Vorbildfunktion Führen mit Stil: Manieren für Chefs

Düsseldorf (RP). Wenn der Chef nicht grüßt oder die Mitarbeiter anraunzt, steckt selten Bosheit dahinter. Sondern Unaufmerksamkeit und fehlender Respekt. Ein Verhalten, unter dem nicht nur die Mitarbeiter leiden - auf Dauer gefährden Führungskräfte mit mangelnden Manieren auch das Betriebsklima. Was viele Vorgesetzte offenbar nicht ahnen: Für ihre Mitarbeiter haben sie Vorbildfunktion.

Umfragen belegen, dass es um die Manieren der Chefs in vielen Unternehmen schlecht bestellt ist. Dem Kelly Workforce Index 2006 unter 70.000 Angestellten in 28 Ländern zufolge liegen deutsche Führungskräfte weit unter dem europäischen Durchschnitt, wenn es um Führungsqualitäten, Teamgeist und Kommunikationsfähigkeit geht.

Besonders ärgerten sich die Angestellten über die mangelnde Fähigkeit des Chefs, gute Leistungen auch anzuerkennen und die Mitarbeiter zu loben: 30 Prozent der Befragten gaben an, dies sei nie oder sehr selten der Fall. Viele Chefs, so die Macher der Studie, seien viel zu sehr mit eigenen Management-Aufgaben beschäftigt. Die Mitarbeiter - wichtigstes Kapital der Unternehmen - würden dabei häufig übersehen.

Führungskräfte kennen ihre Fehler. Zumindest, wenn es sich um die Versäumnisse anderer Manager handelt. Laut einer Umfrage unter Führungskräften von 600 deutschen Unternehmen halten 90 Prozent der Befragten Ehrlichkeit, Respekt und Höflichkeit für Tugenden, die bei Vorgesetzten noch verbesserungswürdig sind, 94 Prozent sind gar der Ansicht, dass viele Führungskräfte gar nicht in der Lage seien, richtig zu kommunizieren und Konflikte auszutragen. Auftreten und Ausdrucksweise, meint gut die Hälfte, seien unzureichend.

Die gute Kinderstube fehlt oft

Gründe für das schlechte Benehmen von Vorgesetzten gibt es viele. Vor allem, so Experten, würden Chefs häufig Höflichkeit mit Schwäche verwechseln - und deshalb gegenüber Mitarbeitern einen besonders harschen Ton an den Tag legen. Auch Führungskräfte, die sich zwar gegenüber Gleichgestellten stilsicher zu benehmen wissen, in der Firmen-Hierarchie niedriger Stehende aber lautstark herunterputzen, nicht ausreden lassen oder vor Kollegen bloßstellen, zeigen nur, dass sie keine gute Kinderstube haben.

Das haben inzwischen auch die Unternehmen erkannt. Die so genannten "soft skills" - Schlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit, Freundlichkeit und Höflichkeit - werden immer wichtiger: Ein gutes Betriebsklima und motivierte Mitarbeiter erhöhen die Leistungsfähigkeit des gesamten Unternehmens. 52 Prozent aller Unternehmen sind einer Umfrage zufolge der Ansicht, dass die Soft Skills für den beruflichen Erfolg genau so wichtig seien wie das Fachwissen (die "hard skills"), 43 Prozent meinen gar, die sozialen Qualifikationen seien noch wichtiger. Viele Firmen schicken daher ihre Führungskräfte zu Benimm-Seminaren.

Dort lässt sich aber nicht alles erlernen, was ein guter Chef braucht: Die Handhabung eines Hummerbestecks und richtige Begrüßungsformeln lassen sich zwar trainieren - Höflichkeit und Respekt aber nicht. Die dafür nötige Sensibilität, heißt es in der Studie unter Managern, könnten Führungskräfte mit schlechter Kinderstube später nur noch schwer erwerben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort