Berufsorientierungstests Was will ich werden?

Orientierungstests sollen Schul- oder Hochschulabsolventen bei der Berufswahl helfen. Aber bringen sie wirklich was? Und anhand welcher Kriterien erkennt man eigentlich gute Angebote?

 Die Qualität eines Berufsorientierungstests können Nutzer oft nur schwer einschätzen.

Die Qualität eines Berufsorientierungstests können Nutzer oft nur schwer einschätzen.

Foto: Getty Images/iStockphoto/metamorworks

„Sortiere folgende Tätigkeiten nach Interesse: Fahrzeuge bedienen, Informationen sorgfältig analysieren, Plakate und Flyer entwerfen, den Problemen anderer zuhören“. So oder so ähnlich lauten die Aufgabenstellungen bei Orientierungstests zur Berufswahl. So sollen Schüler oder Studierende herausfinden, für welche Jobs sie geeignet sein könnten oder welche Aufgaben sich für ihren Persönlichkeitstyp anbieten.

Die eigenen Fähigkeiten, Ziele und Wünsche zu benennen, steht bei solchen Berufs- oder Persönlichkeitstests im Vordergrund. Es sollen auch Bereiche aufgedeckt werden, die für das Berufsleben später nicht infrage kommen. Am Ende steht das Ziel, die eigenen Stärken zu ermitteln. Oder vielleicht sogar eine Entscheidung zu treffen, ob eine Ausbildung oder ein Studium besser geeignet ist.

Berufsorientierungs- und Persönlichkeitstests unterscheiden sich dabei: Das Grundprinzip ersterer bestehe im Vergleich der Job-Anforderungen mit den Fähigkeiten und Interessen von Ratsuchenden, erklärt Heinz Schuler. Der emeritierte Professor der Personalpsychologie hat selbst lange zur Berufsberatung geforscht.

Persönlichkeitstests nutze man hingegen, um festzustellen, ob Gewissenhaftigkeit oder Leistungsmotivation ausreichen, beruflichen Anforderungen gerecht zu werden. Bei der Berufsorientierung haben allerdings Persönlichkeitstests weit geringeren Nutzen als Fähigkeits- und Interessentests, so Schuler.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bietet gleich mehrere unterschiedliche Analyse-Werkzeuge an. Der „BERUFE Entdecker“, der für Schüler und Schülerinnen von Klasse sieben bis zehn geeignet ist, fällt durch seine Optik auf: „Die Jugendlichen wählen Bilder intuitiv nach eigenen Interessen aus oder ab. Der Test soll ein erster Einstieg zu einer intensiveren Beschäftigung mit dem Thema „Berufswahl“ sein“, erklärt Mark-Cliff Zofall, der den Bereich Berufsberatung bei der Arbeitsagentur leitet.

Alternativ dazu stellt die BA Interessierten das Selbsterkundungstool und den Berufswahltest zur Verfügung. Bei beiden Angeboten handelt es sich um Testverfahren, bei denen es in erster Linie um Selbsteinschätzungen in verschiedenen Gebieten geht. Am Ende werden die Antworten von Berufsberatern der BA ausgewertet. Sie geben dann spezifische Empfehlungen für Ausbildungsberufe oder Studiengänge.

Wichtig: „Für alle drei Tests müssen junge Menschen zuvor noch nicht wissen, was sie beruflich machen wollen. Auch wer bereits eine konkrete Vorstellung hat, kann mögliche Alternativen zu den bisherigen Überlegungen entdecken“, sagt Zofall.

Nicht immer jedoch haben die Fragebögen ein konkretes Ergebnis. Je nach Testverfahren darf man konkrete Berufsvorschläge erwarten oder aber eine grobe Orientierung für eine möglicherweise passende Richtung, erklärt Angelika Gulder, Psychologin und Karriere-Coach.

Entscheidend sei daher, sich im Vorhinein klarzumachen, was Ziel und Absicht des Tests sind. Interessierte sollten sich beim Ausfüllen immer ehrlich positionieren und auch Schwächen eingestehen. Gulder empfiehlt, sich am besten mehrere Einschätzungen einzuholen. Am Ende fügen sich dann alle Ergebnisse in einem Gesamtbild zusammen.

Das Angebot an Berufsorientierungs- und Persönlichkeitstests, analog wie digital, ist umfassend. Viele Tests sind gratis. Kosten entstehen meist erst, wenn persönliche Beratungsleistungen ins Spiel kommen. Aber wann bringt mich ein Test wirklich weiter? Woher weiß ich, ob er seriös aufgebaut ist? Diese Fragen zu beantworten, fällt angesichts der Masse an Tests oft schwer.

Für Persönlichkeitstests haben zum Beispiel psychologische Fachverbände Kriterien zur Beurteilung geschaffen. „Für diagnostische Laien ist die Qualität von Tests allerdings sehr schwer zu beurteilen“, sagt Schuler. Deswegen sei es kompliziert, die Nutzbarkeit pauschal zu bewerten.

Bei Berufsorientierungstest spielt die soziale Validität eine wichtige Rolle – sprich: Das Maß, in dem der Test eine für die Teilnehmer informative und für ihre Entscheidung hilfreiche Situation schafft. „Damit soll sichergestellt werden, dass die Ratsuchenden nicht nur ein vergnügliches spielerisches Verfahren mit eventuellen geringem Bezug zu den Berufsanforderungen durchlaufen, sondern in die Lage gebracht werden, ein Studium oder eine Ausbildung zu wählen, die sie wirklich interessiert“, sagt Professor Heinz Schuler.

Ob ein Test eine Bedeutung für den weiteren Karriereweg hat, hängt auch damit zusammen, welche Aussagekraft dem Test beigemessen wird. Aber: Gute Tests können ganz wesentlich dazu beitragen, dass Menschen und Berufe gut zusammenpassen, findet Schuler. Bei internetgestützten Orientierungstests sei die Evaluation aber grundsätzlich schwieriger, weil die Durchführung anonym erfolgt.

Den einen, optimalen Zeitpunkt für die Anwendung eines Analyse-Werkzeug gibt es nicht. Manchmal ist ein solcher Test sinnvoll, um den ohnehin schon favorisierten Weg zu bestätigen. „Je jünger ein Mensch ist, desto wichtiger eine gut überlegte Weichenstellung, da die getroffene Entscheidung eine Richtung für den Rest des Lebens legen kann“, sagt Gulder.

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