Vor dem neuen Job Freiwillig eine längere Auszeit nehmen

Wer eine Arbeitsstelle kündigt, um eine neue anzutreten, hat nicht immer einen nahtlosen Übergang. Manchmal liegen einige Wochen oder Monate zwischen den Stationen – und viele wünschen sich auch selbst so eine Pause.

 Erst einmal durchatmen: Zwischen zwei Jobs eine Pause einzulegen, ist mit Blick auf die Karriere heute in der Regel kein Problem mehr.

Erst einmal durchatmen: Zwischen zwei Jobs eine Pause einzulegen, ist mit Blick auf die Karriere heute in der Regel kein Problem mehr.

Foto: dpa-tmn/Monika Skolimowska

Viele Stellen in Deutschland sind unbesetzt, die Wechselbereitschaft unter den Beschäftigten ist groß. Wer den Sprung in einen neuen Job wagt, startet dabei nicht immer lückenlos in ein neues Anstellungsverhältnis. Manchmal liegen zwischen dem letzten Arbeitstag im alten und dem ersten Arbeitstag im neuen Job Wochen oder gar ein paar Monate. Vorausgesetzt, man kann sich das leisten. Was treibt man in der Übergangsphase?

„Bis vor einiger Zeit wäre dieses Thema gar keine Frage gewesen“, sagt die Münchener Psychologin und Karriereberaterin Madeleine Leitner. Da sei allein der Wunsch unvorstellbar gewesen, Leerlauf zwischen zwei Jobs zu haben. „Da war das Menschenbild eben: Man arbeitet.“

Auch heute gibt es der Karriereberaterin zufolge noch konservative Branchen, „da ist es wahrscheinlich noch immer die Ausnahme, dass man überhaupt überlegt, aus dem Muster auszuscheren“. Da starte man mit Ablauf der Kündigungsfrist beim neuen Arbeitgeber.

Allerdings, so Leitner, gebe es heute in vielen Bereichen einen Bewerbermarkt. Und das heißt: „Bewerberinnen und Bewerber diktieren die Regeln. Wenn man sich mal umguckt, wird ja fast überall gesucht.“ Insofern könne man heute andere Fragen stellen als noch vor einigen Jahren. Mit Blick auf den Lebenslauf sei daher eine Auszeit oder Lücke bis zu einem halben oder sogar einem ganzen Jahr „überhaupt keine Diskussion mehr“. Ob das dann als Sabbatical oder Weltreise gelabelt wird, ist der Karriereberaterin zufolge zweitrangig.

Auch Nico Rose vertritt die Auffassung, Arbeitnehmer dürften hier „entspannt agieren“. Es sei heutzutage völlig normal, dass Menschen zwischen zwei Anstellungen oder innerhalb eines Jobs ein Sabbatical einlegen. „Und das wissen auch die Unternehmen, zumindest jene, die mit guten Arbeitsbedingungen punkten wollen“, sagt der Coach und Buchautor.

Bei der Frage, was man nun in der Übergangszeit treibt, sieht Madeleine Leitner in den meisten Branchen keine Ausschlusskriterien. „Wer seine Karriere wirklich durchplant und eine strikte Vorstellung vom eigenen Arbeitsleben hat, kann die Zeit natürlich für eine Weiterbildung oder Qualifizierung nutzen.“ Genauso könne man aber verreisen, einfach ausspannen, ein Haus renovieren oder mehr Zeit mit der Familie verbringen, wenn die finanziellen Mittel dafür vorhanden sind.

„Wichtig ist ein hohes Maß an Transparenz gegenüber dem zukünftigen Arbeitgeber“, sagt Nico Rose. Alles andere hängt von der konkreten Situation ab. „Hat man die letzten Jahre durchgepowert, ist es völlig legitim, auch einmal einige Monate Pause zu machen.“

Wer eine Auszeit plausibel erklären will, sollte auf Rat von Madeleine Leitner herausstellen, dass diese am Ende auch dem Arbeitgeber zugutekommt. „Studien etwa zeigen, dass der Großteil nach einer Auszeit wieder zufriedener ist.“ So könne man dem neuen Arbeitgeber vermitteln, dass eine Pause vor der Neuanstellung wichtig ist, um wieder Kräfte aufzubauen.

Die Ära, in der man eine solche Phase aktiv verkaufen muss, ist nach Einschätzung von Nico Rose aber ohnehin vorbei – „außer bei sehr hinterwäldlerischen Organisationen“. Man müsse die Weltreise auch nicht als Bildungsurlaub verklären.

Steht man als Wunschkandidat nicht zum Wunschzeitpunkt bereit, wollen Arbeitgeber oft Kompromisse aushandeln. Sie lassen sich auf einen späteren Eintrittstermin ein, wenn der oder die Neue vor Vertragsbeginn schon einmal an einer Schulung teilnimmt oder bei einem ersten Einführungstermin dabei ist. Madeleine Leitner meint, man tue gut daran, hier wechselseitige Erwartungen offen zu besprechen. „Womöglich ist ja wirklich Not am Mann und schon fünf Minuten meiner Expertise helfen enorm weiter.“ Wer sich weigert, obwohl es eigentlich problemlos einzurichten wäre, trägt nicht unbedingt zu einem positiven Start bei.

Nico Rose plädiert auch hier für Transparenz. „Prinzipiell ist es sicherlich ein gutes Signal, wenn man für die zukünftige Organisation – zumindest immer wieder einmal – erreichbar ist.“ Erstklassige Onboarding-Prozesse würden nicht erst an Tag eins beginnen, sondern schon in den Wochen davor. Andererseits, so der Psychologe, sollte der zukünftige Arbeitgeber Verständnis aufbringen, wenn Menschen einige Zeit komplett offline sein möchten. Hier hilft eine klare Kommunikation.

Wie sich die Übergangszeit gestaltet, hängt nicht zuletzt auch davon ab, ob Jobwechsler selbst gekündigt haben, gekündigt wurden, sich arbeitslos melden oder nicht. Eine Verpflichtung, sich arbeitssuchend oder arbeitslos zu melden, gibt es für die Übergangsphase zwar nicht, erklärt Malin Hochscheid, Juristin und Beraterin bei der Arbeitskammer des Saarlands. Allerdings wäre dieser Schritt ratsam, wie Cornelia Oster, Fachanwältin für Arbeits- und Sozialrecht, erklärt. Hintergrund ist vor allem der Versicherungsstatus. Wer sich arbeitssuchend und arbeitslos meldet, ist in der Regel über die Arbeitsagentur kranken- und pflegeversichert. Das gilt auch bei einer Sperrzeit nach Eigenkündigung. Dann nimmt man aber unter Umständen Lücken bei den Rentenversicherungszeiten in Kauf.

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