouren?

Loswandern können Sie meist direkt vor der Haustür. Drei Anregungen, wie Sie sonst schöne Strecken finden:

  • Tolle Wanderrouten in Deutschland finden Sie online über die Start-Ziel-Suche des Deutschen Alpenvereins.
  • Das Deutsche Wanderinstitut bietet online eine Umkreissuche an, mit zertifizierten Wanderwegen in ganz Europa. Allerdings funktioniert die Suche nicht für alle deutschen Bundesländer.
  • Der Deutsche Wanderverband rät, Websites von Tourismusverbänden, Naturparks und Wandervereinen zu durchforsten, Wanderführer von klassischen Wanderverlagen zu lesen und sich auf den Seiten von Outdoor-Portalen und Apps umzuschauen.

Die Drei-Zinnen-Hütte ist eine bewirtschaftete Berghütte mit atemberaubender Aussicht.

Foto: Bernd F. Meier/dpa-tmn

Gut zu wissen: Die Empfehlungen von Komoot, Outdooractive, Bergfex und Co. basieren in der Regel auf Erfahrungen der Nutzergemeinschaft. Daher sehen Wanderexperten diese zum Teil kritisch.

Die Tourentipps aus der Community führen nicht selten durch Naturschutzgebiete. „Dann läuft man in Schutzgebiete und stört Biotope“, sagt Klaus Erber. Er mahnt daher, sich bei der Suche über Apps und Portale an offiziellen Wanderwegen zu orientieren.

Tipp: Meiden Sie beliebte Wanderziele und Sehenswürdigkeiten zu Stoßzeiten. „Drachenfels, Siebengebirge, Loreley - da fahren am Wochenende alle hin“, sagt der bekannte Autor und leidenschaftliche Wanderer Manuel Andrack. Wenn Sie von einem Wanderziel noch nie etwas gehört haben, sei es wahrscheinlicher, in gewünschter Einsamkeit zu marschieren - und nicht auf überfüllten Wegen. „Schauen Sie sich doch auch mal auf der zweiten Seite der Google-Suche um“, rät Andrack.

Sie suchen gut ausgeschilderte Strecken für eine Halbtagestour und möchten keine Karte mitnehmen? Klaus Eber vom Wanderinstitut rät hier zu zertifizierten, sogenannten Premiumwanderwegen oder Strecken mit der Auszeichnung Qualitätsweg - Wanderbares Deutschland.

9. Wie weit können Sie wandern?

Anfänger sollten sich nicht mehr als zehn Kilometer für eine Tagestour vornehmen. Wer erste Erfahrungen gesammelt hat und ein bisschen im Training ist, kann sich an diesen Richtwerten orientieren:

  • Vier Kilometer in der Stunde laufen die meisten Wanderer im flachen Gelände ohne Pausen.
  • In den Bergen halbiert sich die Laufgeschwindigkeit auf durchschnittlich zwei Kilometer pro Stunde.
  • Sobald Sie erfahrener sind, können Sie im flachen Land mit bis zu 30 Kilometern pro Tag und in bergigeren Gegenden mit rund 15 Kilometern planen.
  • An Höhenmetern sind 300 bis 400 in der Stunde gut machbar. „Wenn die Strecke flach ansteigt, dauert das natürlich länger“, sagt Stefan Winter. In den Bergen seien die Höhenmeter der Faktor, der die eigene Leistung begrenze - nicht die Distanz.

Gehen Sie es gerne ambitionierter an?

  • Mehrtagestouren sollten Sie erst machen, wenn Sie in der Saison eingelaufen sind, rät Winter. Denn dafür müssen Sie auch fit für mehr Gepäck sein. Mehr als zehn Kilo sollte der Rucksack aber nicht wiegen. Auf Tagestouren reichen etwa sechs bis acht Kilo.
  • Planen Sie mit einer Übernachtung, sollten Sie diese reservieren. Falls Sie Bergwandern gehen, empfiehlt sich die Übernachtung in Hütten. Allein der Deutsche Alpenverein listet mehr als 300 Schutzhütten. Insgesamt gibt es in den Alpen rund 2000 Hütten, da auch andere alpine Vereine Unterkünfte betreiben.

Sicherheits-Tipp: Verwandte oder Freunde sollten ihr Wanderziel kennen. Über Planänderungen sollten Sie diese unbedingt informieren, damit im Notfall klar ist, wo die Bergwacht nach Ihnen suchen muss. Das Handy unbedingt mitnehmen!

10. Brauchen Sie neben dem Smartphone auch eine Wanderkarte?

Für die Navigation können Sie zwar Touren als GPX-Dateien von Internetportalen auf das Smartphone übertragen.

Allerdings birgt das folgende Risiken:

  • Der Akku oder die Powerbank sind plötzlich leer.
  • Das GPS-Signal streikt.
  • Das Netz ist zu schwach.

Fazit: Vor allem in unbekanntem oder abgeschiedenem Terrain sollten Sie sich nicht nur auf Ihr Handy verlassen.

Es ist definitiv von Vorteil, wenn Sie eine Wanderkarte lesen können. Auch deshalb, weil Markierungen manchmal fehlen oder Wegabschnitte wegen Forstarbeiten gesperrt sind.

Wer eine Wanderkarte nutzt, sollte seine Route zur besseren Übersicht vorab mit Textmarker markieren. Ideal sind Karten im Maßstab 1:25000.

Tipp: Sie sind unsicher, ob Sie das Kartenlesen verlernt haben oder sich damit gut orientieren können? Kein Problem: Der Wanderverband hilft Ihnen auf seiner Webseite mit Tipps zum Kartenlesen auf die Sprünge.

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(dpa)