Unzufriedene Arbeitnehmer Mitarbeiter wollen mehr Anerkennung

Berlin · Sie warten hauptsächlich auf den Feierabend, und wenn der Chef meckert, zucken sie nur noch mit den Schultern: Viele Arbeitnehmer in Deutschland haben laut einer Studie längst innerlich gekündigt. Und das, obwohl es vielen Unternehmen blendend geht, manche Beschäftigte üppige Prämien kassieren. Denn Geld allein macht auch im Job nicht glücklich. Fachleute meinen, in Büros und Werkshallen gibt es zu wenig Anerkennung. Sind Deutschlands Manager zu schlecht? Oder haben ihre Mitarbeiter die falsche Einstellung?

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Foto: gms

Studienautor Marco Nink von der Unternehmensberatung Gallup sieht den Grund bei den Chefs. Die knauserten mit Lob, interessierten sich zu wenig für die Arbeit ihrer Mitarbeiter und bänden sie zu wenig ein. Dass Gallup zu diesem Ergebnis kommt und einen gewaltigen volkswirtschaftlichen Schaden beschreibt, wundert zunächst nicht. Die Berater verdienen ihr Geld in Deutschland auch damit, dass sie die Führungskräfte großer Unternehmen schulen.

Doch trotzdem dürften einige Antworten aus der Umfrage die Personalabteilungen aufhorchen lassen: Nur jeder vierte wird für gute Arbeit vom Chef gelobt und nur jeder dritte meint, dass im Betrieb seine Meinung zählt.

"Der Grund ist häufig Unsicherheit"

Schlechte Mitarbeiterführung ist Gift für Unternehmen, besonders wenn der Fachkräftemangel weiter um sich greife, meint Carsten Steinert. Der Osnabrücker Professor für Personalmanagement fordert, dass Chefs besser für ihre Aufgabe ausgebildet werden. "Sie behandeln ihre Mitarbeiter nicht absichtlich schlecht. Der Grund ist häufig Unsicherheit — denn viele Führungskräfte werden ins kalte Wasser geworfen." Unternehmen könnten noch so viel ausgeben, um neue Leute anzuheuern. "Wenn die sich nicht wohlfühlen, sind sie schnell wieder weg."

Doch ein guter Chef allein bringe keine glücklichen und motivierten Mitarbeiter, meint der Deutsche Gewerkschaftsbund. Nach dessen "Gute-Arbeit-Index" ist die Führungsqualität in Deutschland zwar nur mittelmäßig. Einkommen und Aufstiegsmöglichkeiten ließen aber noch mehr zu wünschen übrig. Auch der Druck steige: "Wieviel muss ich in welcher Zeit schaffen? Das ist ganz entscheidend."

Das bestätigt die Universität Duisburg-Essen. Sie ermittelte im Krisenjahr 2009, dass die deutschen Beschäftigten längst nicht mehr so zufrieden seien wie vor 25 Jahren - wegen Arbeitsdrucks, geringer Lohnsteigerungen und schlechter Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

In der Gallup-Studie schneidet Deutschland zwar regelmäßig besser ab als etwa China, Russland und Japan. In Ländern wie den USA, der Schweiz und Österreich fühlten sich aber deutlich mehr Angestellte ihrem Betrieb emotional verbunden.

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände will die Zahlen aktuell nicht kommentieren. In der Vergangenheit hatte man auf andere Studien verwiesen, die — je nach Fragestellung — andere Schlüsse nahelegen: Den Kranken- und Unfallversicherungen antworteten vor zwei Jahren jeweils weit mehr als 80 Prozent der befragten Männer und Frauen, ihre Arbeit bringe ihnen Anerkennung, sei vielseitig und abwechslungsreich.

Laut OECD sind hierzulande 90 Prozent der Beschäftigten mit ihrer Arbeit zufrieden — ein Ergebnis, das auch die Gallup-Umfrage zutage förderte. Doch Zufriedenheit heiße nicht, dass Beschäftigte sich ihrem Arbeitgeber emotional verbunden fühlen. "Sehr häufig geht Zufriedenheit auch mit Passivität einher", sagt Nink.

Und wer nur mit Kopf oder Händen, nicht aber mit dem Herzen bei der Arbeit sei, sei weniger leistungsbereit. Wer innerlich gekündigt habe, habe 2011 im Schnitt dreieinhalb Tage öfter gefehlt als jene 14 Prozent der Angestellten, die für ihre Firma brennen.

Die Lösungen seien bekannt, würden aber zu selten beherzigt, sagt Professor Steinert: regelmäßige Mitarbeiter-Gespräche beispielsweise. Der Forscher schlägt vor, künftige Führungskräfte rechtzeitig durch Seminare auf die neue Aufgabe vorzubereiten. Chefs müssten sich auch regelmäßig untereinander austauschen können, denn mit ihren Mitarbeitern könnten sie nicht über ihre eigenen Leistungen sprechen.
"Führungskräfte sind immer auch einsam."

(dpa)
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