Kleine und mittlere Betriebe Wirtschaft klagt über Mangel an Lehrlingen

Berlin (RPO). Die Wirtschaft in Deutschland beklagt einen wachsenden Mangel an Nachwuchskräften. "Der Ausbildungsmarkt hat sich komplett gedreht. Wir werden einen starken Überhang an freien Lehrstellen haben", sagte der Ausbildungsexperte des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Thilo Pahl, der Nachrichtenagentur AFP am Montag in Berlin. Vor allem kleine und mittelständische Betriebe müssen demnach um Azubis kämpfen.

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Foto: gms

Die Zahl der unbesetzten Lehrstellen lag laut Bundesagentur für Arbeit (BA) im Mai um 15 Prozent über dem Wert des Vorjahres: Mitte des vergangenen Monats waren demnach noch 197.000 der 425.000 gemeldeten Lehrstellen frei. Gleichzeitig habe es noch 210.000 unversorgte Bewerber gegeben, fünf Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Die Gesamt-Bewerberzahl sei im Vergleich zum Vorjahr um 1,5 Prozent geschrumpft, auf 448.000. "Es ist normal, dass es in dieser Zeit im Jahr noch unbesetzte Stellen gibt", sagte eine BA-Sprecherin. Die Lücke schließe sich bis August noch deutlich.

Nach Ansicht des DIHK werden auch dann aber weit nicht alle Betriebe ausreichend Auszubildende gefunden haben. "Vor allem das Hotel- und Gaststättengewerbe gibt an, dass viele Stellen unbesetzt bleiben", sagte Pahl. Lehrlingsmangel gebe es aber beispielsweise auch in gewerblich-technischen Berufen oder in anspruchsvollen kaufmännischen Berufen, wie etwa bei Banken. "Das Problem findet sich schon in vielen Branchen", fasste Pahl zusammen.

Wie schon im vergangenen Jahr werden auch zu Beginn des Ausbildungsjahrs 2011 im September wieder mehr Stellenangebote als geeignete Bewerber übrig bleiben, prognostiziert der DIHK-Experte. Wie viele lasse sich derzeit aber noch nicht seriös vorhersagen. Die Metall- und Elektroindustrie rechnet der "Bild" zufolge schon einmal damit, dass in ihren Betrieben diesem Jahr mehr als 5000 Lehrstellen unbesetzt bleiben. Auch das Handwerk geht von einem Azubi-Mangel aus: Schon in den vergangenen Jahren seien zum Jahresende rund 2000 Stellen frei geblieben, sagte eine Sprecherin des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH).

Enorme Probleme auf der Lehrlingssuche prognostizieren die Experten vor allem kleinen und mittelständischen Betrieben. Große, bekannte Unternehmen hätten hingegen vor allem in beliebten Berufen "noch überhaupt keine Probleme Lehrlinge zu finden", sagte die BA-Sprecherin. Die übrigen Arbeitgeber müssten hingegen statt auf Mund-zu-Mund-Propaganda auf gezieltes "Ausbildungsmarketing" setzen - die Präsenz auf Messen oder eine Zusammenarbeit mit Schulen, sagte Pahl. Einige kämen auch nicht darum herum, ihre Anforderungen an die Bewerber zu senken.

Die kritische Situation für Betriebe wird sich allen Prognosen zufolge in den kommenden Jahren weiter verschärfen: Die Zahl der Schulabgänger ist weiter rückläufig. Außerdem wirken derzeit noch mehrere Sondereffekte, durch die sich die Zahl der Bewerber erhöht. Doppelte Abiturjahrgänge in Bayern und Niedersachsen sowie das Aussetzen der Wehrpflicht führten in diesem Jahr zu einer höheren Bewerberzahl, sagte die BA-Sprecherin. "Das wird in den kommenden Jahren zunächst noch so weitergehen", wenn in weiteren Bundesländern ebenfalls doppelte Abiturjahrgänge die Schule beendeten. Doch dieses Polster ist laut der Sprecherin endlich: "In den Jahren danach wird es uns um so härter treffen."

(AFP/chk)
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