Altes Eisen? Firmen fördern ältere Mitarbeiter noch immer wenig

Berlin · Die Deutschen werden älter - und damit auch die Belegschaften in den Unternehmen. Betriebe fördern ihre älteren Mitarbeiter aber noch immer selten, wie eine Umfrage zeigt. Betriebsärzte schlagen Alarm.

Altes Eisen?: Firmen fördern ältere Mitarbeiter noch immer wenig
Foto: Shutterstock/ EDHAR

Rückenschule, Anti-Stress-Seminare oder Computerkurse - für viele Unternehmen sind das noch immer Fremdworte, wenn es um die eigene Belegschaft geht. Nach einer aktuellen Umfrage rüsten sich nur wenige Betriebe mit solchen Angeboten für den demografischen Wandel: Lediglich 34 Prozent der Beschäftigten geben an, dass ihre Firma spezielle Programme zur Gesundheitsförderung älterer Kollegen bereitstellt. Das geht aus einer repräsentativen Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts YouGov hervor.

Bei den Mitarbeitern über 50 Jahren meinen sogar nur 28 Prozent, dass ihr Arbeitgeber eine besondere Förderung wie zum Beispiel Fitnesskurse oder ergonomische Arbeitsplätze für sie anbietet. Arbeitsmediziner sehen solche Umfragewerte kritisch. "Fehlende Prävention kann langfristig für Unternehmen teuer werden", warnt der Präsident des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW), Wolfgang Panter. "Wenn man Ältere nicht gezielt fördert, muss man später mit häufigeren Fehlzeiten rechnen."

Schon jetzt beobachteten seine Kollegen aufgrund der älter werdenden Belegschaften zunehmend Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rückenprobleme oder psychische Belastungen. Eine spezielle Förderung in den Unternehmen dürfe nicht erst bei Menschen jenseits der 50 beginnen, sagt Panter. "Gerade die jungen Arbeitnehmer sollten früh beginnen, denn sie müssen ja noch lange durchhalten."

Etwa jeder Fünfte glaubt laut der YouGov-Umfrage nicht, dass er unter den jetzigen Bedingungen im Job bis ins Rentenalter gesund und arbeitsfähig bleibt. Ähnlich schlecht sieht die Lage bei gezielten Fortbildungen oder Schulungen für ältere Mitarbeiter aus: Nur 28 Prozent der Befragten registrieren maßgeschneiderte Angebote wie Computerkurse oder Technikschulungen in ihrem Unternehmen.

Angestellte in leitenden Funktionen schätzen ihren Arbeitgeber dabei aber meist positiver ein. In dieser Gruppe werden die Punkte Gesundheitsförderung und Weiterbildung im Unternehmen deutlich besser bewertet als im Durchschnitt. "Führungskräfte sind meist in langfristige Strategien der Unternehmen eingebunden und bewerten dann anders", erklärt YouGov-Forscher Marco Haferburg. "Einige Angebote sind vielleicht auch bei leitenden Mitarbeitern bekannt, kommen aber bei der Basis noch nicht an."

Besonders in großen Betrieben habe allerdings bereits ein Umdenken eingesetzt, meint die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und verweist auf eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Demnach werden spezielle Angebote für Ältere besonders in denjenigen Branchen öfter angeboten, in denen ihr Anteil hoch ist - etwa in der öffentlichen Verwaltung oder im Bergbau. Weniger Engagement gibt es hingegen in der Land- und Forstwirtschaft oder im Handel.

Dass sie in Zeiten des Fachkräftemangels auf die Älteren nicht verzichten können, haben viele Betriebe erkannt. Zwischen 2001 und 2011 hat sich die Beschäftigungsquote laut IAB bei den 60- bis unter 65-Jährigen mehr als verdoppelt. Das Wissen erfahrener Kollegen sei vielerorts auch sehr gefragt: 54 Prozent der von YouGov Befragten sind der Ansicht, dass die Erfahrung der älteren Kollegen im Unternehmen geschätzt wird. Die Förderung der Zusammenarbeit zwischen Alt und Jung bewertet rund die Hälfte positiv.

Gerade im Hinblick auf ein immer höheres Beschäftigungsalter und die Rente mit 67 sei es entscheidend, dass die Arbeitsbelastungen gesenkt würden, mahnt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). "Arbeit ist inzwischen Stressfaktor Nummer eins", sagt DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Auch die Bundesregierung sei in der Pflicht, den Gesundheitsschutz in den Betrieben stärker zu fördern.

Vorbildliche Unternehmen mit eigenen Fitnessstudios oder Anti-Stress-Seminaren erreichten aber meist nur die ohnehin gesundheitsbewussten Mitarbeiter, betont Panter. Deshalb müssten die Beschäftigten umdenken: "Jeder ist für seine Gesundheit auch selbst verantwortlich."

(dpa)
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