Berufseinstieg Der erste Job nach der Uni

Der Start ins Arbeitsleben ist immer aufregend. Doch der Beginn dieses neuen Lebensabschnitts wird gleichzeitig von Unsicherheiten begleitet. Wie und wo findet man jetzt eine passende Stelle?

 Wie geht’s jetzt weiter? Kurz vor dem Abschluss sollten sich Studierende darüber klar werden, was genau sie beruflich machen wollen.

Wie geht’s jetzt weiter? Kurz vor dem Abschluss sollten sich Studierende darüber klar werden, was genau sie beruflich machen wollen.

Foto: dpa-tmn/Novellimage

„Und, was willst du nach dem Abschluss machen?“ Eine verhasste Frage unter Studenten. Wird es ernst, tauchen aber schnell Herausforderungen auf. Schließlich startet man beim ersten „richtigen“ Job oft ohne viel Berufspraxis in den Bewerbungsmarkt. Wie findet man da was Passendes? Eine Anleitung in sieben Schritten:

Schritt 1: Vorbereitungsphase

Wer lückenlos vom Studium ins Berufsleben übergehen möchte, sollte mit der Jobsuche etwa ein halbes Jahr vor Ende des Studiums beginnen, sagt Berufs- und Karrierecoach Bernd Slaghuis. Die Vorbereitung für den Berufseinstieg sollte am besten jedoch schon deutlich früher beginnen. „Zuerst muss man sich selbst darüber bewusst werden, was einem überhaupt zum Einstieg ins Berufsleben wichtig ist“, so Slaghuis. Bereits in den ersten beiden Semestern lassen sich eigene Stärken erkennen.

Schritt 2: Berufsvorstellungen austesten

Ab dem zweiten Semester sollte man sich bewusst fragen, was man sich mittel- oder langfristig beruflich vorstellen könne, sagt Dirk Erfurth, Leiter des Career Service der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Dann gehe es darum, praktische Erfahrung durch Nebenjobs, freie Mitarbeit oder Praktika zu sammeln. Berufsberaterin Sabine Dietzsch von der Bundesagentur für Arbeit rät, sich zudem zu fragen, welche fachlichen Defizite das eigene Studium für die geplante Berufseinstiegsrichtung hat. Gerade wenn das Studium breitgefächert ist, biete es sich an, bestimmte Schwerpunkte und Interessen wie BWL-, IT- oder Sprachkenntnisse zu vertiefen.

Schritt 3: Eigene Interessen identifizieren

Es kommt aber nicht nur auf akademische Leistungen oder Berufserfahrungen an. Slaghuis
zufolge zeigen sich viele Interessen und Stärken im Alltag: Ist man eher der Typ für strategisches Denken oder packt man lieber an? „Wenn man sich selbst über längere Zeit beobachtet, lernt man dabei mehr als in jedem Stärkentest.“ Oft helfe es auch, einen Schritt zurückzutreten und sich zu fragen, wie man überhaupt da hingekommen ist, wo man jetzt ist, ergänzt Erfurth. Warum habe ich mich dafür und nicht für etwas anderes entschieden? Was hat mich beflügelt?

Schritt 4: Sich den perfekten Job erträumen

Jetzt geht es darum, die eigenen Erwartungen an den potenziellen Traumjob herauszuarbeiten. Je nachdem, ob man den Fokus auf eine schnelle Karriere, auf Teamarbeit oder sinnstiftende Aufgaben legt, kommen unterschiedliche Tätigkeiten infrage. Wer sich selbst darüber im Klaren ist, kann das laut Karrierecoach Slaghuis in der Bewerbung besser kommunizieren. Eine realistische, aber selbstbewusste Vorstellung der eigenen Ziele und Erwartungen werte ein Bewerbungsanschreiben deutlich auf.

Schritt 5: Recherche und Netzwerke

Nach der Phase der Selbstreflexion ist die große Frage, wie und wo man den entworfenen Traumjob auf dem Arbeitsmarkt finden kann. Für die Recherche empfiehlt Sabine Dietzsch das Berufsinformationsportal „Berufenet“ der Bundesagentur für Arbeit. Zudem kann man über Arbeitgeberstammtische, -vereine oder -verbände gehen.

Auf Karrieremessen können sich Bewerber und Arbeitgeber persönlich kennenlernen. Am besten informiert man sich vorab. Wer Visitenkarten oder Kurzbewerbungen dabei hat, kann sich direkt vorstellen und bleibt im Gedächtnis, so Dietzsch. Zum Netzwerken auf persönlicher Ebene gehöre aber auch, mit Familie, Freunden und Bekannten zu sprechen.

Daneben sind Plattformen wie Xing und Linkedin relevant, sagt Slaghuis. Dort könne man nicht nur seinen eigenen Lebenslauf präsentieren und nach offenen Stellen suchen, sondern auch sehen, über welche Stationen Menschen zu einer Position gekommen sind. Wer arbeitet bei Unternehmen, die man selbst attraktiv findet?

Dirk Erfurth ermuntert sogar dazu, über soziale Netzwerke mit Leuten aus der Branche in Kontakt zu treten und sich rund um den Beruf und die Anforderungen auszutauschen.

Schritt 6: Die passenden Stellen herausfiltern

Für den Bewerbungserfolg spielt neben dem passenden Unternehmen und Arbeitsumfeld vor allem die Stelle selbst eine entscheidende Rolle. Angebote für Einsteiger lassen sich oft an Formulierungen wie „Sie haben vor Kurzem Ihr Studium abgeschlossen“ oder „Berufs- oder Quereinsteiger sind willkommen“ erkennen. Grundsätzlich sollte man sich nicht zu schnell abschrecken lassen. „Ich sehe kaum Lebensläufe von Absolventen völlig ohne Praxiserfahrung“, sagt Slaguhis. Schließlich seien auch das Ehrenamt, das Work-and-Travel im Ausland oder der Nebenjob in der Gastronomie wertvolles Erfahrungswissen. Dirk Erfurth meint sogar, mit den Tätigkeiten neben dem Studium könne man mehr punkten als mit dem Zeugnis selbst. „Es ist wichtig, seine Perspektive zu erweitern und zu schauen, wo man die eigenen Stärken am besten einsetzen kann.“

Schritt 7: Kompromisse abwägen

Wie viel darf und kann man letztendlich vom ersten Job nach der Uni erwarten? „Kompromissbereitschaft ist für den Berufseinstieg sicher hilfreich, aber nur bis zu einer gewissen Grenze“, sagt Berufsberaterin Dietzsch. Wer sich aber adäquat bewirbt, sollte zum Beispiel das entsprechende Berufseinstiegsgehalt einfordern. Gleichzeitig empfiehlt sie, nach Möglichkeit „einen Fuß in die Tür zu bekommen“, selbst wenn der Job vielleicht nicht alle Traumkriterien erfüllt. Oft gebe es im Unternehmen Optionen zur Weiterentwicklung, die einem vielleicht anfangs nicht bewusst sind.

Slaghuis zufolge sollte man sich nicht zu sehr unter Druck setzen lassen. „Beim Übergang von der Uni ins Berufsleben ist eine Lücke im Lebenslauf nicht das Ende der Karriere.“ Wer schon im Bewerbungsgespräch ein schlechtes Gefühl hat, darf auch absagen. Wahrscheinlich würde man sich dann ohnehin im Unternehmen langfristig nicht wohlfühlen.

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