Vom Job zum Traumjob Nach der Midcareer-Crisis durchstarten
Hofheim · Die Midlife-Crisis kennt fast jeder. Ihre unbekanntere Schwester ist die Midcareer-Crisis. Zwischen 35 und 45 kommen viele beruflich in die Sinnkrise. Am einstigen Traumjob nervt in der Lebensmitte die Routine.

Welche Weiterbildung ist die richtige?
Beim Kassensturz sollte man aber nicht Der Tiefpunkt im Job kommt oft zwischen 35 und 45 - also eigentlich in der Blüte des Lebens. Jahrelang hat man an seiner Karriere gebastelt, Überstunden gemacht und sich reingehängt.Doch dann trifft viele die Midlife-Crisis - oder besser gesagt: die Midcareer-Crisis. Denn selten ist der Traumjob so traumhaft, wie man ihn sich ausgemalt hat. Spätestens in einer solchen Krise sei es an der Zeit, sein Glück nochmal in die Hand zu nehmen, sagt Angelika Gulder, Karriere-Coach in Hofheim im Taunus. "Man hat ja schließlich noch 20, 30 Jahre vor sich." Und oft helfen schon kleine Veränderungen, um wieder zufrieden im Job zu sein.
Statistiken zur Job-Zufriedenheit von Angestellten in Deutschland sind oft erschreckend. Fast jeder Vierte hat laut einer Studie des Gallup-Instituts innerlich gekündigt. "Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben", sagt Gulder. "Oft hat das mit fehlender Anerkennung vom Vorgesetzten zu tun, mit den Kollegen, mit monotonen Tätigkeiten oder damit, dass man ständig auf Reisen ist." Doch gerade die Midlife-Crisis könne der richtige Zeitpunkt sein, um nochmal einiges umzukrempeln. "Die Lebensmitte zwingt uns zum Kassensturz."
Erfolgreiche Menschen häufig unzufrieden
Erstaunlich häufig seien gerade die Menschen unzufrieden, die einen Job haben, der von außen gesehen eigentlich besonders aufregend und erfüllend wirkt, sagt Brigitte Scheidt, Karriereberaterin aus Berlin. "Aber gerade jemand, der gut verdient, Status und Macht hat, kann seine Tätigkeit als öde empfinden."
Doch egal ob Manager oder einfacher Angestellter: Zunächst einmal müsse jeder überlegen, was genau eigentlich für den Frust im Job verantwortlich ist, rät Scheidt. "Da muss man sehr genau sein." Denn nur dann könne man auch die richtigen Konsequenzen ziehen. "Manchmal reicht schon ein klärendes Gespräch mit dem Chef oder der Personalabteilung, um einen Missstand aus der Welt zu räumen.Manchmal hilft ein Wechsel in eine andere Abteilung."
Branche wechseln kann helfen
Aber manchmal müsse man auch darüber nachdenken, den Arbeitgeber oder sogar die Branche zu wechseln. "Bei vielen Problemen bringt es schon etwas, wenn man mit der gleichen Tätigkeit in eine Branche wechselt, in der eine andere Kultur herrscht", sagt Scheidt. Ein Jurist, der am rauen Klima in einer Wirtschaftskanzlei verzweifle, könne zum Beispiel in einen Bereich der Juristerei wechseln, der stärker konsensorientiert sei.
Allerdings dürfe man auch nicht der Illusion erliegen, dass mit einem Wechsel automatisch alles besser werde, warnt Beate Reisinger, Coach aus München. "Es bringt nichts, sich den nächsten Job schönzureden, irgendwelche Schattenseiten gibt es immer." Deshalb müsse man sich über seine Prioritäten klarwerden. Auf so einer Prioritätenliste könne zum Beispiel stehen, dass man seine Kreativität mehr einbringen will, ein Umfeld mit weniger Störungen haben will, mehr verdienen will - und auch, welche Schattenseiten man im Gegenzug ertragen könnte, etwa Arbeitszeiten auch am Wochenende."Das sollte man dann auch im Gespräch mit einem neuen potenziellen Arbeitgeber ansprechen", rät Reisinger.
DIeeEigenne Priöritäten festlegen
Es ist aber auch möglich, dass beim Nachdenken über die eigenen Prioritäten plötzlich ganz andere Dinge weit oben stehen als der Job, sagt Scheidt. "Manche sind dann vielleicht mit einem etwas langweiligeren Arbeitsplatz zufrieden, bei dem sie aber pünktlich Feierabend haben - und dann Zeit für ihre Familie und ihre Hobbys haben. Oder sie akzeptieren eine unbefriedigende Tätigkeit, weil sie damit viel verdienen und ihren Kindern so ein Studium ermöglichen können." Auch das könne Befriedigung im Leben bringen, weil man weiß, wofür man es macht.
Wer aber wirklich etwas grundlegend ändern will, dem empfiehlt Gulder, einmal zu träumen und in Gedanken zurück in die Kindheit zu schweifen. "Überlegen Sie, was Ihnen früher am meisten Spaß gemacht hat. Und stellen Sie sich einmal vor, dass einfach alles möglich wäre. Was würden Sie dann tun?" Zwar müsse man diese Träume anschließend mit der Realität abgleichen - aber häufig ergäben sich daraus erste Hinweise.
Dabei könne im Extremfall auch rauskommen, dass man eigentlich einen völlig falschen Beruf gelernt hat - und dass man für einen kompletten Neustart in seinem Traumberuf inzwischen schon zu alt ist.Aber auch dann gebe es Möglichkeiten, betont Gulder: "Wenn ich 50 bin und eigentlich immer Arzt werden wollte, dann ist es für ein neues Studium vielleicht zu spät. Aber bestimmt findet man andere Berufe, in denen man Menschen helfen kann, gesünder zu werden."
Die Gemütlichkeitsfalle
Zu so grundlegenden Veränderungen im Leben können sich allerdings längst nicht alle Menschen durchringen, weiß Reisinger. "Irgendwann ist man in einer Gemütlichkeitsfalle drin." Die meisten Menschen schleppten sich jahrelang jeden Tag mit einer mehr oder weniger großen Unlust ins Büro - änderten aber nichts daran. "Gefährlich wird es, wenn man nur noch mit Magenschmerzen in die Firma geht, oder wenn es einem schon ab Sonntagmittag vor dem Montag graut. Dann sollte man wirklich dringend etwas unternehmen."
Noch besser allerdings wäre es, wenn man mit diesen Überlegungen nicht erst anfängt, wenn einen alles nur noch nervt. "Eigentlich sollten wir regelmäßig überlegen, ob wir noch zufrieden mit unserem Leben und unserer Arbeit sind, oder ob man irgendwo nachsteuern muss", sagt Gulder. Einmal im Jahr sollte man sich dafür auf jeden Fall die Zeit nehmen.