Amtsgericht weist Klage ab Lehrerin scheitert in Hasenphobie-Fall

Vechta (RPO). Das Amtsgericht Vechta hat am Dienstag in einem kuriosen Mobbing-Fall die Klage einer Lehrerin gegen eine 16-jährige Schülerin abgewiesen. Die Lehrerin wollte der Schülerin in dem Verfahren untersagen, zu behaupten, sie litte an einer ausgeprägten Phobie gegen Hasen.

 Die Unterlassungsklage gegen die 16-jährige Schülerin wurde abgewiesen.

Die Unterlassungsklage gegen die 16-jährige Schülerin wurde abgewiesen.

Foto: ddp

Sogar das russische Fernsehen ist zur Urteilsverkündung gekommen. Der Medienandrang im Amtsgericht Vechta am Dienstagmorgen ist groß. Kein spektakulärer Kriminalfall steht an, sondern ein Mobbing-Prozess aus dem Schulalltag. Oder nur ein Schülerstreich? Eine Erdkundelehrerin hat eine Schülerin verklagt, weil sie böse Gerüchte über eine angebliche Hasen-Phobie der Pädagogin gestreut haben soll. Die heute 16-Jährige soll Hasen an die Tafel im Klassenzimmer gemalt und ihren Mitschülern erzählt haben, die Lehrerin fürchte sich vor den Tieren und drehe bei deren Anblick durch. Das Amtsgericht wies die Klage nun zurück.

Mit der Ehrenschutzklage wollte die 60-jährige Lehrerin der Schülerin die vermeintlichen Sticheleien verbieten. Zur Urteilsverkündung erscheint die zurzeit krankgeschriebene Pädagogin nicht, nur ihr Mann und ihr Sohn sind anwesend. Der Vorsitzende Richter Hermann Pieper äußert sich anschließend nicht zu den Gründen seiner Entscheidung in dem Zivilverfahren. Sie würden den Verfahrensbeteiligten erst später schriftlich zugestellt.

Gerichtssprecherin: Hasenphobie ist wahre Tatsachenbehauptung

Gerichtssprecherin Mechthild Beckermann sagt, die Hasenphobie sei eine Tatsachenbehauptung, die sich als wahr erwiesen habe. Eine Schülerin hatte als Zeugin berichtet, wie die Lehrerin wegen einer Hasenzeichnung an der Tafel weinend aus dem Klassenraum gelaufen war. Beckermann sagt, das Gericht habe klären müssen, ob die Behauptung der 16-jährigen Beklagten wahr oder falsch sei. Anschließend habe es zwischen dem Verbreitungsinteresse und dem Persönlichkeitsschutz der Lehrerin abwägen müssen. Der Schülerin könne nun nicht mehr untersagt werden, Hasen an die Tafel zu malen. Die Lehrerin habe aber die Möglichkeit, gegen das Urteil Berufung einzulegen.

Die Mutter der verklagten Schülerin, Corinna Pohl, zeigt sich erleichtert. Ihre Tochter Kim habe im vergangenen Schuljahr wegen des Gerichtsverfahrens "psychischen Stress" gehabt. Ihre Zensuren seien so schlecht geworden, dass sie nicht versetzt werde. Lachen könne sie selbst über den kuriosen Fall nicht. "Ich habe zu viele schlaflose Nächte gehabt", sagt Pohl. Sie könne es nach wie vor nicht fassen, dass es soweit gekommen sei.

Die Deutsch- und Erdkundelehrerin hatte bereits 2008 eine andere Schülerin wegen einer ähnlichen Sache verklagt. Das Verfahren endete mit einem Vergleich. Die Schülerin darf nun nicht mehr behaupten, dass die Lehrerin an einer Hasenphobie leide. Damals hatte die Frau noch an einer anderen Schule in Goldenstedt gearbeitet. Dort ging auch Kim zur Schule. Sie hatte die Gerüchte über die angebliche Phobie gegen Hasen mitbekommen.

Schülerin hatte mit Streit selbst nichts zu tun

Später wechselten Kim und die Pädagogin unabhängig voneinander an eine Haupt- und Realschule in Vechta. Die Jugendliche hatte am Rande des letzten Prozesstages gesagt, sie habe vor ihren Mitschülern "Oh nee!" gerufen, als sie erfahren hatte, dass die Frau in ihrer 9. Klasse unterrichten sollte. Und die hätten daraufhin wissen wollen, was denn mit der Lehrerin los sei. Deshalb habe sie ihnen von dem angeblichen Problem der Lehrerin erzählt. Und es seien zwei ihrer Mitschüler gewesen, die eine Woche später aus Neugier ausprobieren wollten, wie denn die Frau auf die an die Klassentafel gemalten Hasen reagiere.

Ihre Tochter habe mit dem Schülerstreich nichts zu tun gehabt, beteuert auch Corinna Pohl. "Sie hat auch keine Schüler gegen die Lehrerin aufgestachelt." Trotzdem habe sie sofort ein Schreiben vom Anwalt der Lehrerin bekommen. Die Lehrerin habe sie vorher nicht einmal auf den Vorfall angesprochen. "Ich finde das unmöglich", sagt Pohl.

Kims Klassenlehrer Gerd Wagemann ist ähnlicher Ansicht. Er hat vor Gericht als Zeuge ausgesagt und ist zur Urteilsverkündung gekommen. "Einerseits muss man solidarisch mit Lehrern sein, die Stress haben", sagt Wagemann nachdenklich. Aber gleich eine Klage einzureichen, sei für ihn nicht nachvollziehbar. Kim habe sich nichts zuschulden kommen lassen, sie sei ein sehr schüchternes Mädchen. Die Lehrerin hingegen habe seit 20 Jahren schon Stress mit Schülern. Man müsse nur im Internet in entsprechenden Blogs schauen. Kim sei lediglich Auslöser für den ganzen Trubel gewesen. Für die betroffene Schule sei "das Ganze nicht gut", sagt Wagemann.

Richter Pieper sagt nach der Urteilsverkündung: Der Fall möge nach außen kurios anmuten, aber: "Mobbing und Kampf in der Schule" landeten nicht selten vor Gericht. Kims Mutter hofft nun, dass ihre Tochter doch noch in die 10. Klasse versetzt wird. Sie hat bei der Schulbehörde einen entsprechenden Antrag gestellt. Dass die Lehrerin wieder an der Schule unterrichten wird, glaubt sie nicht

(DDP/csr)
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