Studie Was Mitarbeiter wirklich wollen

Ist es das Gehalt? Die Möglichkeit zum Homeoffice? Oder das Duzen des Chefs? Was Beschäftigte wirklich glücklich macht und sie nachhaltig an ihren Arbeitgeber bindet, hat ein Team der Hochschule Niederrhein untersucht.

 Flexibilität bei der Arbeitsgestaltung, aber auch das Gefühl eines sicheren Jobs stehen bei Arbeitnehmern ganz oben auf der Wunschliste.

Flexibilität bei der Arbeitsgestaltung, aber auch das Gefühl eines sicheren Jobs stehen bei Arbeitnehmern ganz oben auf der Wunschliste.

Foto: picture alliance / Christin Klos/Christin Klose

Das Betriebsklima und die Gleichbehandlung sind den Mitarbeitern heutzutage am wichtigsten. „Das ist nicht überraschend“, sagt Alexander Cisik, Professor für Wirtschafts-, Organisations- und Arbeitspsychologie an der Hochschule Niederrhein zum Ergebnis der Studien. „In einer Zeit, in der wir mit vielen Veränderungen zu kämpfen haben, bleiben wir dort, wo wir uns wohlfühlen, wo wir ein persönliches Verhältnis aufbauen können.“ Die neue Studie zur Arbeitgeberqualität und Arbeitszufriedenheit zeigt auch: Arbeitnehmer schätzen die Möglichkeit zum eigenverantwortlichen Arbeiten, die Krisensicherheit des Arbeitsplatzes und die flexible Arbeitszeitgestaltung, wie etwa Gleitzeit oder Vertrauensarbeitszeit.

„Wir haben im Jahr 2015 zuletzt überprüft, welche besonderen Ansprüche die Beschäftigten an ihre Arbeitgeber haben und in welchem Maße diese in der betrieblichen Wirklichkeit tatsächlich erfüllt werden. Seitdem ist viel passiert – die Flexibilität des Arbeitsorts war damals noch kaum Thema. Grund genug, sich nun erneut mit individuellen Arbeitsansprüchen und erlebten Arbeitswirklichkeiten der Mitarbeiter zu beschäftigen“, sagt Cisik. „Besonders der fortschreitende Fachkräftemangel stellt für viele Unternehmen ein gravierendes Problem dar. Die richtigen Mitarbeiter zu gewinnen und entsprechend nachhaltig zu binden, ist zu einer existenziellen Frage geworden. Dann hilft es, zu wissen, was die Mitarbeiter wirklich wollen.“

Die Unternehmen sollten sich natürlich auch mit den Wünschen ihrer Beschäftigten befassen. Beispiel Kyocera Document Solutions Deutschland mit Sitz in Meerbusch: „Viele Kolleginnen und Kollegen sind seit Jahrzehnten Teil der Kyocera-Familie und schätzen bei uns die Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung. Wir bieten Sozialleistungen wie betriebliche Altersvorsorge oder einen Kinderbetreuungszuschuss. Aber das allein bindet Mitarbeiter nur selten langfristig“, sagt Tanja Ossen-Werner, Group Director Human Resources. „Eine interne Umfrage hat 2021 gezeigt, dass sich unsere Mitarbeiter ganz besonders mit der Unternehmensphilosophie und unserem umfassenden Nachhaltigkeitsengagement identifizieren. Zudem legen wir viel Wert auf Eigenverantwortung und beziehen unsere Belegschaft in die Gestaltung des Unternehmens mit ein.“

Der Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten ist für viele Betriebe nicht neu: „Wir haben schon vor einigen Jahren Vertrauensarbeitszeit und mobiles Arbeiten eingeführt, was Mitarbeitern in ihren Teams große Freiheiten in der Arbeitszeitgestaltung – und auch der Wahl des Arbeitsorts – gibt“, sagt Tanja Ossen-Werner. Ann-Christin Strücker, HR Managerin bei der CBS Customized Business Services in Willich, ergänzt: „Eine flexible Arbeitszeitgestaltung ist möglich, immer unter der Prämisse, dass die Dienstleistung für unsere Kunden bestmöglich erledigt wird. Während der Pandemie haben wir bereits Anfang 2020 Homeoffice angeboten, auch für Arbeitsplätze, die bislang von der Möglichkeit des Homeoffice ausgeschlossen waren. Das ist gut in der Belegschaft angekommen.“

CBS setzt zudem auf strukturierte Entwicklungspläne, um Perspektiven zu entwickeln und um Mitarbeiter zu fördern. „Wir haben in der Regel eine lange Betriebszugehörigkeit, sodass es besonders wichtig ist, als Arbeitgeber weiterhin Personalentwicklung zu betreiben, mit dem Ziel, dauerhaft gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu haben“, sagt Ann-Christin Strücker.

Laut der Studie der Hochschule Niederrhein ist das ein guter Weg: „Menschen suchen Geborgenheit und Sicherheit – vor allem in unruhigen Zeiten. Nebenleistungen sind offenbar eher Dekoration“, sagt Alexander Cisik. So sind etwa die Größe und Internationalität des Unternehmens, aber auch Maßnahmen zur Gesundheitsförderung für die Mitarbeiter deutlich weniger relevant. Ein Trend für alle Beschäftigten: Karriere machen steht bei vielen nicht mehr im Vordergrund. Allerdings ergibt die Studie auch: Die Übereinstimmung von Anspruch und Wirklichkeit ist beim Gehalt am geringsten, heißt also, die Mehrheit der Befragten fühlt sich nicht angemessen bezahlt.

Insbesondere gute Führung erweist sich laut Alexander Cisik mehr denn je als Schlüsselfaktor, um Personal zu binden. „Wir kommunizieren mit unseren Mitarbeitern auf allen Hierarchieebenen offen und regelmäßig, um sie zu informieren und mitzunehmen. Gerade bei dezentralen Organisationen wie der Unseren ist das wichtig, damit der Teamgedanke nicht verloren geht“, sagt Ann-Christin Strücker von der CBS. „Wir erwarten von unseren Führungskräften eine gute und partnerschaftliche Kommunikation in die Belegschaft, auch wenn die Themen gerade in diesen Zeiten herausfordernd sind.“ Auch Kyocera investiert stark in die Ausbildung von Führungskräften und die stetige Weiterentwicklung des Miteinanders im Team. „Do the right thing as a human being, also das menschlich Richtige zu tun, ist als Maßgabe unseres Handelns in unserer Unternehmensphilosophie verankert“, sagt Tanja Ossen-Werner. „Das spiegelt sich auch in unserer Gesprächs- und Feedbackkultur wider.“

Für die Wissenschaftler der Hochschule Niederrhein geht folgender Auftrag an Unternehmen: Sie sollten sich bei der Gewinnung und Bindung ihrer Mitarbeiter auf die Erfüllung von deren tatsächlichen Bedürfnissen konzentrieren – und das differenziert nach den unterschiedlichen demografischen Zielgruppen im Unternehmen. „Das ist nachhaltiges Personalmanagement“, sagt Cisik. „Alles andere wäre Verschwendung von Zeit, Engagement und Geld.“

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