Trotz Konkurrenz zum Ziel Karriere - ganz ohne Ellenbogen

Waldsassen · Platz da, hier komm' ich! Wer so in Gorillamanier auftritt, hat bald wenig Freunde im Büro. Ellenbogendenken bringt einen im Beruf nicht wirklich weiter. Aber wie soll man sonst mit Konkurrenz im Job umgehen?

So geht's ohne Ellenbogen
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Foto: dpa, Mascha Brichta

Der Chef lobt einen Kollegen? Da geht bei einigen im Kopf gleich die rote Alarmlampe an: Konkurrenz! Wieso lobt er mich nicht? Was hat der andere, was ich nicht habe? Solche Gedanken dürften viele von der Arbeit kennen. Denn im Beruf messen wir uns ständig mit anderen. Das kann leicht zu Neid und Missgunst führen. Und es löst schnell eine Art Abwehrreflex aus: Die Kontrahenten fahren die Ellenbogen aus und versuchen, den anderen auszustechen. Wenn der Konkurrenzkampf so ausartet, kann das andere aber schnell nerven - und bringt einen selbst nicht unbedingt weiter.

Konkurrenz muss aber nichts Schlechtes sein - solange Mitarbeiter den Wettbewerb sportlich nehmen, meint Theo Bergauer, Karriereberater aus Waldsassen in Bayern. Es komme aber darauf an, die Regeln des Fair Play einzuhalten - und nicht zu foulen. Dem anderen ein Bein zu stellen, sei daher die falsche Devise. Denn selbst wenn sich jemand dadurch etwa im Rennen um eine Beförderung durchsetzt, entpuppt sich das hinterher leicht als Pyrrhussieg. "Die Ellenbogen auszufahren, macht einsam." Denn der Gewinner stehe hinterher alleine da.

Hahnenkämpfe machen unglücklich

Liefern zwei sich ständig vor den anderen einen Hahnenkampf oder machen sich in einem Zickenkrieg hinterrücks schlecht, geht das nicht nur den anderen auf den Geist. Sie machen sich auch selbst schnell unglücklich durch das ständige Vergleichen. "Es gibt immer jemanden, der besser ist", erläutert Bergauer. Wer sich das ständig vor Augen führt, erreicht nur eins: "Das Selbstbewusstsein geht in den Keller."

Das zeigt auch: Konkurrenzdruck wird nicht nur von außen geschürt - er entsteht ebenso im Kopf. Der Kollege ist mittags schon doppelt so weit mit seiner Arbeit wie man selbst? Schlimmstenfalls wird das gleich als Kriegserklärung aufgefasst. Dabei will der Kollege vielleicht nur früher Feierabend machen. Und wenn der Chef eine interessante Aufgabe an einen anderen vergibt, fühlen manche sich gleich zurückgewiesen. "Man interpretiert das schnell falsch", sagt Bergauer. "Da darf man sich nicht verrückt machen lassen."

Gerade Frauen lassen sich von solchen Gedanken aber schnell herunterziehen. "Sie denken dann gleich: 'Ich bin so schlecht, und die anderen sind so gut!'", erläutert Regina Michalik, Führungskräfte-Coach aus Berlin. Um aus dieser Denkfalle herauszukommen, sei es wichtig, von Pauschalurteilen wegzukommen und sich klarzumachen, wo die eigenen Stärken und die der anderen liegen. Dann dürfte einem bewusstwerden, dass man selbst durchaus seine Vorzüge gegenüber dem anderen hat.

Der andere arbeitet immer superschnell - na und? "Vielleicht habe ich aber die besseren Ideen. Dann schreibe ich mir am besten einen Zettel: Konzentriere dich auf deine super Ideen", gibt die Karriereberaterin Svenja Hofert aus Hamburg ein Beispiel.

Außerdem dürften Mitarbeiter nicht Äpfel mit Birnen vergleichen: "Es bringt nichts, wenn ich mich mit jemandem vergleiche, der 20 Jahre mehr Erfahrung hat", sagt Hofert. "Dieses ungesunde Vergleichen hilft keinem." In so einem Fall sei es eher ratsam, sich den anderen als Vorbild zu nehmen. "Dann kann ich mich fragen: Was kann ich mir von dem abschauen?" So könne man von der Situation profitieren.

Leistungen nicht kleinreden

Neid und Missgunst machen erst recht einen schlechten Eindruck. Wenn der Chef den Kollegen lobt, grätschen andere also besser nicht dazwischen und versuchen, die Leistung des anderen kleinzureden. "Das kommt ganz schlecht", sagt Michalik. Denn so ein missgünstiges Verhalten wirke unsouverän.

Auch eine Trotzhaltung bringt einen nicht weiter. Der andere hat eine wichtige Aufgabe bekommen? Schön für ihn - dann soll er das mal schön alleine machen! Oder er hat einen Fehler in seiner Präsentation? Soll er ihn doch selbst finden! So ein Verhalten gehöre zwar eigentlich in den Kindergarten, sagt Hofert. "Es ist aber leider weit verbreitet." Den anderen ins Messer laufen zu lassen und dann den Besserwisser zu spielen, komme beim Chef nie gut an. Denn der dürfte sich fragen, warum der Mitarbeiter nicht früher etwas gesagt hat, wenn er einen Fehler bemerkt hat.

Sich in die Schmollecke zu verziehen und die Arbeit des anderen zu sabotieren, ist daher keine gute Idee. Souveräner sei es in so einer Situation, auf den anderen zuzugehen, rät Hofert. Hat ein Kollege den Vorzug bei einem neuen Projekt erhalten, sollte man ihm ruhig erst einmal dazu gratulieren. "Man darf dann aber auch ehrlich sagen: 'Ich hätt's auch gern gemacht.'" Das sollten Mitarbeiter ruhig auch dem Chef gegenüber wiederholen - so zeigen sie sich ambitioniert.

Es muss in solchen Fällen außerdem nicht so enden, dass einer der Gewinner ist und der andere als Verlierer dasteht. Hat der Kollege ein neues Projekt bekommen, könne er andere immer noch mit ins Boot holen. Dazu müssen die anderen aber über ihren Schatten springen - indem sie ihre Hilfe anbieten. Der Kollege darf beim Kunden eine wichtige Präsentation halten? "Dann kann ich zum Beispiel die Statistiken übernehmen", gibt Bergauer ein Beispiel. Das klingt zwar erst einmal etwas paradox: Der Verlierer soll dem Gewinner auch noch zur Hand gehen? Ja, erklärt er. Denn so profitierten beide: "Dann wird aus der Sache eine Win-win-Situation."

(dpa)
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