Zu wenig Zeit, zu viel Arbeit NRW: Jeder Zweite zittert um seinen Job

Düsseldorf (rpo). Verlustangst, Stress und Überforderung - jeder zweite Arbeitnehmer in Nordrhein-Westfalen klagt über psychische Belastungen. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag des Landesarbeitsministeriums. Über die Hälfte (52 Prozent) der 2000 Befragten hat Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Nahezu drei Viertel leiden unter zu hoher Verantwortung und hohem Zeitdruck (jeweils 74 Prozent).

62 Prozent der Befragten empfinden die Arbeitsmenge als zu groß. Von psychischen Belastungen betroffen sind vor allem jüngere Mitarbeiter. Ältere Beschäftigte seien offenbar erfahrener im Umgang mit Stress, litten aber verstärkt unter körperlichen Beschwerden, betonte der Minister. Körperliche Belastungen werden auch häufiger im Produktionsbereich genannt, während sich Beschäftigte des Dienstleistungssektors relativ hohen psychischen Belastungen ausgesetzt fühlen. Männer fühlen sich tendenziell stärker belastet als Frauen.

Kopfschmerzen, erschöpft, ausgebrannt

Bei den unter 30-Jährigen klagten 34 Prozent der Befragten unter Kopfschmerzen infolge psychischer Belastung im Vergleich zu 22 Prozent bei den über 50-Jährigen. "Erschöpft" fühlte sich jeder zweite (53 Prozent) der Jüngeren, 41 Prozent der älteren Mitarbeiter, "ausgebrannt" 47 Prozent der unter 30-Jährigen und 37 Prozent der über 50-Jährigen. Bei den psychischen Belastungen legten im Vergleich zu den Umfragen der Jahre 1994 und 1999 vor allem die Angaben zu hohem Zeitdruck und zur Überforderung durch die Arbeitsmenge zu.

Fast zwei Drittel der Befragten nannten als gesundheitliche Beschwerden Rücken- oder Gelenkschmerzen. Unter körperlichen Folgen leiden insbesondere Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich. Ältere Mitarbeiter gaben vor allem Herz-Kreislaufbeschwerden (21 Prozent), Sehstörungen (19 Prozent) und Schwerhörigkeit (9 Prozent) an.

Dort wo hohe Arbeitsbelastungen genannt werden, ist auch der Krankenstand hoch. Allerdings liegt er wegen der anhaltenden Verunsicherung der Arbeitnehmer nach Angaben des Arbeitsministeriums insgesamt auf einem "historisch tiefen Niveau". Zunehmend werde auch beobachtet, dass Mitarbeiter krank zur Arbeit gingen.

Landesarbeitsminister Harald Schartau (SPD) appellierte an die Unternehmen, auf die unveränderten körperlichen und die zunehmenden psychischen Belastungen ihre Beschäftigten zu reagieren. Wer auf Dauer die Leistungsfähigkeit seiner Mitarbeiter erhalten wolle, müsse die Belastungen der Arbeit minimieren. Dies gelte insbesondere mit Blick auf die demografische Entwicklung: Bereits heute seien 58 Prozent der repräsentativ ausgewählten Befragten zwischen 30 und 49 Jahren alt. Die Beschäftigten unter 30 Jahren machten gerade mal ein Viertel aus.

(afp)
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