Geldsegen mit dem Aprilgehalt? Unternehmen müssen Jahresboni gestalten

Stuttgart · Mit dem Aprilgehalt fließen in vielen deutschen Unternehmen auch die Jahresboni. Doch nicht immer erzielt der Geldsegen auch die gewünschte Wirkung. Um einen echten Anreiz zu liefern, müssen Erfolgsbeteiligungen an Ziele gekoppelt sein.

Einmal im Jahr sind bei Porsche fast alle gleich - wenn im April die Erfolgsbeteiligung ausgeschüttet wird. Dann bekommen Facharbeiter und Büroangestellte dasselbe: 8111 Euro sind es in diesem Jahr. Die jährliche Erfolgsprämie wurde um einen Bonus von 911 Euro aufgestockt - zum Jubiläum des legendären Sportwagens. Für manchen Mitarbeiter der VW-Tochter sind das mehrere Monatsgehälter, für andere nur ein nettes Zubrot.

Zweifel an der Wirkung der Pauschal-Begünstigungen

In der Autobranche sind solche unternehmenseinheitlichen Prämien durchaus üblich. Bei Daimler bekommen die Tarifbeschäftigten dieses Jahr durch die Bank 3200 Euro, bei VW sind es 7200 Euro. Dabei gibt es Unterschiede: Während die Mitarbeiter der VW-Tochter Porsche 13 Gehälter plus Bonus bekommen, erhalten die Beschäftigten der Mutter nur zwölf Fixgehälter und ihre Prämie. Doch ob 12. oder 13.
Monatsgehalt: Experten zweifeln an der grundsätzlichen Wirkung solcher Pauschal-Begünstigungen.

"Aus Unternehmenssicht macht eine Verbindung von Leistung und Bezahlung mehr Sinn", sagt Henning Curti von der Unternehmensberatung Ernst & Young. Studien zeigten, dass eine variable Vergütung zum Beispiel zu 15 bis 20 Prozent höheren Verkaufszahlen führen könne.

Bislang haben erst wenige deutsche Firmen dieses Instrument für sich entdeckt. Zehn Prozent beteiligten ihre Mitarbeiter nach Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Jahr 2011 am Gewinn. "Hierzulande wollen Mitarbeiter planbare Einkommen haben", sagt Prof. Thomas Bartscher von der Technischen Hochschule Deggendorf. 10 bis 20 Prozent des Gehalts dürfen seiner Erfahrung nach variabel sein. "Damit können die meisten leben."

Der Chemiekonzern BASF hat ein solches System eingeführt: Die Mitarbeiter erhalten eine Erfolgsbeteiligung, die sich an der Kapitalrendite des Konzerns und an persönlich vereinbarten Zielen orientiert. Die 26.000 nach Tarif bezahlten Mitarbeiter werden in vier Gruppen eingeteilt, die sich jeweils einen Bonustopf teilen.
Insgesamt waren das in diesem Jahr 140 Millionen Euro. Fast genau so viel - 130 Millionen Euro - machte BASF auch für die nur 7000 außertariflich bezahlten Mitarbeiter locker.

Neid kann zu schlechter Stimmung führen

In großen Konzernen sind die Mitarbeiter an ein solches Gefälle gewöhnt. Gerade in kleineren Firmen, wo sich die Mitarbeiter gut kennen, kann das allerdings Neider wecken und zu schlechter Stimmung führen, warnt Curti. Grundsätzlich sollten die Kriterien, nach denen individuell belohnt wird, von der jeweiligen Verantwortung abhängen. "Je weiter oben in der Unternehmenshierarchie, desto stärker darf die Vergütung am Unternehmenserfolg hängen."

"Die nächste Frage ist die nach der legitimen Höhe, sprich in welchem Verhältnis die Erfolgsbeteiligung zum Gehalt steht", sagt Jochen Homburg, Ressortleiter Betriebspolitik bei der IG Metall. Der Lebensunterhalt dürfe nicht von der Erfolgsbeteiligung abhängen. "Der Bonus kann deshalb nur eine Lohnergänzung sein."

Personal-Experte Bartscher warnt: "Das System muss für alle Mitarbeiter verständlich und transparent sein." Fühlen sich die Mitarbeiter ungerecht entlohnt, sorgt das für Unfrieden.

Bei SAP sorgte die Bonusberechnung im vergangenen Jahr für Missstimmung. Der Softwarekonzern zahlt seinen Mitarbeitern neben Grundgehalt und Erfolgsbeteiligung einen Bonus, der sich sowohl an der individuellen Leistung als auch am Unternehmenserfolg bemisst. Finanzchef Werner Brandt hatte das interne Gewinnziel für den Bonus höher angesetzt als jenes, das an den Kapitalmarkt kommuniziert wurde. Trotz Rekordumsätzen hatte SAP wegen teurer Übernahmen seine Gewinnziele verfehlt. Um die Belegschaft zu besänftigen, wurde der Bonustopf im Nachhinein aufgefüllt.

Der IT-Konzern konkurriert um internationale Fachkräfte, für die eine solche erfolgsorientierte Bezahlung üblich ist. Vergangenes Jahr führte der Softwarekonzern zusätzlich ein aktienbasiertes Vergütungsprogramm ein. "Aktienprogramme werden eingesetzt, wenn die Mitarbeiter gehalten werden sollen. Sie richten sich an Leistungs- oder Potenzialträger", erklärt der Bartscher. In Deutschland sind Mitarbeiteraktien noch kaum verbreitet. 2011 hatten nach Zahlen des IAB nur etwa zwei Prozent der Firmen Aktienprogramme aufgelegt.

(dpa/anch)
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