Stellenanzeigen Zwischen den Zeilen lesen

Die einen preisen den Tischkicker an, die anderen werben mit flachen Hierarchien: Sind Stellenausschreibungen nur Selbstbeweihräucherung, oder kann man darin wirklich etwas über den Arbeitgeber erfahren?

  Nützliche Indizien: Wer in Stellenanzeigen zwischen den Zeilen liest, kann mehr über den Arbeitgeber herausfinden .

Nützliche Indizien: Wer in Stellenanzeigen zwischen den Zeilen liest, kann mehr über den Arbeitgeber herausfinden .

Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Wer auf Stellensuche ist, liest meist Hunderte von Stellenanzeigen. Nach einer Weile klingen alle ähnlich. Können Bewerber anhand der Jobausschreibung überhaupt schon etwas über einen potenziellen Arbeitgeber herausfinden? Und: Steckt da vielleicht sogar mehr zwischen den Zeilen, als man auf den ersten Blick meinen könnte?

Stellenanzeigen hätten sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt, sagt Wolfram C. Tröger. Es gehe nicht mehr nur rein darum, Aufgaben und Erwartungen darzustellen. Er hält sie daher nach wie vor für ein probates Mittel für Unternehmen, um auf eine Vakanz neugierig und aufmerksam zu machen.

Allerdings käme es hier auf das für die Anzeige genutzte Medium an. In einem Online-Portal sind die Angebote mobil optimiert, einige Bullet-Points zählen die Kernpunkte auf. „Hier zwischen den Zeilen zu lesen, ist schwierig“, sagt der Vizepräsident des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater.

Tatsächlich sei es bei gut gemachten Stellenanzeigen so, dass Punkte mit größerer Priorität weiter oben oder vorne stehen, sagt Tröger. Ähnlich wie bei Zeugnissen. Bewerber müssen dann unterscheiden, was ein Muss und was wünschenswert ist.

„Personalverantwortliche finden es gut, wenn im Bewerbungsgespräch transparent damit umgegangen wird, was die Kandidaten schon können und mitbringen und an welchen Punkten sie gewillt sind, sich weiterzubilden“, sagt Inga Dransfeld-Haase.

Viele Unternehmen wüssten mittlerweile, dass es die Musterkandidaten nicht gibt. Die Präsidentin des Bundesverbands der Personalmanager (BPM) rät, für sich selbst festzulegen, was einem wichtig ist und den Text danach zu durchsuchen.

Steht in der Anzeige „wir“? Oder werden Attribute wie durchsetzungsstark betont, die sehr männlich wirken? Wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hervorgehoben oder ist sie zumindest gewünscht? Vielleicht gibt es sogar ein Siegel, mit dem geworben wird. „Das spricht zumindest dafür, dass sich das Unternehmen entsprechend kümmert“, sagt Dransfeld-Haase.

„Die Unternehmen, die verstanden haben, dass wir einen Bewerbendenmarkt haben, schreiben vorne ihre Pluspunkte hin“, sagt auch Tröger. Also zuerst die Position, dann die Angebote, dann die Anforderungen des Tätigkeitsfelds. Die Angebote können von einer Kita über Besonderheiten der Tätigkeit bis hin zu Arbeitszeiten oder Homeoffice reichen.

Daran merke man, dass sich das Unternehmen mit dem Markt und seinen Entwicklungen beschäftigt. „Daraus kann ich ableiten, dass sie vielleicht etwas innovativer und mitarbeiterfreundlicher sind, das muss aber nicht so sein“, so der Personalberater. Denn nicht jedes Unternehmen lebe das, was es anpreise.

Wenn man zwischen den Zeilen lesen will, ist das Dransfeld-Haase zufolge so ähnlich wie bei einem Hotel-Prospekt. „Wir sind ein dynamisches Unternehmen“ kann beispielsweise heißen, dass man schnell gewachsen ist, die Strukturen aber hinterherhinken. Ein „gut eingespieltes Team“ kann bedeuten, dass es für Neulinge schwer werden könnte, weil alle schon lange zusammenarbeiten und sich kennen.

Wenn es heißt, man suche eine strukturierte Persönlichkeit, kann das ausdrücken, in der Abteilung sind viele kreative Köpfe und man will die Seiten mehr ausbalancieren. Das würde für die Qualität der Suche sprechen, findet Dransfeld-Haase.

Es lohnt sich, genau auf die Formulierungen zu achten: Widersprechen sich etwa die Eigenschaften, die Bewerberinnen und Bewerber mitbringen sollen? „Dann kann man davon ausgehen, dass die Firma sich nicht viele Gedanken gemacht hat“, sagt Tröger und führt die Attribute „durchsetzungsstark und teamfähig“ als Beispiel an.

Punkte, die man aus der Stellenanzeige ableitet oder herauszulesen glaubt, sollte man laut Tröger immer noch einmal mit der Homepage oder Bewertungsportalen abgleichen. Dransfeld-Haase empfiehlt: „Gehen Sie Ihr eigenes Netzwerk durch und schauen Sie, ob Sie jemanden kennen, der dort arbeitet, um die Kultur des Unternehmens zu recherchieren.“

Im Internet lassen sich zudem oft weitere Informationen abseits der Firmenwebsite finden, zum Beispiel Pressemitteilungen oder Presseberichte. Wie werden etwa Jubiläen gefeiert? Hat sich die Firma vielleicht vor einiger Zeit aus der Insolvenz befreit?

Tröger rät allen Bewerbern, zu telefonieren oder zumindest eine Mail zu schreiben. Ist ein Personalreferent genannt? Wer sich bewerben möchte, kann sich bei ihm melden und Fragen klären, die eine Stellenanzeige aufgeworfen hat. Erstens positioniert man sich damit selbst und zweitens bekommt man einen ersten Eindruck vom Unternehmen. Es sei ein positives Signal, so Tröger, wenn Unternehmen derartige Unterstützungen gerne anbieten.

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