Auslandsknigge Brasilien: Die Geschäftreise als Geduldsprobe

Düsseldorf · Russland, Indien, China, Südafrika und Brasilien - die BRIC-Staaten werden für die Geschäftwelt immer wichtiger. Doch um dort am Verhandlungstisch zu bestehen, muss man die Gepflogenheiten kennen. Lesen Sie hier die Kniggeregeln für Brasilien.

Brasiliens Nordosten: Strände und mehr
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Brasiliens Nordosten: Strände und mehr

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Foto: gms

Brasilien ist die neuntgrößte Volkswirtschaft der Welt und bereitet sich, dank seines hervorragenden Wirtschaftswachstums zunehmend darauf vor, ein echter "global Player" zu werden. Längst vermelden die Handelskammern, dass Brasilien mit China und Indien zu den wichtigsten Wirtschaftspartnern der Zukunft gehört.

Für international tätige Geschäftsleute bedeutet das vor allem eine neue Herausforderung am Verhandlungstisch. Denn die Verhaltensweisen bei Begrüßung, am Essenstisch und bei Meetings sind von Land zu Land verschieden und erfordern interkulturelles Verständnis und Feingefühl.

Begrüßung und Kleidung

Während in China bei der Begrüßung etwa die klassische Verbeugung durchaus auch für Ausländer Gang und Gäbe ist, kann es in Brasilien sogar zu einem Küsschen auf die Wange kommen - allerdings nur unter Frauen. Männer schütteln sich bei der ersten Begegnung die Hand, kennt man sich besser, kann es auch zu einer Umarmung kommen.

Grundsätzlich sollte man bei Geschäftskontakten in Richtung Zuckerhut daran denken, dass Brasilianer viel Wert auf persönlichen Kontakt legen. So werden Verträge für sie niemals per Telefon oder via E-Mail geschlossen. Auch das erste Geschäftstreffen sollte nur zum Aufbau eines persönlichen (Vertrauens-)Verhältnisses dienen. Häufige Wechsel von Ansprechpartnern in der deutsche Firma und rein geschäftliche Gespräche, könnten mögliche Kooperationen schon im Vorfeld scheitern lassen.

Nicht nur Mythos sondern Alltag ist das Ästhetikempfinden der Brasilianer. Sie legen viel Wert auf gutes Aussehen, und sowohl Mann als auch Frau dürfen ihre guten Seiten durchaus zeigen. Bunte Hemden und luftige Hosen sind deshalb keinesfalls zu empfehlen. Männer sollten lieber auf den klassischen dunklen Anzug mit Krawatte setzen. Frauen dagegen auf Kostüm oder Hosenanzug und Make-up. In jedem Fall sollte das Erscheinungsbild gepflegt sein und - mehr als in Deutschland - eher auf gutes Aussehen ausgelegt, als auf Business.

Ein Geduldsspiel für deutsche Pragmatiker

Zur größten Herausforderung für die deutsche Mentalität gehört sicher die große Geduldsspanne, die im Umgang mit den Südamerikanern an den Tag gelegt werden muss. Schnell geht hier selten etwas. Verträge werden nicht sofort abgeschlossen, Entscheidungen trifft nur der Ranghöchste in der Firma, so dass die interne Kommunikation ebenfalls zeitverzögert sein kann - und zu spät kommen gehört zum guten Ton. Während man als Gast zum Geschäftsessen zwar durchaus pünktlich sein sollte, kann es sein, dass der Brasilianer erst mit einer Stunde Verzögerung an den Tisch kommt. Für ihn gehört das zur Kultur, und sollte deshalb keinesfalls bemängelt werden.

Von Gesprächsstoff bis Unterlagen

Vor einem Geschäftstreffen sollten unbedingt alle Unterlagen in Portugiesisch aufbereitet werden. Auch Verhandlungen und Präsentationen sind in der Landessprache zu führen. Wenn die Sprachfähigkeiten das nicht hergeben, lohnt es sich in einen Dolmetscher zu investieren.

Persönliche Gespräche gehören übrigens durchaus zum guten Ton. Im Gegensatz zum chinesischen Zusammensein, sollten am brasilianischen Tisch jedoch keine persönlichen Details ausgeplaudert werden. Punkten kann man mit Wissen über Brasilien, seine Wirtschaftslage und natürlich mit dem Thema Fußball.

Sowohl Geduldsprobe als auch Anpassungsfähigkeit lohnen sich aber. Wer einmal einen guten Kontakt zu seinem brasilianischen Gegenüber hergestellt hat, kann sich in der Regel eines treuen Geschäftspartners sicher sein.

In eigener Sache

Ebenfalls ungewohnt für deutsche Besucher, ist die Sicherheitslage auf den Straßen Brasiliens. Zwar hat sich die Situation bereits gebessert, doch durch die hohe Armut kommt es immer noch zu vielen Überfallen. Die meisten Unternehmen haben deswegen sehr hohe Sicherheitsvorkehrungen inklusive Kamera, Sicherheitspersonal und Panzerglas getroffen. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten sich Besucher bereits im Hotel über besonders sicher und unsichere Viertel zum Beispiel in Rio de Janeiro erkundigen, und mindestens nach Einbruch der Dunkelheit nur noch mit dem Taxi unterwegs sein.

(ham)
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