Ungewöhnliche Berufe Professionelle Meerjungfrauen schwimmen mit Haien und Delfinen

Hannover · Katrin Felton arbeitet als Unterwassermodel und kennt die schönsten Tauchreviere der Welt. Seit 2012 ist die frühere "Miss Deutschland International" von Beruf Meerjungfrau. In dem Job geht es um mehr, als verführerisch auszusehen.

Kleine Mädchen träumen davon, sich in eine Meerjungfrau zu verwandeln - und sei es auch nur für einen Nachmittag im Schwimmbad. Auch Katrin Felton bewunderte als Kind Disneys "Arielle". Seit etwa drei Jahren ist die 29-Jährige von Beruf Meerjungfrau. Als "Mermaid Kat" wird sie als Unterwassermodel gebucht. Zwischen Jobs in Thailand, auf den Bahamas oder in Ägypten gibt die ehemalige "Miss Deutschland International" Nixen-Kurse für Kinder in ihrer Heimatstadt Hannover sowie im nahen Hildesheim.

Große Nachfrage nach Kursen für Nachwuchs-Meerjungfrauen

An diesem Tag sitzen neun Mädchen und ein Junge am Rand eines Rundbeckens des Hildesheimer "Wasserparadies". Mit leuchtenden Augen schnallen sie ihre Flosse fest und zwängen dann den farbigen Stoff über Beine und Hüften. Die Outfits entwirft Katrin Felton selbst, zwölf Mitarbeiter gehören zum Team, denn "Mermaiding" boomt in Deutschland. In immer mehr Hallenbädern werden Kurse angeboten.

Katrin Felton zieht als schillernde Meerjungfrau bewundernde Blicke auf sich, das ist für sie aber nicht entscheidend. Die Freitaucherin schwärmt von den Begegnungen mit Delfinen und Haien bei Film- und Foto-Shootings im Meer. "Auf den Bahamas hat mich plötzlich ein Hammerhai durch die Gegend geschoben. Meine Sicherheitstaucher waren total aufgeregt, aber ich hatte nicht eine Sekunde Angst."

Wenn die 29-Jährige in 20 bis 30 Meter Tiefe taucht, wünscht sie sich manchmal, eine echte Meerjungfrau zu sein. "Die Augen brennen, ich kann nicht klar sehen, das kalte Wasser schwappt in Nase und Nebenhöhlen." Außerdem muss sich das Model komplett auf die begleitenden Taucher verlassen, die es alle paar Minuten mit Druckluft versorgen. "Wenn ich wieder oben bin, geht 15 Minuten gar nichts mehr, so kaputt bin ich."

Australische Serie hat Trend ausgelöst

Die Profi-Meerjungfrau pendelt zwischen den Welten. Ist es nicht ernüchternd, nach der Begegnung mit Tigerhaien und Meeresschildkröten wieder im Chlorwasser eines deutschen Hallenbads zu planschen? "Ich unterrichte gern", betont Katrin Felton.

Schon nach 40 Minuten beherrschen die Nachwuchs-Nixen diesmal die wellenartigen Bewegungen. Den einzigen Jungen fasziniert der sportliche Aspekt: "Mit der Schwanzflosse kann man schneller schwimmen", sagt der neunjährige Henrik. "Es war gar nicht so anstrengend, wie ich dachte", sagt Alexa nach dem Kurs. Die Zwölfjährige und ihre beiden Freundinnen wollten sich einmal so fühlen wie die drei Teenager in der australischen Serie "H20", die sich bei Wasserkontakt in Meerjungfrauen verwandeln.

Die Serie ist der Hauptgrund dafür, dass "Mermaiding"-Kurse ausgebucht sind, egal ob in München, Leipzig oder Stuttgart. "Der Strom reißt nicht ab", sagt die Gründerin des ersten deutschen Meerjungfrauen-Clubs, Katharina Hegemann. Die Schwäbin organisierte die bundesweit erste "Miss Meerjungfrau"-Wahl. Ein internationaler Wettbewerb soll folgen - aber ohne Profis wie Katrin Felton.

Über die Hintergründe des Trends lässt sich nur spekulieren. "Die Figur der Meerjungfrau fasziniert seit Jahrhunderten, weil sie als Projektionsfläche für das Weibliche dient", sagt Andreas Kraß, der sich mit den Nixen in der Literatur seit Homer befasst hat. Die Meerjungfrau spiegele oftmals ein überhöhtes Bild, dass sich Männer - und Frauen von Frauen machen, sagt der Wissenschaftler: "Ich bin mir nicht sicher, wie erfreulich es aus feministischer Perspektive ist, wenn Mädchen und Frauen Meerjungfrauen sein wollen. Aber man sollte ihnen den Spaß nicht verderben."

(dpa)
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